Hochhauspaar für Hamburg:Schlankes Paar auf Tuchfühlung

Hadi Teheranis "Tanzende Türme" sollen die Reeperbahn aufwerten. Bewohner von St. Pauli üben indes Kritik an dem Projekt.

Christiane Langrock-Kögel

Sie treffen sich in der Mitte. Schmiegen sich Bauch an Bauch. Mit einiger Phantasie kann man in den beiden schlanken, hohen Türmen mit den geknickten Fassaden ein sich drehendes Paar erkennen, dessen Oberkörper und Beine sich im Schwung auseinanderbewegen.

Hadi Teherani, Architekt des Hochhauspaars, bezeichnet seine "Tanzenden Türme" als "schemenhaft verrätselte Assoziation zweier Tanzender". Die berühren sich am engsten in Höhe der Taille - in dem Entwurf stecke Musik und Sex, sagt der Architekt. Das passt zur künftigen Adresse der Zwillingstürme: Sie sollen an Hamburgs berühmter Rotlichtmeile, der Reeperbahn, stehen.

Vor fünf Jahren gewann Teherani mit seinem Büro Bothe Richter Teherani (BRT) den Wettbewerb um die Gestaltung des großen Grundstücks am östlichen Eingang zur Reeperbahn. Bauherr ist der Strabag-Konzern, ein Hoch- und Tiefbau-Unternehmen, das mit seinen 550 Hamburger Mitarbeitern in die unteren elf Stockwerke der Türme einziehen will.

Der Rest soll vermietet werden; man ist sicher, genügend Interessenten für die Höhenlage mit Aussicht über Stadt und Hafen zu finden. Mitte des Jahres soll, trotz Wirtschaftskrise, mit den Bauarbeiten begonnen werden.

Die Strabag hat den Grund, auf dem ein weitgehend verlassener Kastenbau vor sich hin rottet, im Mai 2008 erworben. "Das Gelände geistert seit 20 Jahren durch die Projektentwickler-Welt", sagt Matthias Pirschel, Bereichsleiter der Hamburger Immobilien-Projekte des Konzerns. Nach dem Abbruch beginne man mit dem Bau: "Wir reißen an dieser prominenten Stelle nur ab, wenn anschließend sofort die Baugrube ausgehoben wird." In der Konzernzentrale gebe es keine Zweifel am Bau der Türme.

Club in den Niederungen

Circa 150 Millionen Euro soll das Ensemble kosten, zu dem auch ein achtgeschossiger Hotelkomplex gehört. Von der U-Bahn-Station St. Pauli aus gesehen sollen Teheranis Türme das neue "Tor zur Reeperbahn" bilden. Der Standort im Stadtteil St. Pauli ist eine exponierte Stelle für ein modernes Büro-Hochhaus. Bewohner des Viertels kritisieren, dass sich die Innenstadt mit ihren Bürokomplexen immer weiter ausdehne, nun sogar bis auf den Kiez. Es gefällt ihnen nicht, dass sich die Reeperbahn in den vergangenen Jahren so verändert hat, dass Investoren dort gerne Bürogebäude und Vier-Sterne-Hotels bauen.

"Reeperbahn-affine Nutzung"

Die Strabag hat nach eigener Auskunft 30 Standorte für den Sitz ihrer Hamburger Niederlassung geprüft - und sich "sehr bewusst für die Reeperbahn entschieden". Sein neues Umfeld beschreibt das Unternehmen blumig als "relevanten Ort, an dem Kreativität, Modernität und Urbanität unverwechselbar aufeinandertreffen". Um die Vorbehalte zu entschärfen, versichern der Architekt und der Bauherr, mit den "Tanzenden Türmen" ein Teil des Stadtteils werden zu wollen.

Sie planen eine "Reeperbahn-affine Nutzung" des Erdgeschosses - dort soll der legendäre Mojo-Club einziehen, der jahrelang in dem Gebäude logierte, das nun abgerissen wird. Damit ebenerdig auch tagsüber Leben herrscht, soll der Club ein Café einrichten. Im Untergeschoss sind Räume für Veranstaltungen geplant. Auch das oberste Stockwerk der beiden Türme - der eine hat 23, der andere 24 Stockwerke - soll für die Allgemeinheit zugänglich sein. Vermutlich wird dort ein Restaurant einziehen.

Etwas mehr als 88 Meter hoch sollen die "Tanzenden Türme" in den Himmel ragen. Teherani erklärt, dass der "weltweit bekannten Straße bislang die vertikale Dominante" fehle - "eine Reihe von Flachbauten" könne die Bedeutung der Reeperbahn nicht vermitteln. Teherani meint die tristen, zweistöckigen Bauten am Rande der Straße. Auch in ihnen stecken Musik und Sex - aber nur als käufliche Ware.

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