Hypo-Vereinsbank: Personalprobleme:Immer Ärger mit Mailand

Die HVB blutet personell weiter aus: Nun geht auch Finanzvorstand Rolf Friedhofen. Der italienische Mutterkonzern Unicredit ist zu dominant.

C. Busse, T. Fromm und M. Hesse

Als Rolf Friedhofen, 52, vor etwa drei Wochen zusammen mit Vorstandschef Theodor Weimer, 51, die Jahresbilanz der Hypo-Vereinsbank (HVB) präsentierte, da machte der Finanzvorstand noch gute Miene zum Spiel.

Er kokettierte mit dem unterschiedlichen Temperament: Weimer auftrumpfend, gerne in der ersten Reihe, Friedhofen zurückhaltend, die Öffentlichkeit gerne meidend. Und Finanzmann Friedhofen lächelte tapfer ins Publikum, als sein Chef das dicke Kapitalpolster der Bank lobte, um gleich darauf zu erklären, dass bei dem Mutterkonzern Unicredit über die Ressourcenverteilung im Konzern entschieden werde.

Tatsächlich war Friedhofen all das zu dem Zeitpunkt offenbar längst zu viel geworden: die Begehrlichkeiten aus Mailand, Weimers Führungsstil. Jetzt steht fest: Rolf Friedhofen wird die Bank nach Angaben aus Finanzkreisen verlassen.

Keine sofortige Entscheidung über Nachfolger

Am Freitag tagt der HVB-Aufsichtsrat, dort soll die Personalie beraten werden. Die Bank gab keinen Kommentar. Eine Entscheidung über einen Nachfolger wird es angeblich nicht sofort geben.

Es ist ein Verlust für das hinter Deutscher Bank und Commerzbank drittgrößte Geldinstitut, das inzwischen offiziell nicht mehr HVB heißt, sondern Unicredit Bank AG.

Friedhofen, der sein Handwerk von Grund auf lernte, hat einen guten Ruf, hielt die Finanzen der Münchner Bank stets gut zusammen und war auch ein Zeichen für Kontinuität. Sein Abgang wird möglicherweise für neue Unruhe sorgen. Und die kann Unicredit nicht gebrauchen, kämpft doch Konzernchef Alessandro Profumo selbst darum, seine Pläne für einen Umbau in Italien durchzubringen. Mitte März hatte Profumo sogar mit Rücktritt gedroht.

Verschiedene Versionen zu den Gründen für den Abgang

1958 in St. Sebastian in Rheinland-Pfalz geboren, machte Friedhofen zunächst eine Banklehre bei der dortigen Landesbank und studierte dann in Passau Wirtschaftswissenschaften. 1984 heuerte er bei der Wirtschaftsprüferfirma KPMG an, wurde dort 1993 Partner. 1997 wechselte er zum Konkurrenten PWC und kam schließlich 2004 zur HVB nach München. Kurze Zeit später, 2005, wurde die bayerische Großbank von den Italienern übernommen.

Bankchef Dieter Rampl wurde Vorsitzender des Unicredit-Verwaltungsrats, der langjährige Finanzvorstand Wolfgang Sprißler Chef in München - und Friedhofen übernahm das Finanzressort.

Zu den Gründen für Friedhofens Ausstieg gibt es verschiedene Versionen. Die plausibelste ist wohl die, dass er im Laufe der Jahre immer mehr Kompetenzen verloren hat. "Was ist eine Großbank im Vergleich zu der Deutschland-Tochter eines italienischen Großinstituts?", heißt es aus Finanzkreisen.

Zu wenig Profil

Die Mailänder Konzernzentrale wurde immer dominanter. Seit Mai vergangenen Jahres ist die 1962 geborene Mailänderin Marina Natale Finanzchefin bei Unicredit und damit Vorgesetzte Friedhofens. Sie habe den direkten Draht zu den Investoren, fahre nach London, Tokio und New York. "Sehr gut möglich, dass der Job für Friedhofen auf die Dauer zu wenig Profil hatte", heißt es.

Auch in Arbeitnehmerkreisen wird der Abgang Friedhofens als Beleg für die Macht Mailands gesehen - Unicredit-Finanzchefin Natale regiere von Italien aus "durch". Dass ausgerechnet Friedhofen, der die Münchner Bank erfolgreich durch die Finanzkrise gesteuert habe, gehen müsse, sei "absolut nicht nachvollziehbar", heißt es. "Wir haben ein immenses Kulturproblem mit Italien.

Nicht der Erste, der geht

Dort wird immer noch nicht verstanden, dass sich nicht alles eins zu eins von Mailand auf München übertragen lässt." Häufig sei es bei einzelnen Themen zu Konflikten zwischen Friedhofen und Managern in Mailand gekommen. "Es wird in Italien nicht geliebt, wenn einer einen aufrechten Gang hat", behauptet ein Kenner der Bank. In HVB-Kreisen wird aber bestritten, dass es Streit zwischen Friedhofen und Mailand gegeben habe.

Dabei ist Friedhofen nicht der Erste, der deswegen geht. Seit Unicredit 2005 die HVB übernahm, gab es im obersten Management und auch in der zweiten Ebene einen Aderlass, auch wenn es zuletzt ruhiger geworden ist. "Das Ausbluten der HVB geht weiter", heißt es angesichts der Personalie.

Friedhofen sitzt an der wichtigsten Schnittstelle zwischen Unicredit und HVB. Und er sitzt auf Geldreserven, die die Italiener möglicherweise gerne hätten. Dank des internen Verkaufs der ehemaligen HVB-Tochter Bank Austria an Unicredit und dank des Investmentbankings, das in München angegliedert ist und zuletzt wieder hohe Gewinne machte, kommt die HVB auf eine Kapitalquote von 17 Prozent. Davon können andere Banken derzeit nur träumen. Unicredit hingegen musste 2009 die Aktionäre um frisches Geld bitten, um sicher durch die Finanzkrise zu kommen.

Zeitpunkt kein Zufall

In wenigen Monaten endet der 2005 bei der Übernahme geschlossene "Bank-der-Regionen"-Vertrag. Dieser gewährt den Münchnern Freiheiten - und schützt auch das Kapital der HVB vor dem ungehinderten Zugriff aus Mailand.

An einen Zufall mag daher kaum einer glauben, wenn Friedhofen gerade jetzt geht. Überkreuz war Friedhofen mit Mailand auch aus regulatorischen Gründen, heißt es im Umfeld der Bank. "Die Italiener kommen mit den relativ strengen Regeln der deutschen Finanzaufsicht, etwa beim Risikomanagement, nicht zurecht und hängen Probleme jedes Mal Friedhofen an", heißt es in Aufsichtsratskreisen.

Als Anfang 2009 Theodor Weimer die Führung der Bank übernahm, kam offenbar ein weiteres Problem hinzu. Die Chemie zwischen den beiden soll nicht gestimmt haben. Hier der freundlich zurückhaltende Friedhofen, da der temperamentvolle frühere Investmentbanker Weimer, der schon mal lospoltert.

Zuletzt wurde Friedhofen als Kandidat für die Führung des Bundesverbandes deutscher Banken gehandelt. Doch nach Berlin wollte er dem Vernehmen nach nicht gehen: Als umtriebiger Lobbyist hat sich der zurückhaltende Friedhofen offenbar nicht gesehen.

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