Immobilienkauf:Zu alt für einen Kredit

Bonität mit Verfallsdatum: Ältere Menschen gelten oft als weniger kreditwürdig.

Antje Schweitzer

Ältere Menschen bevorzugen überschaubare Wohnungen, die sich ohne viel Mühe in Schuss halten lassen. Doch wer als schon angegrauter Panther jetzt kaufen möchte, hat häufig unerwartete Probleme mit der Finanzierung. Beinahe legendär und irritierend zugleich ist der Fall von Peter Conradi. Der ehemalige Bundestagsabgeordnete und damalige Präsident der Bundesarchitektenkammer wollte vor einiger Zeit im gesetzten Alter von 70 Jahren eine Wohnung in Stuttgart kaufen. Doch zwei Tage vor dem Notartermin platzte das Geschäft.

Immobilienkauf: Oft gilt: Je älter der Kreditnehmer, desto schlechter sind die Konditionen.

Oft gilt: Je älter der Kreditnehmer, desto schlechter sind die Konditionen.

(Foto: Foto: AP)

Trotz Vermögen kein Kredit

Seine Bank verweigerte dem neuen Kunden das erforderliche Darlehen von 200.000 Euro. Begründung: Conradi sei als Kreditnehmer zu alt. Trotz des vorhandenen Vermögens, immerhin eine Doppelhaushälfte und Bundeschatzbriefe, als Sicherheit. Das Geldhaus befürchtete, sein Kunde könne versterben, bevor er seine Schulden zurückgezahlt habe.

Ein Einzelfall? Wohl nicht. So kennt Hanne Schweitzer vom Kölner Büro gegen Altersdiskriminierung zahlreiche Fälle, in denen Banken und Sparkassen ältere Menschen nicht ernst nehmen, ausgrenzen oder benachteiligen. "Je älter die potentiellen Kreditnehmer sind, desto schlechter die Konditionen, die man ihnen bietet." Dabei könne sich glücklich schätzen, wer aufgrund seines fortgeschrittenen Alters überhaupt ein Darlehen bekomme. Denn zumindest inoffiziell haben zahlreiche Institute bei der Kreditvergabe selbst gezogene Altersgrenzen. Wer als Kunde diese überschreitet, muss wahlweise ans Ersparte oder einfach verzichten.

Alter kein "K.o.-Kriterium"

Oft müssen auch Kinder als Mitkreditnehmer oder Bürgen herhalten. Eine Einzelprüfung ist, trotz gegenteiliger Beteuerungen, häufig Fehlanzeige. Indes betont die Branche, etwa der Deutsche Sparkassen- und Giroverband, dass das Alter grundsätzlich kein K.o.-Kriterium bei der Kreditvergabe sei. Selbstverständlich machten es die Institute vor Ort vom jeweiligen Einzelfall abhängig, ob der Daumen gehoben oder gesenkt werde.

Doch Kerstin Altendorf, Sprecherin des Bundesverbands Deutscher Banken, weist auf das Entscheidende hin: "Wichtig ist für die Banken, dass der Darlehensnehmer seine Schulden tilgen kann. Die Immobilie als Sicherheit kommt erst an zweiter Stelle." Auch für Max Herbst, Chef der Frankfurter FMH-Finanzberatung, ist es kein Geheimnis, dass die Geldhäuser Altersgrenzen bei der Vergabe von Hypotheken-Darlehen ziehen.

Allerdings nach unterschiedlichen Regeln, wie eine aktuelle Untersuchung von FMH zeigt. Folge: Jeder, der als so genannter Best Ager einen Baukredit benötigt, muss wohl seine eigenen Erfahrungen machen und die immer härter werdende Konkurrenz der Banken für sich nutzen. "Wer als Senior seine Ersparnisse ins neue Heim investieren möchte, sollte auf Zinssicherheit achten. Denn jede Zinserhöhung könnte zu einem großen Problem werden, weil die Renten künftig nur noch moderat oder gar nicht mehr steigen werden", lautet die grundsätzliche Empfehlung von Max Herbst.

Bürgen gesucht

Diese Zinssicherheit bei der Eigenheim-Finanzierung setzt allerdings voraus, dass der Bauherr oder Käufer überhaupt ein Darlehen bekommt. Die Ergebnisse der FMH-Studie jedenfalls zeigen, dass einige Banken angeblich keine Einschränkungen machen oder aber ihre Entscheidung von Fall zu Fall treffen. Andere Institute verlangen mindestens zwei Prozent des Anfangskredits als Tilgung (üblich ansonsten: ein Prozent) oder fordern, dass Kinder, gerne auch andere Angehörige, Mitdarlehensnehmer werden oder eine Bürgschaft übernehmen.

Die Vergabepraxis von Baukrediten an Ältere könnte mit der geplanten Einführung von Basel II im Jahr 2007 noch restriktiver werden. Das befürchtet jedenfalls Diskriminierungs-Expertin Hanne Schweitzer. Dann nämlich werde der Kunde mehr nach seinem individuellen Kredit- beziehungsweise Ausfallrisiko eingestuft. Ein wichtiges Entscheidungskriterium werden künftig auch das Alter des potentiellen Eigenheimers und Finanzierers sein. Ältere Menschen würden aufgrund von Basel II automatisch zu Antragstellern mit geringerer Bonität, befürchtet Schweitzer.

Doch sobald Banken oder Sparkassen sich quer stellen, sollten ältere Kunden klare Grenzen ziehen, nämlich "keinesfalls ihr gesamtes Vermögen in die Finanzierung stecken, selbst wenn die Institute das verlangen", rät Experte Herbst. Viel Eigenkapital verringere zwar die monatliche Belastung. "Aber was geschieht, wenn Geld für Kuren oder Krankenhausaufenthalt nötig ist", meint der Frankfurter Finanzierungsstratege. Zumal Urlaube und ein eher leichtes Leben auch nach dem Erwerb eines Eigenheims noch bezahlbar sein sollten.

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