Hedgefonds und der Euro:Speed Dating für die Spekulanten

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Ein schickes New Yorker Restaurant, prominente Hedgefondsmanager an den Tischen - und später stürzt der Euro ab. Ein Pakt der Fonds oder nur eine fragwürdige Verschwörungsthese?

M. Zanchi u. M. Zydra

Die Nachricht vom Abendessen der prominenten Hedgefondsmanager in einem New Yorker Restaurant Anfang Februar ging um die Welt. An diesem Tag, so meldete das Wall Street Journal auf der ersten Seite, hätten sich anwesende Hedgefonds darauf geeinigt, gegen den Euro zu spekulieren.

Zeit ist Geld: Hedgefonds suchen die Schwäche im System, doch den Euro kippen können sie nicht - jedenfalls nicht ohne weiteres. (Foto: sz.sonstige)

Die Wucht der Meldung war enorm, in Europa fühlte man sich erneut bestätigt, dass Hedgefonds furchtbare Monster sind. In den USA hat sich nach dem Bericht sogar das Justizministerium eingeschaltet - wegen Verdachts auf Marktmanipulationen durch Hedgefonds. Der griechische Premier George Papandreou bedankte sich dafür auch offiziell bei US-Präsident Barack Obama. Haben Hedgefonds tatsächlich den Euro oder Griechenland in die Knie gezwungen?

Der Hedgefondsmanager John Taylor verwaltet den weltweit größten Devisen-Hedgefonds FX Concepts. Taylor hat schon seit vielen Monaten immer wieder behauptet, dass der Euro angezählt sei. Genau deshalb wettet er auch auf den Verfall der Währung. Doch riesige Gewinne hat er damit nicht gemacht. Im ersten Quartal brachten seine Spekulationen auf den fallenden Euro eine Rendite von 2,9 Prozent, sein Fonds machte insgesamt 7,9 Prozent Profit nach Abzug der Gebühren. Mit dem südafrikanischen Rand hat Taylor mehr Geld verdient, heißt in einem Brief Taylors an seine Kunden.

Die Krux mit der Terminplanung

Das überrascht, denn seit Jahresbeginn büßte der Euro gegen den Dollar etwa 20 Prozent ein. Und der größte Devisen-Hedgefonds macht nur 2,9 Prozent Rendite? Das bedeutet: Offenbar hat sich Taylor nicht getraut, voll auf seine Skepsis gegenüber dem Euro zu setzen. So hat er deutlich weniger Profit erzielt, als bei vollem Risiko möglich gewesen wäre. Außerdem scheint es sogar für einen Profi sehr schwer zu sein, genau die richtigen Termine zum Kaufen und Verkaufen zu erwischen. Spekulieren ist doch nicht so einfach wie gedacht.

Außerdem zeigt der Blick auf Taylors Fonds, dass die Wetten gegen den Euro nur einen kleinen Teil der gesamten Anlagen ausmachten. Dies widerspricht dem öffentlichen Bild, dass sich die Hedgefonds in den vergangenen Monaten vor allem auf den Euro einschossen.

Dennoch hält sich der schlechte Ruf der Hedgefondsbranche, was auch gute Gründe hat. Von den weltweit 7000 Fonds rechnen Experten höchstens einige 100 Produkte zum wirklich seriösen Spektrum. Zudem hat der Betrugsfall Bernard Madoff die Industrie nachhaltig blamiert - schließlich haben auch Hedgefonds selbst in das Schneeballsystem des mittlerweile verurteilten Amerikaners investiert. Deshalb kam der Bericht von dem angeblichen Geheimtreffen der Hedgefonds auch so gut an: Er bestätigte Vorurteile.

Die Columbia Journalism Review hat schon frühzeitig darauf hingewiesen, wie fragwürdig die Verschwörungsthese sei. Schließlich habe das Abendessen in einem öffentlichen Restaurant stattgefunden. Außerdem sei der Euro nur für wenige Minuten ein Thema gewesen, bestätigten mehrere Teilnehmer hinterher. Eine Verschwörung an einem öffentlichen Platz innerhalb weniger Minuten? Der globale Devisenmarkt setzt jeden Tag 3200 Milliarden Dollar um, der Euro gehört zu den am meisten gehandelten Währungen. Die erwähnten Hedgefonds verwalten vielleicht hundert MilliardenDollar. Das ist zu wenig, um eine Währung wie den Euro zu kippen. Auch wenn man berücksichtigt, dass sich manche Hedgefonds um ein Mehrfaches ihres Kapitals verschulden.

"Speed Dating" für die Finanzelite

Der Hedgefondsmanager David Einhorn war Teilnehmer des ominösen Treffens in New York. In einem persönlichen Brief an seine Kunden erläutert er den Hintergrund solcher Abendessen. "Wir besuchen mehrere Dutzend solcher Treffen im Jahr", schreibt Einhorn. Es fänden jährlich Tausende davon statt. "Man geht zu einem Tisch, jeder stellt eine Investmentidee vor, die dann kurz diskutiert wird", so Einhorn. Diese Veranstaltungen haben den Charme von "Speed Dating", der modernen Form der Partnersuche - nur dass die Investmentprofis gute Ideen suchen.

John Taylor übrigens ist weiterhin sehr skeptisch gegenüber dem Euro, bis Anfang 2011 könne der Wechselkurs zum Dollar auf Parität absinken, schreibt er. Derzeit notiert der Euro bei 1,23Dollar.

© SZ vom 29.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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