Hypothekenkrise:Immobilienjagd in den USA

American Way of Schnäppchenjagd: Kaufinteressenten können während einer Bus-Tour durch Washingtoner Vororte Häuser anschauen, deren Preise im letzten Jahr um bis zu 40 Prozent gefallen sind.

Ein paar Ersparnisse, ein bisschen Zeit, dazu noch etwas Risikobereitschaft - und schon kann der Ausflug zur Frontbesichtigung in der US-Immobilienkrise losgehen. "Heute schauen wir uns zwölf bis 14 Objekte an, wir sollten uns also ein wenig beeilen", begrüßt Tommy Burch die Gäste seiner Bus-Tour, die im Washingtoner Vorort Centreville zwangsversteigerte Häuser ansteuert.

Hypothekenkrise: Gute Zeiten für Schnäppchenjäger: Nach dem Platzen der Immobilienblase in den USA gibt es viele Häuser zu günstigen Preisen.

Gute Zeiten für Schnäppchenjäger: Nach dem Platzen der Immobilienblase in den USA gibt es viele Häuser zu günstigen Preisen.

(Foto: Foto: AFP)

Es ist eine Reise in die Welt der zerstörten Hoffnungen vom Eigenheim: Millionen US-Hauskäufer sind in den vergangenen zwölf Monaten zahlungsunfähig geworden, Banken bieten die Häuser zum Schnäppchenpreis an. Tommy Burch und seine Frau Sheri bieten jedes Wochenende Bus-Touren an, um Kaufinteressenten diese Objekte zu zeigen.

Häuserpreise um 40 Prozent gefallen

"Es ist schon hart, wenn man bedenkt, dass hier Leute lebten, die ihr Haus und alles andere verloren haben", sagt Makler Burch. "Wir versuchen trotzdem, daraus eine angenehme Veranstaltung zu machen, die ja immerhin eine gute Gelegenheit für solche Leute ist, die sich noch vor drei Jahren kein Haus leisten konnten." Allein im Verlauf der letzten zwölf Monate sei der Preis für viele Häuser auf seiner Tour um 40 Prozent gefallen. Normalerweise schließe er pro Bustour ein bis zwei Kaufverträge ab, sagt Burch.

Zu den Ausflugsgästen zählt der Unternehmensberater Pankaj Giroti, der auf der Suche nach einer Schnäppchenimmobilie ist. "Natürlich ist es immer auch eine traurige Geschichte, wenn man ein zwangsversteigertes Haus sieht", sagt Giroti. "Aber wenn man es aus der Perspektive des Investors betrachtet, ist es einfach ein normales Geschäft."

Wo es eine Krise gibt, sind Krisengewinnler nicht fern: Insofern eröffnet die Krise auf dem US-Immobilienmarkt viele Optionen. Im Jahr 2007 gab es in den USA bereits etwa 2,2 Millionen Zwangsversteigerungen. Im zweiten Quartal 2008 lag die Zahl noch einmal weit über dem Doppelten des Vorjahresquartals.

"Ich hätte nie geahnt, dass ich in so guter Lage ein Haus zu halben Preis dessen kaufen kann, was es vor drei Jahren gekostet hat", sagt Giroti. Die Busgäste sind guter Laune, die Aussicht auf ein günstiges Geschäft hebt die Stimmung.

"Das ist alles schön organisiert und es macht Spaß, hier im Bus herumzufahren und all die Immobilien anzuschauen", sagt die Teilnehmerin Eva Chen. Ihr Mann Gary fügt hinzu: "Man spart eine Menge Zeit, weil man nicht all die Makler kontaktieren muss, um die Objekte anzusehen." Von außen ist der Bus lustig mit Comic-Figuren angemalt, es dominieren die Nationalfarben blau, rot und weiß.

Gute Zeiten für Schnäppchenjäger

Das Ehepaar Burch besichtigt jeden Mal etwa 80 zwangsversteigerte Immobilien, bevor es eine Tour für die Busgäste zusammenstellt. Auf die Idee für die Ausflüge kamen die beiden, als sie die ausgedehnten Vororte von Washington selbst auf der Suche nach einer günstigen Immobilie durchstreiften. "Viele dieser Häuser sind von außen nicht gekennzeichnet", sagt Tommy Burch. "Es ist manchmal schwierig, sie zu finden."

Das Maklerpaar wählt dabei nur Häuser aus, die bereits von einer Bank beschlagnahmt wurden. Nach dem Platzen der Immobilien- und Finanzblase sind viele Banken auf der Suche nach Barem und dementsprechend zu kräftigen Abschlägen bereit - gute Zeiten also für Schnäppchenjäger.

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