Immobilienfonds:Notausstieg für Privatanleger

Einfach mal privaten Immobilienfondsanlegern die Auszahlung verweigern? Das soll Banken in Zukunft nicht mehr möglich sein. Das Finanzministerium bereitet ein neues Gesetz vor.

Alexander Hagelüken

Die Bundesregierung macht Millionen Deutschen Hoffnung. Privatanleger können nach SZ-Informationen nun doch rasch Immobilienfonds verkaufen. Gleichzeitig wird Großinvestoren der Ausstieg erschwert, um die beliebte Geldanlage zu stützen. Seit 2008 sind ständig Fonds dicht, Bürger kommen monatelang nicht an ihr Geld.

Krise rückt Immobilienmarkt in Fokus

Die Finanzkrise war ein Erbeben für Immobilienfonds. Für den Privatanleger soll der Ausstieg nun erleichtert werden.

(Foto: dpa)

Erdbeben für Fonds

Offene Immobilienfonds, die Wohn- oder Bürohäuser kaufen, sind bei den Deutschen populär. Die Angst vor Inflation in der Schuldenkrise erhöht diese Attraktivität noch. Im Schnitt hat jeder Bundesbürger 1100 Euro in dieses Finanzprodukt gesteckt, Säuglinge und Greise eingerechnet. Doch die Finanzkrise war ein Erdbeben für die Fonds.

Wenn plötzlich viele Anleger ihre Anteile loswerden und ihr Geld von den Fondsgesellschaften zurückhaben wollen, geraten manche in die Klemme: Sie können nicht schnell ihre Immobilien zu attraktiven Preisen verkaufen. Als manche Großinvestoren Geld abzogen, kapitulierten in der Finanzkrise 2008 reihenweise Fonds. Sie froren das Vermögen ein und verweigerten Anlegern die Rückzahlung ihres Geldes. Derzeit sind 25 Milliarden Euro eingefroren, mehr als ein Viertel der Summe, die in offenen Immobilienfonds steckt. Wer in manche Produkte von Axa, Aberdeen, Credit Suisse, Morgan Stanley oder KanAm investierte, kommt nicht an sein Geld.

Anfang Mai gab es neue Verunsicherung für die schätzungsweise drei Millionen Deutschen, die offene Immobilienfonds besitzen. Es wurde ein Gesetzentwurf der Bundesregierung bekannt. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will das Einfrieren von Fonds verhindern, indem er vor allem Großinvestoren einen raschen Ausstieg erschwert. Doch die Pläne trafen auch alle Privatanleger. Jeder sollte nach dem Kauf solcher Fonds mindestens zwei Jahre nicht an sein Geld kommen, teilweise länger. Und danach weitere Fesseln: Nur ein- bis zweimal im Jahr sollte ein Anleger überhaupt Anteile verkaufen können. In Panik zogen Investoren im Mai 1,3 Milliarden Euro ab. Manche Fonds, die eingefroren worden waren, aber dann wieder geöffnet hatten, mussten erneut dichtmachen.

Beschränkungen für Großinvestoren

Jetzt will die Bundesregierung auf alle Privatanleger zugehen. Wie aus der Koalition zu hören ist, sollen die Beschränkungen vor allem Großinvestoren wie Versicherer oder Pensionskassen treffen, die häufig zehn oder 20 Millionen Euro in einzelne Fonds stecken. Sie können größere Summen nur noch mit Abschlägen von zehn Prozent im ersten und fünf Prozent im zweiten Jahr zurückerhalten. Und das auch nur, wenn sie die Anteile zuvor zwei Jahre gehalten haben. So hofft die Regierung, den Abzug hoher Summen und das Einfrieren von Fonds für alle Investoren künftig zu vermeiden.

Gesetzgebungsverfahren Anfang September

Privatanleger soll dies dagegen kaum betreffen. Denn jeder Investor kann nach den neuen Gesetzesplänen der Bundesregierung 5000 Euro im Monat aus einem Fonds abziehen. Ein typischer Privatanleger hat nur 10.000 oder 15.000 Euro in einem Fonds, so dass er rasch an sein ganzes Geld kommt. "95 Prozent der Privatanleger können ihre Investitionssummen damit ganz schnell abziehen", freut sich ein Sprecher des Bundesverbands der Investmentfonds (BVI). "Gleichzeitig werden die Fonds stabilisiert, weil neue Regeln für große Investoren gelten."

Aus der Bundesregierung wird der Vorwurf zurückgewiesen, man habe vor Lobbyanstrengungen der Branche kapituliert. "Das Ziel, die Fonds zu stützen und die Immobilienanlage langfristiger zu machen, erreichen wir nach wie vor - nur auf andere Weise." Die ersten Pläne seien nur "ein Diskussionsentwurf" gewesen. Anfang September soll der neue Gesetzentwurf ins Kabinett kommen. Zustimmung gibt es auch von Leo Dautzenberg, dem finanzpolitischen Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag: "Offene Immobilienfonds sind in den vergangenen Jahren vermehrt in die Krise geraten. Daher begrüßen wir die angedachten Änderungen des Gesetzes." Neu gegenüber den ersten Plänen ist auch, dass nicht alle Immobilien zehn Prozent niedriger bewertet werden müssen, was Anleger verunsichert hatte. Stattdessen will die Regierung den Gesellschaften vorschreiben, die Immobilien künftig öfter zu bewerten, damit die Anleger ein realistisches Bild davon bekommen, wie gut ihr Investment ist.

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