Grundbuch:Wer hineinschauen darf

GRUNDBUCHAMT FRANKFURT (ODER)

Wer Einsicht ins Grundbuch erlangen will, muss ein berechtigtes Interesse haben, so etwa Mieter nach einem Verkauf des Grundstücks.

(Foto: dpa)

Der Gesetzgeber hat den Zugriff auf die Daten beschränkt. So soll verhindert werden, dass Immobilienbesitzer ohne ihr Wissen ausgeforscht werden.

Von Sabine Richter

Wem gehört das Haus, wie viele Schulden lasten auf der Immobilie? Wer über diese Fragen sicher Auskunft haben will, muss ins Grundbuch schauen. Doch einfach einsehen können Interessenten die Grundbucheinträge nicht. Da im Grundbuch Daten zum Vermögen und den auf einem Grundstück oder Gebäude lastenden Hypotheken oder Grundschulden festgehalten sind, hat der Gesetzgeber den Zugriff darauf beschränkt. So soll verhindert werden, dass Immobilienbesitzer ohne ihr Wissen ausgeforscht werden.

"Es ist ein berechtigtes Interesse nötig", erklärt Torsten Flomm, Vorsitzender des Hamburger Grundeigentümer-Verbandes, "und dies liegt im Ermessen des Grundbuchamts." Einsicht bekommen etwa Notare oder Banken, wenn das Grundstück beliehen werden soll. Auch ein Mieter dürfte einen Anspruch haben, muss den aber begründen. Zum Beispiel wenn er nach dem Verkauf des Grundstücks wissen möchte, wer der Erwerber und damit der neue Vermieter ist. Potenzielle Käufer können Grundbucheinsicht beantragen, um darüber Auskunft zu erhalten, ob das Grundstück tatsächlich im Besitz des Verkäufers ist und von ihm veräußert werden kann. Wenn der Eigentümer (mit einer Vollmacht) der Einsicht zustimmt, erübrigt sich die Begründung.

Die Grundbücher sind mittlerweile in allen Bundesländern digitalisiert. Über die zentrale Website www.grundbuch-portal.de kann man Einsicht beantragen. Die Einsichtnahme ist kostenpflichtig und an die Erfüllung von Zulassungskriterien geknüpft. Zum uneingeschränkten Abrufverfahren sind jedoch Gerichte, Notare, Behörden und öffentlich bestellte Vermessungsingenieure zugelassen. Als Besonderheit kann auch die Presse Grundbucheinsicht erhalten. Hier wird das öffentliche Interesse als berechtigtes Interesse verstanden, was die Einsicht rechtfertigen kann. Auch hier wird jedoch im Einzelfall entschieden, ob das Interesse ausreichend begründet ist.

Dass die Grundbücher in anderen Ländern transparenter sind, hat historische Gründe. Ein absolutes Eigentumsrecht nach deutschem Verständnis gibt es zum Beispiel in Großbritannien begrifflich nicht. Die bis heute übliche Terminologie "freehold" und "leasehold" verdeutlicht den Ursprung aus dem Lehnswesen. Alles Land gehört eigentlich der Krone, und es werden nur Nutzungsrechte verliehen. In der Praxis werden - zumindest seit 1925 auch in Großbritannien - die Grundstücke und deren Berechtigte sowie Lasten und Rechte erfasst. "Und ein englischer ,freeholder' fühlt sich nicht weniger als Vollberechtigter an seinem Grund und Boden als ein deutscher Eigentümer", erklärt Torsten Flomm.

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