Immobilienbericht der Bundesregierung:So teuer wohnt Deutschland

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Der Wohnraum wird knapper und teurer: Zum ersten Mal sind im gesamten Bundesgebiet im vergangenen Jahr die Mieten gestiegen - ebenso die Nachfrage. Durchschnittlich zahlte ein Mieter 376 Euro im Monat, zeigt der neue Immobilienmarktbericht der Bundesregierung. Auch außerhalb der Metropolen wird die Wohnsituation zunehmend zum Problem.

Bastian Brinkmann

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In Deutschland wird Wohnraum knapp. Das geht aus dem neuen Immobilienmarktbericht der Bundesregierung hervor, der an diesem Mittwoch im Kabinett besprochen wird. Der Bericht stammt aus dem Bauministerium unter Peter Ramsauer (CSU). Süddeutsche.de dokumentiert Zahlen und Fakten zum deutschen Wohnungsmarkt.

[] Zwischen 2001 und 2011 sind die Nettokaltmieten jährlich um 1,1 Prozent gestiegen, weniger als die Inflation. Betrachtet man jedoch die Neuvermietungen, ergibt sich seit wenigen Jahren ein anderes Bild: Seit 2008 kommt es in einigen Metropolen und einigen ostdeutschen Städten zu "deutlichen Steigerungen der Neu- und Wiedervermietungsmieten". Das Ministerium nennt Berlin, Frankfurt und Hamburg sowie Jena und Weimar. 2011 stiegen die Mieten erstmals im deutschlandweiten Schnitt - und zwar gleich um satte 2,9 Prozent.

[] Die höchsten Mietsteigerungen im Jahr 2011 verzeichnet das Ministerium vor allem in Greifswald (plus 10,4 Prozent), Bremen (8,8 Prozent), Freiburg (8,1 Prozent), Hamburg (7,5 Prozent) und Berlin (7,4 Prozent). Mietsteigerungen in kleineren Städten liegen laut Ministerium auch an der steigenden Zahl der Studenten.

[] Die Durchschnittsgröße einer Wohnung betrug 2010 rund 92,1 Quadratmeter - 1,9 Quadratmeter mehr als vier Jahre zuvor. Es gibt jedoch einen deutlichen Unterschied zwischen Eigentumswohnungen und Mietwohnungen: Bei Ersteren stieg die Durchschnittsgröße um knapp einen Quadratmeter auf 118,6 Quadratmeter - die durchschnittliche Wohnfläche einer Mietwohnung sank stattdessen um 0,7 auf 69,9 Quadratmeter. Aufgrund des demografischen Wandels steigt jedoch die Wohnfläche pro Kopf für Eigentümer und Mieter im Schnitt.

[] Eine monatliche Kaltmiete kostet 2010 im Schnitt 376 Euro oder 5,43 Euro je Quadratmeter. Hinzu kamen warme Nebenkosten von etwa 86 Euro oder 1,25 Euro je Quadratmeter. Für die kalten Nebenkosten gaben Mieter durchschnittlich 69 Euro oder rund einen Euro je Quadratmeter aus.

[] Die Krise treibt die Nachfrage nach Immobilien. Die Umsätze mit Eigentumswohnungen stiegen 2010 um 13 Prozent, mit Eigenheimen um sieben Prozent und mit Mehrfamilienhäusern um fünf Prozent. "Dieser Trend hat sich 2011 weiter fortgesetzt", schreibt das Ministerium.

[] Die Preise steigen somit: zwischen 2010 und 2011 um 5,5 Prozent. Im Jahr davor lag der Wert bei 2,5 Prozent, er wird aus Marktbeobachtungen in 125 Städten berechnet. Die größten Zuwächse gab es in den Metropolstädten und Ballungsregionen. So stiegen die Preise in Berlin, Hamburg, München, Frankfurt und Düsseldorf um sieben bis neun Prozent.

[] Grund für diese Preisanstiege ist auch die Angst vor der Krise. Viele Anleger vertrauen jetzt auf Immobilien. "Die große Nachfrage nach Wohnungen wird auch stark von Kapitalanlageentscheidungen begünstigt", schreibt das Ministerium. Die Bundesbank warnte Anleger vor kurzem vor einer Immobilienblase: Es sei nicht gesichert, "dass steigende Kaufpreise jederzeit durch zukünftige Mieteinnahmen gedeckt werden können". ( PDF)

[] Trotzdem setzen die Deutschen weiter auf Immobilien: Etwa die Hälfte des Vermögens der privaten Haushalte ist in Immobilien investiert. Zusammen mit den Grundstücken beträgt das Immobilienvermögen 9,5 Billionen Euro.

[] Ein freistehendes Ein- und Zweifamilienhaus kostete 2010 durchschnittlich 191.000 Euro, eine Eigentumswohnung 80.000 Euro. Dabei gibt es große regionale Unterschiede bei Eigenheimen: Für Sachsen-Anhalt weist das Ministerium 66.000 Euro aus, für Hamburg 341.000 Euro.

[] Privatisierungen haben den Wohnungsmarkt verändert. In den Jahren 1999 bis 2011 verkaufte die öffentliche Hand 917.000 Wohnungen an private Unternehmen, 316.000 kaufte sie zurück. 2009 bis 2011 privatisierte der Staat kaum noch Wohnungen - doch bald stehen wieder Verkäufe an: Die Landesbank Baden-Württemberg verkaufte bereits rund 21.000 Wohnungen. Der Verkauf der bundeseigenen Immobiliengesellschaft TLG mit ihren circa 12.000 Wohnungen befindet sich im Bieterverfahren. Zudem sollen die GBW AG (33.000 Wohnungen) und die DKB Immobilien (25.000 Wohnungen) verkauft werden.

[] Die Büromieten in Deutschland sind relativ stabil. Sie sind in den sogenannten "Top-7-Städten" am teuersten. Dazu gehören Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Düsseldorf und Stuttgart. Der Quadratmeterpreis erreicht hier in Spitzenlagen im Monat zwischen 20 Euro in Stuttgart bis 35 Euro in Frankfurt ( PDF)*.

Bauminister Ramsauer bekräftige in dem Bericht seine Forderung nach mehr sozialem Wohnungsbau. Seit der Föderalismusreform 2007 sind die Länder dafür zuständig, sein Appell richtet sich also an seine Kollegen in den Landesministerien. "Angesichts zunehmender Verknappungstendenzen auf regionalen Wohnungsmärkten wird die Bedeutung wirkungsvoller sozialer Sicherungsinstrumente des Wohnens noch zunehmen", steht im Bericht. "Die soziale Wohnraumförderung behält ihre wichtige Funktion für die Schaffung und Erhaltung eines preiswerten Wohnungsbestandes für einkommensschwächere Haushalte."

Preise in Großstädten
:Wo das Leben am teuersten ist

In welcher Stadt bekommt man wie viel für sein Geld? Die Schweizer Bank UBS hat es untersucht. Das Ergebnis: In Norwegens Hauptstadt sind die Preise am höchsten. Die deutschen Metropolen sind aber auch nicht günstig.

*Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version wurden fälschlicherweise Jahreswerte (zum Beispiel 420 Euro je Quadratmeter in Frankfurt) als Monatswerte bezeichnet. Das lag an einer missverständlichen Formulierung im Bericht der Bundesregierung, der direkt hintereinander Monats- und Jahreswerte benutzt, ohne den Unterschied zu kennzeichnen (auf Seite 24). Das ist nun korrigiert.

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