Gipfeltreffen in Toronto:Ehrgeizige G-20-Sparziele

Teilerfolg für Merkel: Die Staaten wollen ihre Haushalte sanieren, Streit über deutsche Exportüberschüsse bleibt aus. Doch die Kanzlerin scheitert am Vorschlag einer globalen Bankenabgabe.

N. Piper, C. Hulverscheidt und C. Wernicke, Toronto

Mit der Abschlusserklärung erzielte Bundeskanzlerin Angela Merkel einen Teilerfolg im transatlantischen Streit um den Kurs der Haushaltspolitik. Zwar heißt es im Text, das globale Wachstum sei nach der Finanzkrise immer noch "fragil" und müsse "ausbalanciert" werden, es findet sich aber kein Hinweis auf die Forderung von US-Präsident Barack Obama, Überschussländer wie Deutschland sollten sich notfalls weiter verschulden.

G20-Gipfel -  Merkel, Obama

G-20-Gipfel: Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Barack Obama in Toronto am Rande der G-20-Sitzung. In der Abschlusserkärung findet sich nichts über Obamas Forderung, dass Überschüssländer wie Deutschland sich notfalls weiter verschulden sollten.

(Foto: dpa)

Die G-20-Staaten setzten sich sogar Sparziele, die ehrgeiziger sind als die der Bundesregierung: Zum einen durch die geplante Halbierung der Haushaltsdefizite bis 2013; zum anderen soll von 2016 an überall der Anteil der Staatsschulden am Bruttoinlandsprodukt sinken.

Die Ziele hatte Kanadas Ministerpräsident Stephen Harper in einem Brief an die Teilnehmerstaaten formuliert. Wie es in Kreisen der Bundesregierung hieß, kamen sie dann auf Drängen Merkels und des britischen Premiers David Cameron in das Kommuniqué. Deutschland könnte die Ziele nur mittels eines weiteren Sparpakets erreichen, die Vorgabe der G 20 ist allerdings nicht bindend. Die Bundesregierung erklärte sich zudem zu Strukturreformen bereit. Im Mittelpunkt stehen die Gesundheitsreform und der Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit.

Dagegen räumte die Bundeskanzlerin ein, dass sich die G 20 nicht auf eine Bankenabgabe hätten verständigen können. Einige Länder, darunter Deutschland, Großbritannien, Frankreich und die USA, wollen eine solche Abgabe trotzdem einführen, um die Branche an den Kosten der Krise zu beteiligen und Geld für die Bewältigung künftiger Schieflagen einzusammeln.

"Dritter Weg"

Länder wie Japan oder Kanada lehnen sie aber weiterhin ab. Anders als ursprünglich geplant, wurde in Toronto ein genauer Fahrplan beschlossen, um Detailfragen der Bankenregulierung bis zum nächsten Gipfel im November in Seoul zu klären. Dabei wird über die Bankenabgabe auch noch einmal diskutiert, sie wird aber auf keinen Fall verbindlich eingeführt werden.

Ebenfalls keine Mehrheit gab es für eine Umsatzsteuer auf Bankgeschäfte, die sogenannte Finanztransaktionssteuer. Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy kündigten an, sich für eine einheitliche Regelung in der EU oder zumindest in den 16 Euro-Staaten einzusetzen. "Wir wollen nicht, dass die Steuerzahler für die Krise zahlen müssen", sagte Merkel.

In Berlin wird allerdings zugleich über einen "dritten Weg" nachgedacht, da die Transaktionsteuer auch Nachteile hat. So würden neben den Banken auch normale Unternehmen wie Siemens, BASF und Lufthansa getroffen, die sich über die Finanzmärkte unter anderem gegen schwankende Rohstoffpreise absichern. Auf die Steuer verzichten kann Merkel allerdings nicht, da sie die erwarteten Einnahmen bereits verplant hat.

Bei gewaltsamen Protesten gegen das Gipfeltreffen wurden mehrere Menschen leicht verletzt. Die teils vermummten Randalierer zertrümmerten mit Baseballschlägern Schaufensterscheiben und steckten Polizeiwagen in Brand. Etwa 400 Menschen wurden festgenommen.

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