Immobilienunternehmen:Sieg für Alfons Doblinger

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Anleger und Partner werfen dem Immobilienunternehmer Alfons Doblinger Anlagebetrug vor - doch die Staatsanwaltschaft München findet nichts.

Klaus Ott

Im Grunde genommen muss Alfons Doblinger über jede Firma und jede Behörde froh sein, die bei ihm einzieht. Der Münchner Immobilienunternehmer besitzt Bürohäuser quer durch Deutschland, nicht alle Objekte sind gut vermietet. Das Angebot ist größer als die Nachfrage, die Branche leidet. Da ist eigentlich jeder willkommen, der Büroräume braucht. Seit acht Monaten hat Doblinger allerdings eine Behörde im Haus, mit der Topmanager lieber nichts zu tun haben. Die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Immobilienunternehmer, einen der größten seiner Zunft im Lande, wegen des Vorwurfs von Wirtschaftsdelikten.

Verfahren eingestellt

Jetzt kann der gelernte Landwirt aus der Oberpfalz, der in vier Jahrzehnten ein Imperium mit sieben Gesellschaften, 2000 Beschäftigten und einer halben Milliarde Jahresumsatz geschaffen hat, kräftig durchatmen. "Nach dem jetzigen Ermittlungsstand wird das Verfahren in den wesentlichen Vorwürfen eingestellt", sagt der Münchner Oberstaatsanwalt Anton Winkler. Also kein Kapitalanlagebetrug und keine Untreue. Nach Angaben aus Justiz- und Unternehmenskreisen bleibt nur noch eine Formalie übrig. Bei Finanzaktionen in einigen Fonds, in denen mehr als 11 000 Anleger fast eine Milliarde Euro in zahlreiche Objekte der Doblinger-Gruppe investiert haben, soll Geld verliehen worden sein - ohne die gesetzlich nötige Erlaubnis für Bankgeschäfte.

Mehrere Anleger und ein ehemaliger Geschäftspartner, der Finanzberater Hans-Dieter Wunderlich, hatten den Immobilien-Giganten angezeigt und mit schweren Vorwürfen überzogen. Doblinger habe diverse von seiner Hauptgesellschaft Dibag Industriebau AG initiierte Fonds angeblich manipuliert und so die Anleger ausgenommen, um seine teilweise offenbar "desolaten wirtschaftlichen Verhältnisse" zu verschleiern. Das klang nach einem Wirtschaftskrimi, nun wird eine ganz andere Geschichte daraus: die Geschichte eines eigenwilligen Unternehmers, der mit seinen Geschäften viele Schlagzeilen macht, aber weitgehend die Öffentlichkeit meidet; der immer wieder einmal angefeindet wird, und dessen Kritiker am Ende oft unrecht haben; der seine Unternehmensgruppe wie ein Patriarch führt und sich als Schäfer bezeichnet, der sich um seine Herde kümmere.

Der Spekulant als Ehrenmann

Angefangen hat der Aufstieg des Oberpfälzers schon mit 17 Jahren, als er sich nach dem Besuch der Volks- und Landwirtschaftsschule vorzeitig für volljährig erklären ließ, um mit einem Traktor seinen ersten Betrieb aufbauen zu können: einen Holztransport. Ein Holzhandel kam hinzu, ehe sich der Jungunternehmer 1967, im Alter von 23 Jahren, als Bauträger im niederbayerischen Straubing betätigte. Zwei Jahrzehnte später siedelte Doblinger nach München um und machte dort das Geschäft seines Lebens, das ihn erstmals groß in die Medien brachte. Die Gewerkschaften hatten ihren Wohnungskonzern Neue Heimat mit Funktionärsfilz und finanziellen Machenschaften zugrunde gerichtet und mussten verkaufen.

Fortsetzung auf der nächsten Seite: Die "Zusagen eines Ehrenmannes"

Doblinger griff zu, er übernahm für fast eine Milliarde Mark gut 32.500 Wohnungen in Bayern, und galt plötzlich als Spekulant, der alteingesessene Mieter vertreiben wolle. Münchens damaliger Oberbürgermeister Georg Kronawitter (SPD) schimpfte ebenso wie der seinerzeitige Innenminister Edmund Stoiber (CSU).

