Haus kaufen:Worauf muss ich bei einer soliden Baufinanzierung achten?

Finanzierungsplan Kredit Kreditrahmen

Kann ich mir das leisten? Wer einen Hauskauf plant, sollte einen realistischen Finanzierungsplan erstellen.

(Foto: dpa-tmn)

Wie viel Eigenkapital brauche ich mindestens, was gilt es derzeit beim Verhältnis Zins und Tilgung zu beachten und was ist noch mal eine Vorfälligkeitsentschädigung? Tipps für einen durchdachten Finanzierungsplan vor dem Immobilienkauf.

Von Eva Dignös

Die eigene Wohnung, das eigene Haus sind für die meisten Immobilienkäufer wohl die größte Investition, die sie in ihrem Leben tätigen. Umso sorgfältiger sollte sie durchdacht sein - zumal die Finanzierung oft über Jahrzehnte ein fixer Ausgabeposten bleiben wird.

Am Beginn einer Immobilienfinanzierung steht deshalb der Finanzierungsplan: Der Kaufpreis wird dem vorhandenen Eigenkapital gegenübergestellt, die Differenz muss mit fremdem Kapital aufgebracht werden.

Aber Achtung: Mit dem reinen Kaufpreis ist es in der Regel nicht getan. Hinzu kommen Nebenkosten wie Grunderwerbsteuer, Maklerprovision, Notar- und Gerichtskosten, die etwa zehn Prozent der Kaufsumme ausmachen können sowie je nach Zustand der Immobilie noch Ausgaben für die Renovierung. "Die Nebenkosten sind in den letzten Jahren gestiegen, weil fast alle Bundesländer die Grunderwerbsteuer erhöht haben", gibt Jörg Sahr zu bedenken, Finanzexperte bei der Stiftung Warentest.

Mindestens die Kaufnebenkosten

"Im Idealfall deckt das Eigenkapital die kompletten Nebenkosten sowie mindestens 20 Prozent des Kaufpreises ab", sagt Sahr und schränkt zugleich ein: "In der Praxis haben viele diese Mittel jedoch nicht." Absolutes Muss sei aber ein Eigenkapital in Höhe der kompletten Nebenkosten. Im Einzelfall gelte es abzuwägen: Immobilienkäufer mit sicheren Jobs und hohem Einkommen könnten eine größere monatliche Belastung tragen als selbstständige Existenzgründer. Von einer Finanzierung ganz ohne Eigenkapital rät Sahr ab: Die Banken ließen sich das größere Risiko mit einem massiven Zinsaufschlag auf den gesamten Kredit bezahlen.

Das Eigenkapital sorgt aber nicht nur für niedrigere monatliche Raten: "Es dient auch als Sicherheitspuffer für den Fall, dass man die Immobilie verkauft, noch während die Finanzierung läuft", sagt Sahr. Denn je höher das Eigenkapital, desto geringer ist das Risiko, dass der Verkaufserlös nicht ausreicht, um den Kredit abzuzahlen.

Neben dem Eigenkapital ist die monatliche Belastung, die man langfristig zu leisten hat, für die Immobilienfinanzierung entscheidend. "40 Prozent vom Nettoeinkommen sollten maximal fürs Wohnen ausgegeben werden", nennt Thomas Hentschel, Finanzreferent der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, als Faustformel bei einer Immobilie, die man selbst bewohnen möchte. "Darin müssen dann aber auch die Nebenkosten für den Unterhalt der Immobilie enthalten sein", betont er. 2,50 bis drei Euro pro Quadratmeter seien hier ein realistischer Wert.

Mögliche Belastungen vorhersehen

"Luftschlösser sind schnell gebaut", mahnt auch Peter Breitfeld, Bauherrenberater des Bauherren-Schutzbundes in Berlin. Wichtig ist die nüchterne Bestandsaufnahme: Was passiert, wenn in einigen Jahren wegen eines Jobwechsels das Gehalt niedriger ausfällt? Oder wenn bei Paaren nur noch ein Partner verdient? Reicht das Einkommen auch dann noch für die monatliche Rate? Denn die muss jahrzehntelang geleistet werden: 20 bis 30 Jahre kann es durchaus dauern, bis eine Immobilie abbezahlt ist. "Und ein paar finanzielle Reserven für unvorhersehbare Notfälle sollten auch noch da sein", sagt Breitfeld

Wie viel Prozent Tilgung sind sinnvoll?

Die monatlich an die Bank zu leistende Rate setzt sich aus Zinsen und Tilgung zusammen. In kleinen Schritten wird das Darlehen zurückgezahlt. War lange Zeit eine Tilgung von einem Prozent des Darlehensbetrags üblich, macht derzeit das Zinstief höhere Tilgungssätze möglich (Stand Dezember 2015). Geld, das nicht für Zinsen aufgewendet werden muss, kann in die Rückzahlung fließen. Der große Vorteil: Man ist seine Schulden schneller wieder los und zahlt damit auch insgesamt weniger Zinsen.

