HSH: Kopper und Nonnenmacher:Bleiben? Kämpfen? Schimpfen?

Wie kein anderer hat der frühere Chef der Deutschen Bank und jetzige HSH-Aufsichtratsvorsitzende Hilmar Kopper den Nordbank-Boss Dirk Jens Nonnenmacher unterstützt. Jetzt hat er ein Problem.

Hans Leyendecker

Für jemanden, der mal in der Zentrale der Deutschen Bank im 32. Stock nahe den Wolken sein Büro hatte und von einem Spiegel-Reporter zum Aufsichtsratsvorsitzenden von ganz Deutschland ernannt wurde, ist die Aufgabe als Chefkontrolleur der HSH Nordbank nun wirklich nicht die Erfüllung eines Lebenstraums.

HSH Nordbank Chef Nonnenmacher vor dem aus

Aus seiner Zeit als Chef der Deutschen Bank ist Koppers Ausspruch überliefert, er bitte den lieben Gott darum, dass sein Haus niemals Sparkassen kaufen möge. Grau, langweilig. Provinz eben. Und dann ging er zur Landesbank.

(Foto: dpa)

Dennoch hat Hilmar Kopper, 75, der in seiner langen Laufbahn insgesamt 61 Aufsichtsmandate bekleidete, im Sommer vergangenen Jahres den Aufsichtsratsvorsitz bei der kleinen Landesbank "gern übernommen" und den Job zu seiner "patriotischen Aufgabe" erklärt.

Ausgerechnet eine Landesbank

Gehe es doch dem großen alten Mann der Deutschland AG um nichts weniger als die Rettung der Bank - "einer musste es ja machen". Dabei war Koppers Wechsel in den Aufsichtsrat der HSH etwa vergleichbar einem doch eher unwahrscheinlichen Engagement von Franz Beckenbauer bei Eintracht Braunschweig.

Ausgerechnet eine Landesbank. Aus seiner Zeit als Chef der Deutschen Bank ist Koppers Ausspruch überliefert, er bitte den lieben Gott darum, dass sein Haus niemals Sparkassen kaufen möge. Grau, langweilig. Provinz eben. Entsprechend sorgten sich etliche Landespolitiker im Norden, Kopper werde bei einem Rauswurf des HSH-Vorstandsvorsitzenden Dirk Jens Nonnenmacher selbst die Brocken hinwerfen - oder, schlimmer noch, sich der Politik entgegenstellen. Bereits im vergangenen Herbst hatte der 75-Jährige darauf hingewiesen, die Länder könnten als Eigentümer nur den Aufsichtsrat und nicht den Vorstand abberufen. "Wenn sie Herrn Nonnenmacher entlassen wollen, müssen sie erst einmal mich entlassen", hatte Kopper gesagt.

Als sich das Kabinett in Kiel und der Senat in Hamburg am Dienstag darauf verständigten, den durch Affären belasteten Nonnenmacher fallen zu lassen, kreisten die Gespräche immer wieder um Kopper. Was wird er tun? Bleiben? Kämpfen? Schimpfen? Noch in der Kabinettssitzung in Kiel wies Wirtschaftsminister Jost de Jager darauf hin, dass eine fristlose Kündigung Nonnenmachers mit Kopper nicht zu machen sei. Den Alten brauche man. Nun hat sich Kopper nach Senatsangaben dazu bereit erklärt, den Abgang Nonnenmachers, dem im Übrigen eine abgrundtiefe Abneigung zu Politikern nachgesagt wird, umzusetzen.

In einem Brief an Michael Neumann, den Vorsitzenden der SPD-Bürgerschaftsfraktion Hamburg, hatte Kopper vorigen Monat darauf hingewiesen, dass er das Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden nur "übernommen habe, weil mit Herrn Nonnenmacher ein ausgewiesener Fachmann und eine integre Persönlichkeit an der Spitze der Bank" stand. Für eine "Entbindung des Vorstandsvorsitzenden von seinen Aufgaben" gebe es "derzeit keinen Anlass". Andererseits hatte er sowohl in diesem Brief als auch vorige Woche bei einem Treffen in der Kieler Staatskanzlei betont, es sei eine "Unterstellung", dass er seine "Aufsichtsratstätigkeit mit dem Verbleib von Herrn Nonnenmacher im Vorstand der HSH" verknüpft habe.

Nonnenmacher, der Ziehsohn

Das Verhältnis des 75-jährigen Aufsichtsratschefs zu dem 47-jährigen Noch-Vorstandsvorsitzenden ist von Beobachtern gelegentlich als Vater-Sohn-Verhältnis interpretiert worden. Nonnenmacher sei ein Ziehsohn Koppers, hieß es. Vom Alter her kommt das vielleicht hin, sonst aber eher nicht. Für einen Kopper, der Josef Ackermann zur Deutschen Bank geholt hat, ist die Personalie Nonnenmacher eigentlich nicht so bedeutend. "Dr. No" wird er genannt. In der großen Bankenwelt war der Mathematiker und Zahlenmann Nonnenmacher eher eine kleine Figur.

