Gläserner Steuerbürger:Kein großes Geheimnis mehr

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Der Fiskus kann inzwischen auf vielerlei Wegen kontrollieren, ob Steuerbürger ehrlich sind. Die Kontenabrufe, die das Bundesverfassungsgericht jetzt für zulässig erklärt hat, sind nur eine Maßnahme unter vielen.

Das Bankgeheimnis bröckelt schon seit langem. Die umstrittenen Kontenabrufe, die das Bundesverfassungsgericht am Donnerstag für zulässig erklärt hat, sind nur eine Maßnahme von diversen weiteren gewesen. Anleger haben es daher zunehmend schwer, Erträge vor dem Finanzamt zu verschweigen.

Freistellungsaufträge: Sie zählen zu den ältesten Informationsquellen des Fiskus. Hat ein Sparer seiner Bank solch einen Auftrag erteilt, zahlt das Institut bis zur Höhe des Sparerfreibetrags von derzeit 801 Euro (inklusive Werbungskostenpauschale) für Einzelveranlagte (1602 Euro für Verheiratete) alle Zinsen und Dividenden ungekürzt aus.

Gleichzeitig aber teilen die Banken seit 1999 dem Bundeszentralamt für Steuern (früher: Bundesamt für Finanzen) jährlich mit, in welcher Höhe der Kunde seinen Freistellungsauftrag in Anspruch genommen hat. Das Finanzamt kann die Daten vom Bundeszentralamt für Steuern abfragen.

2002 wurde die Meldepflicht für die Banken noch verschärft. Seither teilen sie auch mit, wie sich der in Anspruch genommene Sparerfreibetrag aufteilt, also welcher Betrag davon auf Zinsen entfiel und welcher auf Dividenden.

Das Bundeszentralamt für Steuern ist eine Bundesoberbehörde, die dem Finanzministerium unterstellt ist. "Der Trend geht damit auch hier klar in Richtung einer weiteren Durchlöcherung der Abschirmwirkung der Banken", sagt Ulrich Derlien, Steuerberater bei der Münchner Kanzlei Peters, Schönberger & Partner.

Jahresbescheinigungen: Seit 2004 müssen Banken ihren Kunden einmal jährlich alle Einkünfte wie Zinsen, Dividenden und auch Verkäufe von Wertpapieren auflisten. Diese Jahresbescheinigung dient bislang allein der Information des Steuerzahlers und soll ihm das Ausfüllen seiner Steuererklärung erleichtern.

Eine Pflicht zur Vorlage der Jahresbescheinigung beim Finanzamt besteht nicht. Mit der für 2009 beschlossenen Einführung einer pauschalen Abgeltungsteuer auf Kapitaleinnahmen sollen sie ohnehin wieder wieder abgeschafft werden. "Die in der Praxis nicht unumstrittenen Jahresbescheinigungen sind dann obsolet, da alle benötigten Daten künftig Gegenstand einer neu gestalteten Steuerbescheinigung sein sollen", sagt Derlien.

Kontrollmitteilungen: Seit 1. Juli 2005 informieren sich 22 der damals 25 EU-Staaten gegenseitig über die Zinserträge ihrer Bürger. 2007 nehmen erstmals auch die beiden neuen EU-Mitglider Rumänien und Bulgarien am Datenaustausch teil. Die Banken verschicken dabei grenzüberschreitende Kontrollmitteilungen, die letztlich bei dem Finanzamt des jeweiligen Steuerpflichtigen landen.

Nur Belgien, Österreich und Luxemburg haben sich in diesem Bereich das Bankgeheimnis bewahrt. Ebenso wie das Nicht-EU-Mitglied Schweiz behalten sie stattdessen von den Zinseinkünften ausländischer Kunden anonym eine Quellensteuer in Höhe von zunächst 15 Prozent ein, im Juli 2008 steigt sie auf 20 Prozent und im Juli 2011 auf 35 Prozent.

"Als Mittel zur Aufdeckung von Schwarzgeldern hat dieses Instrument allerdings versagt", sagt Derlien, "denn ausländische Banken halten einen Vielzahl von Kapitalanlagemöglichkeiten bereit, die keine Kontrollmitteilung zur Folge haben."

Steuernummer: Dabei dürfte es sich um eine der einschneidensten Maßnahmen für Steuerzahler handeln. Seit 1. Juli dieses Jahres vergibt das Bundeszentralamt für Steuern für jeden Bürger, vom Baby bis zum Rentner, eine persönliche Steuer-Identifikationsnummer. Sie wird zentral verwaltet und gilt ein Leben lang. Anders als die bisherige Steuernummer des Finanzamts wird sie also nicht nach einem Umzug in eine andere Stadt neu vergeben.

"Damit kann der Fiskus seine Steuerbürger und deren Einkünfte künftig lückenlos verfolgen", sagt Derlien. Er weist zudem darauf hin, dass auch eine Vielzahl anderer Behörden, wie Sozialbehörden, damit die Möglichkeit zum Datenabgleich erhalten.

Bargeldkontrollen: Seit 15. Juni gelten zudem innerhalb der EU strengere Regeln für Bargeldtransfers. So müssen alle Reisenden, die eine EU-Grenze überschreiten, mitgeführte Barmittel schon ab 10.000 Euro deklarieren. Bislang war das erst ab 15.000 Euro der Fall.

"Insgesamt kann man sagen, dass es für Steuersünder wiederum deutlich enger wird", so das Fazit Derliens. Er weist zudem auf ein im vergangenen Jahr in Kraft getretenes EU-Übereinkommen hin. "Auch in Österreich oder Belgien sind Konten nicht mehr unbedingt sicher vor deutschen Fahndern."

Denn seit Anfang vergangenen Jahres sei auch in Deutschland ein Abkommen zur Rechtshilfe in Strafsachen zwischen Mitgliedsstaaten der EU wirksam. Seither gelte: "Läuft gegen jemanden ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren, können deutsche Steuerfahnder zum Beispiel auch in Österreich anfragen, ob derjenige dort ein Konto oder Depot besitzt." Die ausländischen Kreditinstitute müssten dann umfassend Auskunft erteilen. "Das Bankgeheimnis bröckelt also auch dort", sagt Derlien.

© SZ vom 13.07.07 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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