Hartz-IV-Urteil:Teurere Lage - das Amt zahlt

Hartz-IV-Empfänger dürfen ihren Wohnort jederzeit wechseln. Wird die Unterkunft dadurch teurer, muss der Staat nach einem Urteil des Bundessozialgerichtes dafür aufkommen.

Das Grundrecht der freien Wahl des Wohn- und Aufenthaltsortes gilt auch für Hartz-IV-Empfänger - der Staat muss ihnen den Umzug in eine andere, teurere Stadt ermöglichen.

Triste Betonwüste

Triste Betonwüsten: Ein Kind läuft in einem Hochhaus in Meschenich bei Köln an Briefkästen vorbei. Hartz-IV-Empfänger dürfen nur in angemessen teuren Wohnungen wohnen. Wenn die Unterkünfte aber durch einen Umzug in eine teurere Stadt kostspieliger werden, muss der Staat die Mehrkosten übernehmen.

(Foto: dpa)

Das Jobcenter ist bei einem Wohnortwechsel verpflichtet, die höheren Unterkunftskosten voll zu übernehmen. Voraussetzung ist, sie sind noch angemessen sind, wie das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel urteilte. Nur innerhalb einer Kommune würden die gesetzlichen Regelungen den Umzug von einer billigen in eine teurere Wohnung verbieten. In diesem Fall bekommt der Arbeitslose nur seine ursprüngliche, kostengünstige Miete erstattet.

Damit gaben die Richter einem 57-jährigen Musiker recht, der erst von Berlin in ein fränkisches Dorf bei Erlangen zog. Dort zahlte der Mann 193 Euro Warmmiete. Als er zwei Jahre später im Jahr 2008 wieder zurück nach Berlin zog, lebte er in einer 300 Euro teuren, aber noch angemessenen Wohnung.

Grundsatz der Freizügigkeit

Konkrete Gründe für den Umzug, beispielsweise ein vorliegendes Jobangebot, gab es nicht. Das Jobcenter Steglitz-Zehlendorf wollte die vollen Unterkunftskosten nicht übernehmen. Der Hartz-IV-Empfänger habe ohne Grund mit seinem Umzug höhere Unterkunftskosten verursacht. Er hätte sich zudem eine Unterkunft suchen können, die genauso billig wie in Bayern sei.

Der Kläger wandte ein, dass die Berliner Unterkunft nach den Hartz-IV-Regelungen als angemessen gilt. Müssten Arbeitslose bei einem Umzug in eine andere Stadt immer für die höheren Unterkunftskosten selbst aufkommen, würde das bedeuten, dass man immer am günstigen Wohnort bleiben müsse. Dies widerspreche den in der Verfassung geschützten Grundsatz der Freizügigkeit.

Das sah auch der 4. Senat so. Das Jobcenter müsse die vollen Unterkunftskosten zahlen, da die Wohnung in Berlin angemessen sei. Die Behörde dürfe die Unterkunftskosten bei einem Umzug in eine andere Stadt nicht auf die ursprüngliche Miete begrenzen. (Aktenzeichen B 4 AS 60/09 R).

Nacht und Sonntagszuschläge dürfen angerechnet werden

Das Bundessozialgericht entschied zudem, dass Geringverdiener, die ergänzende Hartz-IV-Leistungen bekommen, sich die Zuschläge für Nachtschichten sowie für Arbeit an Sonn- und Feiertagen voll als Einkommen anrechnen lassen müssen. Das BSG wies damit die Klage eines Wachmanns aus Sachsen ab. (Az: B 4 AS 89/09 R).

Die für die Hartz-IV-Leistungen zuständige Arbeitsgemeinschaft in Dresden hatte die Zuschläge angerechnet und entsprechend weniger Hilfe gezahlt. Dagegen wehrte sich der Wachmann mit dem Argument, Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschläge seien zweckbestimmte Leistungen, die bei Hartz IV nicht als Einkommen zu berücksichtigen seien.

Dem widersprach nun das BSG: Weder steuer- oder arbeitsrechtlich, noch nach dem Arbeitsvertrag des Wachmanns seien die Zuschläge für einen konkreten Verwendungszweck vorgesehen und gebunden.

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