HSH Nordbank:"Dr. No" und das liebe Geld

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Dirk Jens Nonnenmacher, Noch-Chef der HSH Nordbank, muss gehen. Für das Institut kann das richtig teuer werden - im Extremfall werden mehrere Millionen Euro fällig.

Klaus Ott

In knapp drei Wochen, am 2. Dezember, soll wieder einmal ein Neubeginn erfolgen bei der HSH Nordbank. Dann will der Aufsichtsrat des Staatsinstituts, das vor allem der Hansestadt Hamburg und dem Land Schleswig-Holstein gehört, den nächsten Vorstandsvorsitzenden wählen. Der jetzige Chef, Dirk Jens Nonnenmacher, muss nach nur zwei Jahren im Amt schon wieder gehen. Er ist wegen diverser Affären nicht länger tragbar, obwohl er nach wie vor beteuert, in keinen der anrüchigen Vorgänge bei der HSH persönlich verwickelt zu sein. "Dr. No", wie er auch genannt wird, hatte einst als Hoffnungsträger gegolten. Er hatte die HSH nach horrenden Verlusten in eine bessere Zukunft führen sollen. Nun muss das statt Nonnenmacher ein anderer tun.

Dirk Jens Nonnenmacher muss den HSH-Chefstuhl räumen, möglicherweise wird sogar noch eine Abfindung fällig. (Foto: dpa)

Der in Hamburg mit einer Beratungsfirma ansässige schwedische Finanzmanager Jan Eric Kvarnström vielleicht, der sich unter anderem bei der Sanierung der Dresdner Bank hervorgetan hat. Er gilt als einer der Kandidaten. Um einen Nachfolger für Nonnenmacher kümmert sich HSH-Aufsichtsratschef Hilmar Kopper, ehedem Vorstandssprecher der Deutschen Bank, der im hohen Norden bislang nicht sehr glücklich agiert hat. Nun muss Kopper, auf Geheiß der Eigentümer und gegen seinen bisherigen Willen, die vorzeitige Trennung von "Dr. No" vollziehen. Mehrere Millionen Euro könnte das die Bank kosten, falls die diversen noch laufenden Untersuchungen nicht zu Erkenntnissen führen, die Nonnenmacher belasten.

Drei Staatsanwaltschaften in Hamburg, Kiel und New York ermitteln in fünf Verfahren gegen rund zehn Beschuldigte aus der HSH und deren Umfeld wegen Veruntreuung von Bankvermögen, Bilanzfälschung, eines illegalen Lauschangriffs und anderer Delikte. Viele Verdachtsmomente liegen vor, und was sich davon bewahrheitet und was nicht, wird wohl erst irgendwann im nächsten Jahr feststehen, oder noch später. Mit den schnellsten Resultaten ist bei der in Bonn ansässigen Finanzaufsicht Bafin zu rechnen. Noch im November sollen, wie am Freitag aus Finanzkreisen und aus dem Umfeld der Bank zu erfahren war, zumindest erste, vorläufige Ergebnisse vorliegen. Die HSH und die Bafin äußerten sich nicht dazu.

Die Bonner Behörde prüft, ob die Nordbank unter Nonnenmacher ihre Geschäfte "ordnungsgemäß" organisiert und ob das interne Kontrollsystem funktioniert hat. Oder ob es Missstände gab, die möglicherweise gar in Straftaten mündeten. Die Bafin will beispielsweise wissen, unter welchem Umständen sich die HSH externer Dienstleister bediente, vor allem der Sicherheitsfirma Prevent und der Rechtsanwaltskanzlei Erbe. So steht es in dem Bescheid, mit dem die Bafin im August ihre Nachforschungen eingeleitet hatte. Darin ist von Hinweisen auf besonders schwerwiegende Vorfälle die Rede. Die Bafin müsse die Möglichkeit haben, notfalls Maßnahmen zu ergreifen.

Von Fall zu Fall eng zusammengearbeitet

Die früher für die HSH tätige Sicherheitsfirma Prevent soll daran mitgewirkt haben, dem früheren New Yorker Filialleiter der HSH Kinderpornografie zu unterstellen, um ihn ohne Abfindung feuern zu können. Prevent bestreitet das. Die für die HSH aktive Kanzlei Erbe wiederum spielt eine wichtige Rolle bei dem letztlich gescheiterten Versuch, das ebenfalls 2009 hinausgeworfene Vorstandsmitglied Frank Roth des Geheimnisverrats zu bezichtigen. Prevent und Erbe arbeiten von Fall zu Fall eng zusammen. Was bei der Sicherheitsfirma und der Anwaltskanzlei geschah, könnte für die Aufklärung der Affären wesentlich sein.

Im Fall Roth geht die Kieler Staatsanwaltschaft laut einem internen Vermerk sogar davon aus, dass die HSH den Ermittlern auf Anraten der Kanzlei Erbe wichtige Unterlagen "absichtlich" vorenthalten hat. Es geht um zwei Prevent-Berichte vom Mai und Juni 2009. Eine mit dieser Causa befasste und für die HSH tätige Juristin aus der Kanzlei Erbe hatte der Bank im Juli 2009 geschrieben, sie empfehle dem Institut, die Untersuchungen der Staatsanwaltschaft über die bereits zugesagten Hilfen hinaus nicht noch mehr zu fördern. Die beiden Prevent-Berichte, schlug die Anwältin vor, sollten besser in ihren Handakten verbleiben. Sonst könne es zu "überschießenden Ermittlungen" kommen. Von der Existenz dieser Unterlagen erfuhren die Kieler Strafverfolger, wie sie notierten, erst später. Die Bank und die Kanzlei Erbe äußern sich zu diesem Vorgang nicht.

© SZ vom 13./14.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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