HRE: Ex-Chef will Geld:Georg Funke - die Rache des Gierigen

Er fuhr die HRE vor die Wand - wird Georg Funke der Abschied mit Millionen versüßt? Der Ex-Banker kämpft vor Gericht um die Fortzahlung seines Gehalts.

Tobias Dorfer

Über Georg Funke sind schon viele böse Worte gesagt worden. "Münchens größter Gierhals" titelte die Abendzeitung. Ulrich Hocker, der Vorsitzende der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW), sprach dem ehemaligen Chef der Hypo Real Estate (HRE) "jegliche Spur von Moral" ab. Der ehemalige Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) beschimpfte Funke einst als "dreist" - und auch die sonst oft so besonnene Bundeskanzlerin winkt nur verächtlich ab: "Ich will mich nicht weiter aufregen", schnaubt Angela Merkel (CDU) dem Stern zufolge, wenn es um den gehassten Ex-Banker geht.

Georg Funke, Foto: ddp

Georg Funke, der ehemalige Chef der Hypo Real Estate, kämpft vor Gericht um seine Ehre - und um viel Geld.

(Foto: Foto: ddp)

Keine Frage - es ärgern sich viele über Georg Funke. Die Politik. Tausende Anleger, die mit HRE-Aktien viel Geld verloren haben. Und natürlich auch die Öffentlichkeit, die endlich sehen möchte, dass jene, die im internationalen Finanz-Casino gezockt haben, dafür endlich zur Rechenschaft gezogen werden. Am Donnerstag wird am Landgericht München I ein Verfahren eröffnet, das nicht gerade dazu dienen wird, die Funke'schen Beliebtheitswerte zu verbessern.

Denn der Ende 2008 gefeuerte Bankmanager will seinen Rauswurf nicht akzeptieren und verklagt seinen ehemaligen Arbeitgeber auf die Fortzahlung seiner Bezüge bis 2013. Funke fordert etwa 3,5 Millionen Euro an Gehalt nach und pocht darüber hinaus auf seine zugesagte Rente von monatlich 47.000 Euro. Dieser Betrag wird von dem Tag an fällig, an dem Funkes Vertrag "ohne Verschulden" nicht mehr verlängert oder von der Bank vorzeitig beendet wird, schreibt der Stern.

Ohne eigenes Verschulden sei er damals entlassen worden, das ist die Haltung des Georg Funke. Den Niedergang des Immobilienfinanzierers, der bis heute vom Staat mit mehr als 100 Milliarden Euro an direkten Hilfen und Garantien gestützt werden musste, will er nicht zu verantworten haben. Schuldig seien die Ratingagenturen, der Kollaps der US-Bank Lehman Brothers und überhaupt die Finanzkrise. Sich selbst sieht Funke als "Opfer der internationalen Finanzmärkte" - so hat es zumindest einer seiner Anwälte einmal formuliert. Der Ex-Banker selbst redet seit seinem Ausscheiden bei der Hypo Real Estate nicht mehr mit Journalisten. Seine beiden Luxus-Villen in München soll der Manager zum Preis von mehreren Millionen Euro verkauft haben. Ob er einen neuen Job hat und wo er nun wohnt, ist unklar.

"Völliger Realitätsverlust"

Dafür reden andere über ihn. Dass Funke nun um Millionen streiten will, stehe für "völligen Realitätsverlust", diagnostiziert der Wirtschaftsprofessor Joachim Schwalbach aus Berlin. Und die Aktionärsschützer der DSW sprechen von einer "kaum nachvollziehbaren Maßlosigkeit".

Der Ärger in der Bevölkerung ist auch deshalb so groß, weil letztlich der Steuerzahler für das fürstliche Ruhegeld Funkes aufkommen müsste. Denn seit der Rettung der maroden Immobilienbank ist der Staat über den Bankenrettungsfonds Soffin Haupteigentümer der Hypo Real Estate.

Selbst Funkes schärfste Kritiker geben zu, dass der umstrittene Banker mit seiner Klage letztlich sogar Erfolg haben könnte - schließlich könne er sich auf seinen Arbeitsvertrag berufen. "Arbeitsverträge sind grundsätzlich einzuhalten", sagt ein DSW-Sprecher. Auf einem anderen Blatt stünde dabei die Frage der Moral. "Er ist immerhin derjenige, der den Laden an die Wand gefahren hat."

"Kein Unschuldslamm"

So sieht das auch Funkes ehemaliger Arbeitgeber. Die HRE wirft dem ehemaligen Konzernchef vor, er sei verantwortlich für eine "grob mangelhafte Vorbereitung" des 2007 erfolgten Kaufs der in Irland ansässigen Pfandbriefbank Depfa. Außerdem habe er "Pflichtverletzungen" bei Risikosteuerung und Risikokontrolle begangen und die gefährliche Geldpolitik des Unternehmens nicht geändert. Das Geschäftsmodell der Depfa sah vor, langfristige Darlehen mit kurzfristigen Krediten gegenzufinanzieren. Aus dem Zinsgefälle wollte die Pfandbriefbank Profit machen. Als im September 2008 jedoch Lehman Brothers kollabierte, schwand das Vertrauen der Banken untereinander, die Kredite flossen nicht mehr - und das Geschäftsmodell der Depfa brach in sich zusammen.

Hätte Funke die Risiken nicht erkennen müssen? Einer seiner Berater sagte dem Stern, man habe gewusst, "dass die Depfa kein Unschuldslamm ist". Funke selbst hält dagegen, er habe die Krise nicht vorhersehen können. Noch im August 2008, wenige Wochen vor der Lehman-Pleite, hatte der HRE-Vorstand um Funke den Aktionären im Geschäftsbericht für das erste Halbjahr mitgeteilt, man habe alles im Griff. Selbst im denkbar schlimmsten Fall sei "sichergestellt, dass die HRE-Gruppe sowie ihre Tochterbanken jederzeit uneingeschränkt zahlungsfähig sind".

Dass es anders kam, ist inzwischen bekannt. Ab Donnerstag wird es vor dem Landgericht München I nicht mehr darum gehen, ob die HRE zahlungsfähig ist - sondern ob sie ihren Ex-Chef auszahlen muss. Funke selbst wird sich den Auftritt vor Gericht wohl ersparen. Der Banker sei nicht geladen und könne sich durch einen Anwalt vertreten lassen, sagte ein Sprecher des Gerichts.

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