Hochhaus-Architektur:Urbane Leuchttürme

Die Münchner HighLight Towers verkörpern ein gelungenes Zusammenspiel von Ästhetik, technologischem Fortschritt und Komfort.

Von Michael Birnbaum

Wer schreibt, der bleibt, heißt eine Volksweisheit. Und eine andere meint zu wissen: Wer baut, der findet Geld.

Hochhaus-Architektur: Die "Leuchttürme" moderner Großstädte, sind, wie im Mittelalter die Kirchtürme, Orientierungspunkte für Raum und Richtung und zugleich Antwort auf die Notwendigkeit zu effizienterer Flächennutzung in immer dichter besiedelten Kulturlandschaften.

Die "Leuchttürme" moderner Großstädte, sind, wie im Mittelalter die Kirchtürme, Orientierungspunkte für Raum und Richtung und zugleich Antwort auf die Notwendigkeit zu effizienterer Flächennutzung in immer dichter besiedelten Kulturlandschaften.

(Foto: Foto: A. Heddergott / SZ)

Wenn das nur wirklich immer so einfach wäre. Um ein Hochhaus zu bauen und erfolgreich zu vermarkten, bedarf es mehr als des festen Glaubens an den Volksmund. Wie immer bei Immobilien muss die Lage stimmen.

Aber gerade bei Hochhaus-Neubauten wird zu Recht erwartet, dass innen die Flächen ohne große Umstände an ganz unterschiedliche Mieterbedürfnisse anzupassen sind, zudem alle Räume idealerweise von Sonnenlicht durchflutet werden und dabei dennoch die Energiebilanz ökologisch vorbildlich ist.

Die äußere Form wiederum sollte mit klarem Strich charaktervoll gezeichnet sein und das Stadtbild damit weiterentwickeln. Kurz: Das ganze Gebäude muss prestigeträchtig und mit allen modernen Annehmlichkeiten ausgestattet sein - und sich dabei am Ende auch noch rechnen. Die Quadratur des Kreises scheint dagegen eine leichte Übung zu sein.

Ein Franke in Chicago

Und dennoch gelingen immer wieder Hochhausbauten, die den meisten dieser Ansprüche gerecht werden. Zumeist sind diese Symbole Form gewordener Geschichte mit Namen von Architekten wie der Briten David Chipperfield oder Sir Norman Foster, des Spaniers Santiago Calatrava oder des Amerikaners Richard Meier verbunden.

Auch der Franke Helmut Jahn gehört dazu. Jahn, der als Erbe der Bauhaus-Architektur von Chicago aus wirkt, hat in Frankfurt den Messeturm, in Berlin das Sony Center oder in Bangkok den Flughafen entworfen und gebaut, um nur einige seiner jüngsten aus Stahl oder Stein und Beton gemeißelten Persönlichkeiten aufzulisten.

Urbane Leuchttürme

Denn darum geht es: Persönlichkeiten zu schaffen, die durch ihren Charakter überzeugen, die innere Werte in anschaulicher äußerer Form repräsentieren. Hochhäuser werden allzu einäugig gleichgesetzt mit Sinnbildern der Macht. Vielmehr sind sie die "Leuchttürme" moderner Großstädte, sind, wie im Mittelalter die Kirchtürme, Orientierungspunkte für Raum und Richtung und zugleich Antwort auf die Notwendigkeit zu effizienterer Flächennutzung in immer dichter besiedelten Kulturlandschaften.

Der Architekt ist nicht nur Künstler

Ebenso ist das Urteil vorschnell, der Architekt sei allein Künstler. Architekten werden fälschlicherweise meist nur mit der Ästhetik assoziiert. Von ihnen werden vielmehr neue Lösungen für mehr Komfort und mehr Annehmlichkeiten erwartet, mehr Energieeffizienz, Sparsamkeit und ökologische Verträglichkeit. Kommerzielle Architektur soll alles miteinander verbinden: Kunst und Kosten, Ästhetik und Effizienz, Stadtbild und Ökologie.

Große Architekten-Namen stehen deshalb auch für technischen Fortschritt. "Das Bauen", sagt Helmut Jahn, Architekt der HighLight Towers im Münchener Norden, "zählt heute zu den rückständigsten Produktionsformen." Architekten wie Jahn treiben deshalb die technische Modernisierung voran: neue Materialien, das transparente Spiel mit Stahl und Glas, neue statische Lösungen, um Schlankheit mit Höhe zu paaren wie bei den HighLight Towers, die ohne Betonkern auskommen und stattdessen wie Fachwerkhäuser konstruiert sind. Oder die Idee von Lüftungsflügeln, die auch im 33. Stock das "Öffnen" der Fenster ermöglichen und damit Frischluft ins Hochhaus-Büro transportieren.

Der Architekt als Erfinder übermenschlicher Zauberformeln also, der nicht nur zukunftsfähige Hochhäuser hervorbringt, sondern dadurch auch dabei hilft, als Personifikation der Immobilie deren Vermarktung zu befördern. Denn ein Gebäude, entstanden aus der schöpferischen Kraft eines Norman Foster oder Helmut Jahn, verkörpert Renommee, das aus der Bündelung von Ästhetik, Effizienz und Modernität entsteht.

Urbane Leuchttürme

Produktive Trias

Dabei ist Bauen weniger Einzelleistung denn Mannschaftssport. Architekten sind zwar oft die Helden. Aber, um die HighLight Towers nochmals als Bei-spiel anzuführen: Es braucht den Visionär zusammen mit dem Realisten und dem Praktiker, um so etwas zustande zu bringen. Gemeint sind damit Architekt, Statiker und Generalbauunternehmer.

Erst mit dieser Trias an einem Tisch ist das "Tor" im Münchner Norden, sind die HighLight Towers möglich geworden. Wobei es eben den Architekten als Visionär braucht, um anzutreiben und den Realisten und den Praktiker über die eingeübten Grenzen mitzunehmen - solange dies den Rahmen des Vierten im Bunde, des Financiers, nicht sprengt.

Und dann müssen alle Beteiligten wie Eltern das Loslassen üben. Denn darin sind Hochhaus-Immobilien Kindern ähnlich, wenn sie von den Mietern bezogen werden und anfangen, ihr eigenes Leben zu führen. Natürlich machen sie nicht alles richtig, aber auch nicht so viele Fehler, "wie wir Eltern glauben", sagt Helmut Jahn. Da gilt es, Toleranz zu üben. Denn, um Jahn zu zitieren: "Erst mit der Zeit zeigt sich, ob ein Gebäude auch langfristig effizient funktioniert. Nur dadurch beweist es seine Gültigkeit und geht in die Geschichte ein."

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: