IBM:Neue Bewunderer für eine alte Dame

IBM im Aktiencheck: Der traditionsreiche Konzern hängt die IT-Konkurrenz ab - und begeistert die Analysten.

Thorsten Riedl

Welche Aktie ist die gefragteste in der Informationstechnologie (IT): Das Softwarehaus Microsoft, das mit seinem neuen Betriebssystem Windows Vista seine Quasi-Monopolstellung auf alle Rechner der Welt sichert? Google?

IBM

IBM-Hochhaus in Chicago.

(Foto: Foto: afp)

Niemand verdient derzeit so viel mit Werbung im Internet wie der Suchmaschinenbetreiber. Oder Oracle, der Datenbankhersteller, der nach einer Reihe von Übernahmen in Schwung kommt?

Keine der Antworten ist richtig. Beliebter als die drei ist IBM, die große alte Dame in der Branche der Informationstechnik - der Ursprung des Unternehmens reicht bis ins 19. Jahrhundert. Seit Jahresanfang hat das Papier mehr zugelegt als Microsoft, Google oder Oracle. Die Aktie notiert nahe ihrem Fünf-Jahres-Hoch - und Analysten sind immer noch begeistert.

Auf den ersten Blick wirft die Euphorie an der Börse um IBM Rätsel auf: Erst vor kurzem hat Hewlett-Packard den ewigen Rivalen als Nummer eins der Weltrangliste in der IT-Branche vom Thron gestoßen. Kein anderes Unternehmen hat im Moment höhere Erlöse im Sektor als Hewlett-Packard.

Profit wichtiger als Umsatz

Doch IBM erwirtschaftet mehr Profit. Während der Vorstandsvorsitzende Mark Hurd aus Hewlett-Packard im zweiten Geschäftsquartal (30. April) einen Gewinn von 1,8 Milliarden Dollar geholt hat, erreichte IBM-Chef Sam Palmisano im zweiten Quartal (30. Juni) ein Ergebnis von 2,3 Milliarden Dollar.

In der Tat: Umsatz ist nicht alles. Die Börse interessiert in erster Linie, was in der Kasse bleibt. "Über die vergangenen Jahre hat IBM fast unbemerkt einen bedeutenden Wechsel in der Strategie vollzogen, weshalb Umsatz und darauf aufbauend der Gewinnzuwachs nun höher ausfallen", erklärt Laura Conigliaro, Analystin bei Goldman Sachs. In der Tat sucht Palmisano seinen Meister, wenn es darum geht, ein Unternehmen konsequent auf profitable Bereiche auszurichten.

Neue Bewunderer für eine alte Dame

Der IT-Konzern mit Sitz in Armonk im Bundesstaat New York gehörte einst in puncto Hardware zu den führenden Unternehmen in der Branche. Auch in Deutschland gab es noch bis zum Jahrtausendwechsel Fertigungsstätten von Big Blue, so wie das Unternehmen aufgrund seines blauen Logos auch genannt wird.

Heute werden Unternehmen, die sich vorwiegend mit der Produktion und dem Verkauf von Hardware beschäftigten, verächtlich als "Boxenschieber" tituliert. Das Gros der IT-Geräte ist inzwischen zum Alltagsprodukt geworden, ohne Unterscheidungsmerkmale. Den Herstellern fällt es daher schwer, hier eine ordentliche Marge zu erwirtschaften.

Vom "Boxenschieber" zum Dienstleister

Palmisano hat diesen Trend früh erkannt und sich von einigen Teilen der Hardwarefertigung getrennt. So hat er Ende 2004 für 1,75 Milliarden Dollar die PC-Sparte an den chinesischen Computerhersteller Lenovo verkauft. Anfang dieses Jahres hat Ricoh den Bereich Profidrucker von IBM für 725 Millionen Dollar übernommen.

Behalten hat Palmisano bislang vor allem Technikprodukte für den Unternehmenseinsatz, beispielsweise Netzrechner und Speichergeräte. Bei deren Verkauf liegt die Marge höher als bei alltäglichen IT-Produkten, auch weil Firmenkunden in der Regel den Service bei IBM buchen.

Dienstleistungen und Software - das sind die Sparten, auf die Palmisano den Konzern trimmt. Hier liegen die Gewinnmargen deutlich höher als im angestammten Hardwaregeschäft. Schon jetzt gilt Big Blue als größter Anbieter von IT-Dienstleistungen weltweit.

Im Softwarebereich rangiert IBM auf Platz zwei, direkt hinter Microsoft. Mit einer Reihe von Zukäufen hat sich Palmisano diesen Erfolg gesichert. In den vergangenen vier Jahren hat er 36 Softwarefirmen übernommen. So feuert der 56-jährige Vorstandschef mit den Zukäufen das Geschäft mit Dienstleistungen an.

Den Investoren gefällt der Kurs. Nach den jüngsten Quartalszahlen stieg die Aktie deutlich. 22 Analysten des Papiers verzeichnet der Finanz-Informationsdienst Reuters; nur einer davon rät zum Verkauf, und sieben zum Halten.

Der große Rest empfiehlt einen Kauf des IMB-Titels. "Das solide zweite Quartal könnte erst der Anfang sein", sagt Ben Reitzes, Analyst bei der UBS.

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