Immobilienverkauf mit Mietern:Rendite oder Miete

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Vermietete Wohnungen und Häuser lassen sich schlecht veräußern. Eigentümer haben dennoch kaum Sonderrechte.

Von Andrea Nasemann

Günther Seidl (Name geändert) hat sich finanziell übernommen. Er hat zwei Doppelhaushälften gebaut, deren eine Hälfte er selbst zusammen mit seiner Ehefrau bewohnt. Nun drücken ihn die Schulden. Daher will er ein vermietetes Einfamilienhaus, das ihm ebenfalls gehört, verkaufen. Er wäre auf einen Schlag seine Schulden los.

Mieter haben meist kein Interesse daran, aus ihrem Heim auszuziehen. Ein vermietetes Haus lässt sich allerdings nicht leicht verkaufen. (Foto: Foto: Verband der Deutschen Parkettindustrie)

Das Vorhaben des Eigentümers kollidiert jedoch mit den Wünschen seiner Mieter. Diese haben nämlich kein Interesse daran, auszuziehen. Und ein vermietetes Haus lässt sich schwierig verkaufen.

Seidl beauftragt zunächst einen Makler. Auch nach Monaten hat sich jedoch kein Käufer gefunden. Auch als Seidl mit dem Preis deutlich heruntergeht, rührt sich niemand. In den meisten Fällen wollen die Käufer eines Einfamilienhauses nämlich gleich selbst einziehen. Ist das Haus vermietet, müssten sie erst dem Mieter wegen Eigenbedarfs kündigen. "Davor scheuen sich viele, sodass ein solches Objekt häufig nur mit Abschlägen verkäuflich ist", sagt Ulrike Kirchhoff, Vorsitzende des Landesverbands Haus und Grund Bayern.

Nicht so einfach Miete erhöhen

Zudem könne der Makler das Objekt oft nicht mit Bildern anbieten. "Das Fotografieren der Wohnung geht nur mit Zustimmung des Mieters, weil er private Einrichtungsgegenstände hat", sagt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund.

Hingegen muss der Mieter die Besichtigung seiner Wohnung durch Kaufinteressenten gestatten. "Einmal pro Woche kann der Vermieter nach Absprache mit dem Mieter einen Besichtigungstermin anberaumen, der sich auch über zwei Stunden hinziehen kann", sagt Ropertz. Den Termin kann der Mieter vorgeben: Ist er zum Beispiel berufstätig, darf er auf einen Termin am Samstag verweisen.

Da sich der Verkauf so schwierig gestaltet, zieht Seidl nun in Erwägung, die Miete zu erhöhen. Das Kalkül: Vielleicht würde der Mieter dann ja freiwillig ausziehen. Ohne weiteres ist eine Mieterhöhung freilich nicht möglich: Die Miete muss ein Jahr unverändert gewesen sein, die ortsübliche Miete darf noch nicht erreicht sein und die sogenannte Kappungsgrenze, wonach die Miete innerhalb von drei Jahren um nicht mehr als zwanzig Prozent steigen darf, muss auch beachtet werden.

Abfindung für den Auszug

Eine elegante Lösung für alle Beteiligten kann die Vereinbarung einer Abfindung sein. Gegen Bezahlung garantiert der Mieter seinen Auszug. "Wir warnen vor solchen Vereinbarungen eines Mietaufhebungsvertrags gegen Zahlung einer Abfindung, weil der Mieter dann meistens zu einem bestimmten Stichtag die Wohnung geräumt haben muss", sagt Ropertz.

Der Mieter solle genau nachrechnen, ob die Abfindung den Verzicht auf Kündigungs- und Räumungsschutz ausgleiche. Die Höhe der Abfindung wiederum hänge von den Gegebenheiten des Wohnungsmarkts ab, also davon, wie schnell der Mieter eine neue vergleichbare Wohnung finden könne. Auch für Ulrike Kirchhoff ist die Höhe der Abfindung Verhandlungssache. "Meist wird der Vermieter die Umzugskosten des Mieters übernehmen und dann noch eine oder mehrere Monatsmieten drauflegen", sagt Kirchhoff.

Gewisse finanzielle Einbußen reichen nicht aus

Einen wirksamen Kündigungsgrund allein wegen des Verkaufs der Immobilie hat der Vermieter nicht. Obwohl es im Gesetz heißt, dass ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses auch dann vorliegen kann, wenn "der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde".

Gewisse finanzielle Einbußen reichen dafür aber nicht aus, entschieden die Gerichte. "Dieser Kündigungsgrund spielt in der Praxis nur eine untergeordnete Rolle", sagt Ropertz. Der Grund: Die Gerichte stellen besonders hohe Anforderungen. Eine Kündigung kann erst dann erfolgen, wenn mehrere Verkaufsversuche gescheitert sind.

Die Behauptung, das Grundstück könne nur zu einem erheblich geringeren Preis verkauft werden, muss der Vermieter mit konkreten Zahlen untermauern. "Erforderlich sind Angaben über die Höhe des erzielbaren Kaufpreises für das Objekt im vermieteten und im nicht vermieteten Zustand", sagt Kirchhoff.

Auch müssen die Nachteile des Vermieters erheblich sein. So betonte das Bundesverfassungsgericht, dass ein erheblicher Nachteil zwar nicht erst dann vorliege, wenn der Eigentümer in Existenznot gerate. Allerdings müsse trotz hoher Kaufpreiseinbuße wegen der Vermietung ein erheblicher Nachteil verneint werden, wenn bei dem Verkauf in vermietetem Zustand immer noch ein höherer Preis erzielbar sei als der ursprüngliche Kaufpreis.

Nach einem neuen Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 28. Januar 2009 (Az. VIII ZR 7/08) könnten die strengen Regelungen zum Kündigungsgrund etwas aufweichen. In seinem Urteil hatte der Gerichtshof die Kündigung nämlich für den Fall erlaubt, dass der Vermieter das Gebäude abreißen und ein größeres Gebäude mit Eigentumswohnungen errichten will.

Ropertz hält diese Rechtsprechung für bedenklich: "Erstmals wird die Renditeerwartung des Vermieters über den Kündigungsschutz des Mieters gestellt." Die Einzelheiten des Urteils sind allerdings noch nicht bekannt, weil bislang die Urteilsgründe nicht veröffentlicht wurden.

Wer nun allerdings auf die Idee kommt, selbst Eigenbedarf anzumelden, um den Mieter aus der Wohnung zu bekommen, sollte davon seine Finger lassen. "Ein vorgeschobener Eigenbedarf geht meistens schief", warnt Kirchhoff. Dann sollte man lieber einen Abschlag beim Verkauf hinnehmen. Soweit nicht spezielle Härtegründe in der Person des Mieters vorliegen, hat der neue Eigentümer dann die Möglichkeit, mit Erfolg Eigenbedarf geltend zu machen, wenn er in das frisch erworbene Objekt einziehen will.

Sollte sich der Mieter nicht kooperativ zeigen, muss der neue Eigentümer Geduld aufbringen. "Eine vor Gericht durchgefochtene Eigenbedarfskündigung kann schon mal eineinhalb bis zwei Jahre dauern", sagt Kirchhoff.

© SZ vom 13. 3.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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