Im Stadtzentrum:Wenn die Kunden ausbleiben

Centro Oberhausen

Einkaufszentrum mit Flaniermeile: Das "Centro" in Oberhausen.

(Foto: Centro Oberhausen)

Shopping-Center machen den Händlern in der City das Leben schwer. Leerstände, Call-Shops und Billiganbieter à la Kik dominieren die Szenerie, die Auswahl an Geschäften ist überschaubar.

Von Miriam Beul-Ramacher

Die Zeiten sind lange vorbei, als die Schlossstraße Mülheims belebteste Bummelmeile war und Helge Schneider, der berühmteste Bürger der Stadt, in seinem geliebten - inzwischen längst geschlossenen - Eiscafé Agnoli saß und mit den Leuten plauderte. Auf die Verbindungsachse zwischen dem seit Jahren leer stehenden Kaufhof und der halbwegs funktionierenden Ladenpassage "Forum" verirren sich heutzutage kaum noch Kunden. Kein Wunder, die Auswahl an noch bestehenden Geschäften ist überschaubar.

Leerstände, Call-Shops und Billiganbieter à la Kik dominieren die Szenerie. Selbst zur besten Einkaufszeit am Samstagmittag flanierten bei der letzten Frequenzmessung des Immobiliendienstleisters Jones Lang LaSalle im vergangenen September nur 1365 potenzielle Ladenkunden am Zählpunkt an der Schlossstraße vorbei. Zum Vergleich: Am Dortmunder Westenhellweg, der Top-Einkaufsmeile im Ruhrgebiet, liegen die Passantenzahlen seit Jahren bei deutlich über 10 000 je Stunde.

"Die Mülheimer Innenstadt hat den Kampf gegen die umliegenden Einkaufszentren verloren", sagt Peter Vermeulen, Baudezernent in Mülheim. Das Rhein-Ruhr-Centrum in Mülheim-Heimaterde und das Centro in Oberhausen hätten den Cityhändlern das Wasser abgegraben. Und ein Ende der Abwärtsspirale scheint nicht in Sicht zu sein.

Das hat auch dramatische Folgen für die Mieten. Selbst in den besten Lagen bekommen Mülheims Vermieter nicht mehr als 20 Euro pro Monat und Quadratmeter für eine Ladenfläche, 2009 waren noch 26 Euro möglich. Doch das sind natürlich Peanuts, wenn man auf die Miethöhen in anderen Städten der Region guckt. Am Dortmunder Westenhellweg, der teuersten Einkaufsstraße im Ruhrgebiet, wird mit Spitzenmieten von 220 Euro pro Quadratmeter und Monat elfmal so viel gezahlt, berichtet JLL.

In einem Mietvergleich von 75 deutschen Einkaufsstandorten landet Mülheim zusammen mit Herne und Solingen auf Platz 72. Nur in der Nachbarstadt Oberhausen sind innerstädtische Einzelhandelsflächen mit Mieten von 18 Euro pro Quadratmeter und Monat noch preiswerter zu bekommen.

Die niedrigen Passantenzahlen bedeuten aber nicht, dass den Mülheimern das Geld zum Shoppen fehlt. Ganz im Gegenteil. Mülheim gehört mit seiner relativ hohen Kaufkraft zu den wohlhabendsten Städten Deutschlands, wie das Analysehaus Michael Bauer Research festgestellt hat. Nur: Davon profitierten die Cityhändler nicht. "Wer im Mülheimer Süden wohnt, orientiert sich beim Einkaufen auf kleine, aber feine Stadtteillagen wie Saarn. Oder fährt gleich nach Düsseldorf", sagt Dirk Wichner, Leiter des Geschäftsbereichs Retail Vermietung Deutschland bei JLL.

Über fehlende Einkaufskunden braucht sich das Rhein-Ruhr-Zentrum nicht zu beklagen, das im Osten Mülheims an der Grenze zu Essen liegt. Knapp 80 000 Quadratmeter Verkaufsfläche, ein angeschlossenes Kino mit elf Sälen sowie Freizeitflächen sorgen quasi rund um die Uhr für Kundenfrequenz. Das 1973 eröffnete Shopping-Center wurde mehrfach umstrukturiert und renoviert und lockt an normalen Verkaufstagen um die 40 000 Besucher an. An den Samstagen vor Weihnachten wurden auch schon doppelt so viele Kunden gezählt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: