Girokonto für Jedermann:Begehrte Bürgerkonten

Schätzungen zufolge haben in Deutschland etwa 670.000 Menschen noch immer kein Bankkonto. Die EU-Kommission will das ändern und einen Rechtsanspruch auf ein Girokonto einführen. Die Sparkassen bietet ein solches Konto schon an - mit großem Erfolg.

Von Daniela Kuhr, Berlin

Das neue Sparkassen-Girokonto für einkommensschwache Bürger stößt offenbar auf großes Interesse. Seit dem Start im vergangenen Oktober wurden etwa 80.000 Bürgerkonten eingerichtet. Das geht aus der Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage der SPD hervor, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Das Ministerium beruft sich dabei auf Schätzungen des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands. "Die große Zahl der bisher eingerichteten Basiskonten zeigt den enormen Bedarf für viele Menschen, die bisher unfreiwillig kein Girokonto bei ihrer Bank bekamen", sagt der SPD-Finanzexperte Carsten Sieling.

Nach Schätzungen der EU-Kommission haben in Deutschland 670.000 Menschen, die älter als 15 Jahre sind, kein Bankkonto. Die Banken verweigern es ihnen, weil sie beispielsweise Insolvenz angemeldet haben oder bei der Schufa mehrere negative Meldungen über sie gespeichert sind.

Kunden mit schlechter Kredit-Historie bringen kein Geld

Zwar hat die Deutsche Kreditwirtschaft schon 1995 empfohlen, dass jede Bank ein "Girokonto für Jedermann" anbietet, also ein Konto, das nur auf Guthabenbasis geführt wird. Doch halten sich die Institute daran nicht. Weil Kunden mit einer schlechten Kredit-Historie kein Geld bringen, haben Banken kaum Interesse an ihnen.

Für Sieling ist das ein "Skandal". Seit Oktober 2012 bieten immerhin die Sparkassen ein sogenanntes Bürgerkonto an. Es wird ausschließlich auf Guthabenbasis geführt, und die Gebühren sollen nicht höher sein als bei normalen Konten.

Auch die EU-Kommission hat das Thema auf dem Schirm. Sie will künftig allen Bürgern einen Rechtsanspruch auf ein Girokonto mit grundlegenden Funktionen geben. Anfang Mai hatte die Kommission dazu den Entwurf einer neuen Richtlinie vorgestellt. Demnach müsste in jedem Land mindestens eine Bank ein sogenanntes Jedermann-Konto im Angebot haben.

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