Griechenland: Rettungsfonds:Finanzfeuerwehr für Europa

Athen ringt ums finanzielle Überleben: Die Eurozone will einen permanenten Krisenmechanismus schaffen - von dem könnten auch andere notleidende Länder profitieren.

Cerstin Gammelin

Finanzhilfen für Griechenland werden immer wahrscheinlicher. "Die Vorbereitungen verlaufen zufriedenstellend", sagte Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker am Freitag in Madrid. Ab Montag beraten die EU-Kommission, die Europäische Zentralbank und der Internationale Währungsfonds erstmals über Höhe und Konditionen.

Noch nicht offiziell gefragt

Juncker betonte, die Regierung in Athen habe bisher nicht offiziell um finanzielle Hilfe gebeten. "Uns liegt keine Anfrage vor", sagte er. Bevor dies nicht geschehe, werde auch kein Geld nach Griechenland fließen. Die Finanzminister der 16 Euroländer waren am Freitag in Madrid zu informellen Beratungen zusammengekommen. Am Tag zuvor hatte die griechische Regierung die Europäische Kommission, die Europäische Zentralbank (EZB) und den Internationalen Währungsfonds (IWF) schriftlich gebeten, gemeinsam einen mehrjährigen Wirtschaftsplan zu erarbeiten, der durch "finanzielle Unterstützung" begleitet werden könnte.

Die amtierende EU-Ratsvorsitzende und spanische Finanzministerin Elena Salgado sagte in Madrid, die Griechen seien nun "die ersten Schritte gegangen". Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen erklärte die Euroländer im Falle möglicher Finanzhilfen für "handlungsfähig". Wenn nötig, könnte der bereits beschlossene Hilfsmechanismus durch einen einstimmigen Beschluss der Staats- und Regierungschefs der Euroländer ausgelöst werden.

Am vergangenen Sonntag hatten die EU-Finanzminister dem hochverschuldeten Partner im äußersten Notfall ein dreijähriges Hilfsprogramm zugesagt, das in diesem Jahr bilaterale Darlehen von bis zu 30 Milliarden Euro vorsieht, die anteilig auf alle Euroländer verteilt werden. Deutschland müsste bis zu 8,4 Milliarden Euro Kredithilfe übernehmen.

Verschuldung mehrfach nach oben korrigiert

Dass der IWF jetzt erstmals detaillierten Einblick in die griechischen Staatsfinanzen bekommt, liegt offensichtlich auch am Zeitdruck. Am Mittwoch der kommenden Woche wird die europäische Statistikbehörde Eurostat die korrigierten Defizitzahlen für Griechenland veröffentlichen. Zuletzt hatte das Land seine Verschuldung mehrfach nach oben korrigieren müssen, weshalb sich die Kreditwürdigkeit des Landes dramatisch verschlechtert hatte und die Regierung in Athen immer höhere Zinsen für geliehenes Geld zahlen muss. Die Euro-Finanzminister wollten sich in Madrid nicht zu den neuen Zahlen äußern. Asmussen bestätigte jedoch, dass sie intern bekannt sind.

Die Finanzminister der Euroländer einigten sich in Madrid zudem darauf, einen permanenten Krisenmechanismus einzurichten, um künftige Finanzkrisen in Euroländern zu vermeiden und hochverschuldete Länder im äußersten Notfall zu retten. "Ein solcher Mechanismus ist notwendig", sagte Jean-Claude Juncker. "Wir haben Mängel bei unserem Überwachungssystem entdeckt und in unserem Arsenal für Reaktionen. Es geht darum, diese Schwächen zu beseitigen", erklärte der Luxemburger Premier.

Wirtschafts- und Währungskommissar Olli Rehn kündigte an, Mitte Mai einen entsprechenden Vorschlag vorzulegen. Seiner Ansicht nach könne ein permanenter Krisenmechanismus wie ein Hilfsfonds der Euroländer funktionieren. Mögliche Hilfe müsse jedoch mit so strengen Auflagen verbunden sein, dass diese potentielle Schuldner eher abschrecken. Wer in den Fonds einzahlen solle und welches Budget er umfassen könnte, sagte Rehn nicht. Der Kommissar räumte ein, dass außer Griechenland weitere Länder gefährdet seien. Auch für Portugal gebe es "kurzfristige Risiken". Sollte die Regierung in Lissabon diese nicht beseitigen können, müsse das Land zusätzliche Maßnahmen ergreifen, sagte Rehn.

Die Pläne der Europäischen Kommission sollen eng mit denen des Europäischen Rates abgestimmt werden. Dort erarbeitet eine Task-Force unter Vorsitz von Ratspräsident Herman Van Rompuy bis Jahresende Vorschläge für die EU-Mitgliedsländer, wie diese ihre Wirtschafts- und Haushaltspolitik enger koordinieren können. Asmussen betonte, nationales Budgetrecht werde dabei "nicht angetastet". Ansonsten sei Deutschland offen für alle Vorschläge, "auch wenn dafür die EU-Verträge geändert werden müssten". Die Arbeitsgruppe tagt im Mai zum ersten Mal.

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