Der neue Eigentümer eines großen Teils der Neuen Heimat antwortete mit verbindlichen Zusagen: lebenslanges Wohnrecht, Vorkaufsrechte zu Vorzugspreisen für die Mieter, Schutz vor Kündigungen. Der Immobilien-Unternehmer gründete sogar einen Härtefonds für Mieter in finanziellen Nöten. Eine anfangs skeptische SPD-Stadträtin sprach später von den "Zusagen eines Ehrenmannes".

Das Ende einer Partnerschaft

Was Doblinger jetzt widerfuhr, erinnert an die Neue Heimat. Von den Vorwürfen bleibt so gut wie nichts übrig, der Finanzberater Wunderlich und die Anleger haben mit ihren Strafanzeigen keinen Erfolg. Wunderlich arbeitete früher mit Doblinger zusammen. Eines Tages endete die Partnerschaft, der Finanzberater fing an, seinen ehemaligen Kompagnon zu attackieren. Es ging um etliche von Doblingers Dibag initiierte Fonds. Die Dibag habe wiederholt "ertragsschwache Immobilien über geschlossene Immobilienfonds zu Lasten zahlreicher Kapitalanleger verwertet", steht in einem der vielen Schriftsätze von Wunderlichs Anwälten an die Staatsanwaltschaft. Die Fonds hätten überhöhte Kaufpreise für diverse Fonds gezahlt.

Die Staatsanwaltschaft stieß auf eine Konstruktion, die auf den ersten Blick merkwürdig erschien. Diverse von der Dibag initiierte Fonds haben denselben Geschäftsführer, der einerseits die Interessen der Anleger vertreten muss, andererseits aber - so ein Ermittler - eine große Nähe zu Doblinger aufweise. Die Fonds erwarben Dibag-Objekte, die Kaufpreise richteten sich auch danach, wie gut die Gebäude genutzt wurden. Standen Büroräume leer, trat die Dibag auch selbst als Mieter auf. So habe Doblinger den Kaufpreis nach oben getrieben, zu Lasten der Fonds, kritisierten Anleger-Anwälte. Aus Dibag-Kreisen wurde erwidert, der Konzernchef lasse die Fonds nicht hängen, wenn Probleme aufträten, sondern unterstütze sie. Das sei doch "positiv".

Wo Schwächen zu Stärken werden

Manchmal half Doblinger auch persönlich aus, beispielsweise bei einem Gebäude in der Bayerstraße in München. Das hatte die Monachia GmbH, eine seiner Firmen, vor fünf Jahren für knapp 15 Millionen Euro an den Fonds DCM verkauft. Einer der größten Mieter war damals eine Privatschule, der das Geld auszugehen drohte. Doblinger gewährte der Schule mehrere Darlehen, die Mieten konnten einstweilen weiter gezahlt werden, ehe es 2005 doch zur Pleite und zu Mietausfällen kam. Der DCM Fonds handelte daraufhin mit Doblingers Monachia rückwirkend einen Preisnachlass in Höhe von knapp einer Million Euro für das Objekt Bayerstraße aus. Dass Doblinger in solchen Fällen eingreift, kann man so oder so betrachten: als Verschleierung von Problemen oder als großzügige Hilfe.

Auch die Immobilie Bayerstraße war Gegenstand der Strafanzeige, doch die Staatsanwaltschaft sieht keinen Grund zum Eingreifen. Wenn es irgendwo gebrannt habe, sei Doblinger sogar mit privatem Vermögen eingesprungen, sagt ein Ermittler. Diese Unterstützung reicht aber nicht immer. Der Fonds Doba Springpfuhl KG kann nach Angaben aus Dibag-Kreisen Zins und Tilgung für ein teilweise leerstehendes Objekt im Berliner Osten nicht mehr erwirtschaften, weil Mieterlöse fehlen, und will die Gewerbe-immobilie jetzt verkaufen; wahrscheinlich mit hohem Verlust. Die Anleger werden wohl draufzahlen.

© SZ vom 17.3.2008/sme - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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