Konkret kann das folgendermaßen aussehen: Wer ein Darlehen von 100.000 Euro zu einem Sollzinssatz von zwei Prozent und mit einer anfänglichen Tilgungsrate von einem Prozent aufnimmt, zahlt im Monat 250 Euro. Schuldenfrei ist er erst nach etwa 55 Jahren. Die Zinskosten summieren sich in dieser Zeit auf insgesamt knapp 65.000 Euro. Entscheidet sich der Kreditnehmer für eine Anfangstilgung von drei Prozent, zahlt er zwar mit 416 Euro eine höhere monatliche Rate, ist aber nach etwa 25 Jahren schuldenfrei. Die Zinskosten belaufen sich in diesem Fall auf rund 28.000 Euro.

Verbraucherschützer Hentschel warnt sogar ausdrücklich davor, derzeit einen Kreditvertrag mit einer Tilgung von nur einem Prozent abzuschließen. "Die niedrigen Raten mögen verlockend klingen, aber wenn zum Ende der Laufzeit die Zinsen dann beispielsweise bei sieben Prozent liegen, steigt die Belastung schlagartig."

Variable Tilgung

Eine sinnvolle Alternative könne ein Vertrag mit variabler Tilgung sein, sagt Hentschel: Dabei darf der Tilgungssatz während der Zinsbindungsfrist meist zwei- bis dreimal geändert werden, beispielsweise wenn ein Partner in die Babypause geht und ein Einkommen wegfällt.

Eine andere Möglichkeit, den Kredit während der Laufzeit zurückzuzahlen, sind Sondertilgungen. Sie bieten sich an, wenn man beispielsweise eine Erbschaft gemacht hat oder eine Lebensversicherung fällig wird. Sondertilgungsmöglichkeiten werden im Darlehensvertrag festgelegt. Die Flexibilität hat ihren Preis: "Da diese Option bei der Bank zusätzliche Refinanzierungskosten verursacht, sind diese Darlehensvarianten teurer als herkömmliche Festzinskredite", sagt eine Sprecherin des Bundesverbandes deutscher Banken.

Langfristige Sondertilgungsrechte gegen Zinsaufschlag

Ein jährliches Sondertilgungsrecht von bis zu fünf Prozent der Kreditsumme ist bei vielen Banken noch kostenlos. Zehn Prozent im Jahr gibt es dagegen meist nur gegen Zinsaufschlag. "Man sollte sich deshalb gut überlegen, ob man so hohe Sondertilgungsmöglichkeiten überhaupt braucht", betont Jörg Sahr. Wer tatsächlich in den nächsten Jahren schon sicher mit einer größeren Summe rechnen könne, die in die Darlehenstilgung fließt, der sollte für einen Teil des Darlehens eine kürzere Sollzinsbindung wählen.

Vorfälligkeitsentschädigung zugunsten der Bank

Zusätzliche Kosten fallen auch an, wenn man einen Kredit vor dem Ende der vereinbarten Laufzeit zurückzahlt. Die außerordentliche Kündigung eines grundpfandrechtlich gesicherten Festzinsdarlehens während der Laufzeit der Zinsbindungsfrist sieht das Gesetz nur für den Fall vor, "wenn das finanzierte Haus aus privaten Gründen - zum Beispiel Umzug oder Scheidung - verkauft werden soll. Möglich ist allerdings auch eine freiwillige Einigung mit der Bank", erläutert die Bankenverbandssprecherin.

Zu zahlen ist dann eine sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung, die den wirtschaftlichen Nachteil für die Bank ausgleicht. Sie bemisst sich unter anderem nach der Restlaufzeit des Darlehens sowie dem Zinsniveau zum Zeitpunkt der Rückzahlung. In allen anderen Fällen - wenn ein Kunde beispielsweise das niedrige Zinsniveau für eine Umschuldung nutzen möchte - liegt es weitgehend im Ermessen der Bank, ob und zu welchem Preis sie ihn aus dem Vertrag entlässt.

Eine Ausnahme allerdings gibt es, erläutert Finanzierungsexperte Hentschel. Wenn der Zins über zehn Jahre hinaus fest vereinbart ist, besteht nach Ablauf die Möglichkeit, das Darlehen mit einer Sechs-Monats-Frist entschädigungslos zu kündigen. Die Zehn-Jahres-Frist beginnt ab dem Tag, an dem der Kunde das Darlehen vollständig erhalten hat. Ein Ausstiegsrecht haben Darlehensnehmer auch bei Krediten mit variabler Verzinsung: Sie können mit einer Frist von drei Monaten jederzeit und ohne Vorfälligkeitsentschädigung gekündigt werden.

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