Inflationsrisiko:EZB erhöht die Zinsen

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Zinsen um 25 Basispunkte auf drei Prozent angehoben. Die vierte Zinserhöhung seit Ende 2005 hatten Beobachter erwartet. Dagegen überraschte die englische Notenbank mir einer Erhöhung.

Caspar Dohmen

Die EZB habe den Leitzins wegen der gestiegenen Inflationsgefahr um 25 Basispunkte auf drei Prozent angehoben, sagte der Präsident der Europäischen Zentralbank Jean-Claude Trichet am Donnerstag auf einer Pressekonferenz in Frankfurt.

Die Entscheidung habe das Gremium mit überwältigender Mehrheit getroffen worden. Nach der Entscheidung legte der Euro an den Devisenmärkten zu. "Wir werden weiter alle Entwicklungen sehr eingehend beobachten, um die Preisstabilität zu sichern", sagte Trichet.

Er verwies auf die bessere Konjunktur, höhere Ölpreise und bevorstehender Steuererhöhungen. Vor allem der hohe Ölpreis bereitet den Notenbankern große Sorgen. Dabei beobachten sie vor allem, ob die jüngste Energieverteuerung über steigende Löhne und Erzeugerpreise zu einer Erhöhung der gesamten Verbraucherpreise führen wird.

Geopolitische Risiken

Die Wachstumsaussichten für die Wirtschaft in der Europäischen Union beurteilte Trichet kurzfristig als stabil. Der Notenbankchef verwies aber auf geopolitische Risiken, die sich auf längere Sicht negativ auf das Wachstum auswirken könnten.

Die Finanzmärkten werten die Äußerungen des Notenbankchefs als Zeichen für weitere Zinserhöhungen. Sobald die EZB die Formulierung "sehr eingehend beobachten" benutzte, erhöhte sie bisher bei der übernächsten Sitzung das nächste Mal die Zinsen, sagte ein Händler. Geschieht dies erneut, dann würde die EZB die Zinsen im Oktober anheben.

Mit weiteren Zinsschritten rechnet auch der Bundesverband Deutscher Banken. Der Commerzbank-Ökomom Christoph Balz erachtet eine Leitzinserhöhung im Oktober als "sehr sicher". Im Dezember dürfte ein weiterer Schritt folgen. Dann würde der Leitzins Ende des Jahres bei 3,50 Prozent liegen.

EZB-Szenario deutet auf weitere Zinserhöhungen hin

Sollte sich das Szenario der EZB erfüllen, dann werde die EZB die Zügel der Geldpolitik straffen, kündigte Trichet an. Die Zentralbank sieht ein stabiles Preisniveau bei Teuerungsraten von knapp unter zwei Prozent als gesichert. Seit geraumer Zeit liegt die Inflationsrate im Euro-Raum einige Zehntel Prozentpunkte darüber.

Trichet selbst wollte keine Angaben über einen Rythmus der Zinserhöhungen machen. Er verwies darauf, dass es dafür keinerlei Automatismus gebe.

EZB erhöht die Zinsen

Zuletzt hatte die EZB allerdings die Schlagzahl erhöht und in einem zwei- statt dreimonatigen Rythmus die Zinsen erhöht. Seit Ende des vergangenen Jahres hat die Notenbank die Zinsen damit um insgesamt ein Prozentpunkt auf drei Prozent angehoben.

Damit hat sich das Zinsumfeld innerhalb eines Jahres gründlich geändert. Im Sommer vergangenen Jahres hatte noch niemand mit einem solchen Zinsanstieg gerechnet.

"Vertretbar"

Für Unternehmen verteuert sich durch die steigenden Zinsen die Kreditaufnahme, was sich negativ auf die Investitionen auswirken kann. Die Situation der Wirtschaft werde erschwert, reagierte denn auch der Deutsche Industrie- und Handelstag (DIHK). "Die EZB-Entscheidung ist vertretbar, auch wenn sie die Bedingungen für die Unternehmen erschweren", sagte der DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben.

Allerdings sieht die Bundesregierung durch die Zinsanhebung kein Risiko für die Konjunktur in Deutschland. "Der stabile konjunkturelle Aufwärtstrend ist dadurch noch nicht gefährdet", sagte der Bundeswirtschaftsminister Michael Glos.

Unterschiedliche Auswirkungen für Verbraucher

Für Verbraucher wirkt sich die Zinserhöhung unterschiedlich aus. Während Kredite und Baudarlehen teurer werden, können Anleger eine höherere Verzinsung ihrer Guthaben bei der Bank erwarten. Allerdings geben die Institute höhere Zinssätze meist nur teils und mit zeitlicher Verzögerung an die Kunden weiter.

Während der Zinsschritt der EZB allgemein erwartet worden war, überraschte die englische Notenbank am Donnerstag mit ihrer Zinserhöhung. Die britischen Währungshüter erhöhten ihren Schlüsselzins um 25 Basispunkte auf 4,75 Prozent. Dies war die erste Zinserhöhung seit zwei Jahren.

Fed entscheidet in der kommenden Woche

Die Notenbank begründete die Maßnahme mit dem kräftigen Wirtschaftswachstum und der Inflationserwartung. Die Inflation werde wohl noch über der von ihr angepeilten Marke von zwei Prozent verharren wird. Mit den beiden Zinsentscheidungen steigt die Erwartung, dass auch die US-Notenbank Fed die Zinsen weiter erhöht. Sie entscheidet kommende Woche.

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