Hypo Real Estate:Desaster für das Finanzministerium

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In Berlin war viel über die Lage bei der Hypo Real Estate bekannt. Das Finanzministerium hat aber das Wissen bei der Rettung nicht genutzt.

Claus Hulverscheidt und Klaus Ott

Es war ein Tag in ihrem Leben, den Susanne Krecker wohl nie vergessen wird. Zweieinhalb Stunden lang musste die Sachbearbeiterin aus dem Referat VII B 3 des Bundesfinanzfinanzministeriums vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestags zur Beinahe-Pleite der Immobilienbank Hypo Real Estate (HRE) aussagen - und der Eindruck, den sie bei den Abgeordneten hinterließ, war verheerend. Sie schwieg, sie verhaspelte sich, nicht einmal die Frage, wofür sie denn im Ministerium eigentlich zuständig sei, konnte sie genau beantworten. Es war offensichtlich, dass sie der Stresssituation nicht gewachsen war. Am Ende tat die Beamtin sogar den Abgeordneten der Opposition leid.

Es entsteht der Eindruck, dass es innerhalb der Bundesregierung um die Aufsicht über die Banken nicht gut bestellt ist. (Foto: Foto: ddp)

Dass die jüngste Sitzung des Untersuchungsausschusses für das Finanzministerium zu einem Desaster wurde, lag aber nicht nur an der kleinen Sachbearbeiterin. Auch ihre Chefs erweckten den Eindruck, dass es innerhalb der Bundesregierung um die Aufsicht über die Banken nicht gut bestellt ist.

Waghalsigen cineastischen Vergleiche

Unterabteilungsleiter Thorsten Pötzsch verärgerte die Ausschussmitglieder mit Belehrungen und waghalsigen cineastischen Vergleichen, Referatsleiter Jens Conert gab zwar ausführlich und bereitwillig Auskunft, konnte aber nicht erklären, warum er seit Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2007 kein einziges Mal auf die Idee kam, die Spitze des Ministeriums über die Probleme der HRE zu informieren.

Auch als das Institut nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers unmittelbar vor dem Kollaps stand und sich die Bundesregierung Ende September 2008 auf eine milliardenschwere Rettungsaktion in letzter Minute vorbereitete, blieb Conert stumm. Das Finanzministerium sei keine "Super-Aufsichtsbehörde", erklärte er vor dem Ausschuss und außerdem: "Es gab kein Wissen im Referat, das die Rettungsgespräche hätte befruchten können."

Das ist eine gewagte These, denn aus den zahlreichen Schreiben und E-Mails, die seit Herbst 2007 zwischen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), der Bundesbank und der zuständigen Abteilung VII im Finanzministerium hin- und hergeschickt wurden, ergibt sich ein anderes Bild.

Demnach war das Ministerium bestens im Bilde über frühzeitige Risiken bei der HRE. Und darüber, dass die Immobilien- und Pfandbriefbank einerseits miserabel organisiert, andererseits aber "systemrelevant" war, Probleme bei der HRE also eine Kettenreaktion in der Finanzwelt auslösen könnten. Und das Ministerium wusste, dass Angaben des HRE-Vorstands mit Vorsicht zu genießen waren.

Steinbrück sieht HRE-Vorstand in der Verantwortung

Dennoch waren Minister Peer Steinbrück und Staatssekretär Jörg Asmussen nach den bisherigen Erkenntnissen im Untersuchungsausschuss offenbar nicht vorbereitet, als sie Ende September 2008 zur ersten Rettungsaktion bei der HRE schritten.

Bürgschaften in Höhe von 35 Milliarden Euro, die vor allem vom Staat kamen, waren damals nötig. Bereits eine Woche später mussten bei einer zweiten Hilfsrunde kurzfristig weitere 15 Milliarden Euro Garantien gewährt werden. Steinbrück schiebt die Schuld dafür dem damaligen HRE-Vorstand zu. Der habe nach Angaben der Bankenaufsichtsbehörde Bafin bei der ersten Rettungsaktion nicht alles berichtet.

Die drei Oppositionsvertreter im Untersuchungsausschuss, Volker Wissing von der FDP, Axel Troost von den Linken und Gerhard Schick von den Grünen, sind sich einig: Es sei nicht nachvollziehbar, warum das Finanzressort sein umfangreiches Wissen über die HRE nicht für die Rettungsgespräche genutzt habe.

Im Ministerium sei trotz der Finanzkrise Dienst nach Vorschrift geschoben worden. Dort sieht man das ganz anders: "Keine der Informationen, die wir vor der Lehman-Insolvenz im Jahr 2008 hatten, war geeignet zu erkennen, dass hier eine Bank vor dem Kollaps steht."

© SZ vom 24.06.2009/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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