Der Mann mit den langen, gegelten Haaren, der früher sogar einen Zopf trug, war Ende der neunziger Jahre noch Bereichsleiter bei der Dresdner Bank gewesen. 2004 hatte er das strategische Risiko- und Finanzcontrolling der DZ Bank in Frankfurt übernommen. Auch kein Jahrhundertjob. Drei Jahre später war er als Finanzvorstand zur Nordbank gewechselt. Während der kurz darauf ausbrechenden Unruhen um die Milliardenlöcher dieser früher doch sehr grauen, aber wohltuend betulichen Bank wurde er im November 2008 zum Vorstandschef bestimmt. Das sei "für alle überraschend" gewesen, hat ein Top-Manager der HSH, der als Zeuge in einem der vielen Ermittlungsverfahren der Bank aussagte, im September 2009 den Staatsanwälten erzählt. Nonnenmacher sei als "Newcomer" durchgestartet und habe alle übersprungen. Die Zusammenarbeit im Vorstand sei zunächst entsprechend schwierig gewesen.

Bei der Rückschau fällt auf, dass Kopper den Mathematiker früh gegen Angriffe verteidigt hat, und manches hängt vermutlich mit dem berühmten Kopper-Reflex zusammen: Alles schon erlebt, alles schon da gewesen - nicht die Nerven verlieren. Nur ein paar Tage nach seiner Wahl zum Aufsichtsratschef hatte er im Juli 2009 Nonnenmacher gegen den Vorwurf verteidigt, ein Absahner zu sein. Es war publik geworden, dass der Mann von der Landesbank offenbar zwei Millionen Euro im Jahr verdiente, und Kopper wies darauf hin, die Sondervergütung sei schon 2008 beschlossen worden. Die Begrenzung auf 500.000 Euro Jahresgehalt ziehe in diesem Fall also nicht. Auch arbeite Nonnenmacher nach den Personalabgängen in der Führungsspitze für vier. Die Alten erinnerten sich, dass Kopper mal in den neunziger Jahren den Bonus nach Deutschland gebracht hatte, als er bei der Deutschen Bank und bei Daimler neue Entlohnungsschemata einführte.

Peanuts-Theater

Natürlich hat Kopper bald nach seinem Amtsantritt bei der HSH die anschwellende Affärenberichterstattung in den Medien genau registriert, aber lässt sich der Erfinder der "Peanuts" von der Meute beeindrucken? Was war das doch 1994 ein Theater gewesen, als Kopper nach der Pleite des Immobilienkaufmanns Jürgen Schneider bei einer Pressekonferenz von "Peanuts" sprach, als er Fragen nach unbezahlten Handwerkerrechnungen über umgerechnet 25 Millionen Euro beantwortete. Fortan war er der arrogante Geldsack der Nation. Na und. Vorbei. Die Reporter haben ihm auch eifrig nachgestellt, als er sich scheiden ließ und 1999 die Witwe des früheren Kanzlers Willy Brandt, die Historikerin Brigitte Seebacher-Brandt, ehelichte. "Darf Kopper das?", moralisierten damals die üblichen Trieb-Moralisierer der bunten Blätter. Auch vorbei.

Kopper war 17 Jahre lang im Aufsichtsrat von Daimler, und er hat in den neunziger Jahren den damaligen Spitzenmann des Autokonzerns, Jürgen Schrempp, der aus dem Unternehmen eine Welt AG machen wollte, zum "Leitwolf" und maximo leader hochstilisiert. Früh warnten Kritiker, dass bei diesem Schrempp-Weltabenteuer Milliarden verbrannt würden. Das war noch eine Untertreibung, wie sich später zeigte, aber Kopper war in Treue fest: Einen "Eins-a-

Menschen" nannte er Schrempp. Nonnenmachers Kritiker sind vom Gipfel aus betrachtet eher C-Klasse. Muss ein Kopper alle und alles ernst nehmen? Als Aufsichtsratschef hatte er bei Hauptversammlungen Kritiker aus dem Saal tragen lassen. Selbst Wirtschaftsprofessoren wie seinen Intimgegner Ekkehard Wenger ließ er rausschaffen.

Der auf einem Bauernhof in Pommern aufgewachsene Kopper, der 1954 als Auszubildender bei der Deutschen Bank anfing und 23 Jahre später in den Vorstand einzog, hat schon viele Zweikämpfe gewonnen. Und die Justiz, die so eifrig in Sachen HSH ermittelt? Natürlich verlangt Kopper "eine schonungslose Aufklärung", aber wie viele Verfahren hat er selbst heil überstanden? Mehrmals hat er in seiner aktiven Zeit von einer Strafverfolgungsbehörde ein Aktenzeichen verpasst bekommen. Als er 1997 ohne Anwalt als Zeuge in dem Prozess gegen Jürgen Schneider auftrat, gab es ein Gedränge wie bei einer Oscar-Verleihung. Der Richter fragte den Zeugen nach der "fast unfassbar fahrlässigen" Haltung des Hauptkreditgebers Deutsche Bank. Kopper blieb gelassen.

Bleibt doch die Frage, warum sich so einer den Posten bei der HSH zugemutet hat. Vier Monate vor seiner Ernennung zum Aufsichtsratschef hatte Kopper zur Finanzkrise gesagt: Als Pensionär und als Zuschauer finde er das alles sehr interessant: "Ich komme mir vor wie Goethe bei der Kanonade von Valmy". Das mit Goethe war 1792. Der Dichterfürst sah eine neue Ära aufziehen, als die französische Revolutionsarmee über ihre europäischen Gegner siegte. Revoluzzer an der Förde?

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: