Gewerbe-Immobilien:Weiter so

Markus Kreuter JLL

Markus Kreuter, Leiter Finanzierungsberatung beim Immobiliendienstleister JLL in Frankfurt, hat für den deutschen Markt drei unterschiedliche Zukunftsszenarien entworfen.

(Foto: JLL)

Wie geht es auf den gewerblichen Immobilienmärkten weiter? Markus Kreuter vom Beratungsunternehmen JLL hat 50 Experten aus der deutschen Branche nach ihren Prognosen gefragt. Daraus ergeben sich drei mögliche Szenarien.

Interview von Andreas Remien

Wie wirkt sich die fragile Weltlage auf das Geschäft mit Gewerbeimmobilien aus? Sind Bürotürme, Hotels oder Shopping-Center in Deutschland bereits überbewertet? Diese Diskussionen haben Markus Kreuter von JLL dazu veranlasst, 50 Experten aus der deutschen Immobilienbranche nach ihren Prognosen zu fragen.

SZ: Angesichts von Trump, Brexit und den Gefahren für Europa: Wie ist die Stimmung in der Branche?

Markus Kreuter: Die Mehrheit der Befragten ist entspannt - trotz allem. Die Experten rechnen zwar damit, dass es die eine oder andere Veränderung geben wird. Aber nicht damit, dass bald die Welt zusammenbricht.

Ein zunehmender Protektionismus würde aber doch die deutsche Wirtschaft und damit auch die Immobilienmärkte treffen.

Natürlich gibt es noch eine große Unsicherheit darüber, wie der Brexit aussehen wird. Und man weiß noch nicht, was Trump machen wird: Kommen die Zölle oder nicht? Laut unserer Befragung rechnet die Mehrheit aber damit, dass der weltweite Handel nur leicht beeinträchtigt wird. Gut ein Drittel erwartet keine Veränderung, neun Prozent erwarten sogar einen freizügigeren Handel.

Und was heißt das für die Konjunktur?

56 Prozent der Befragten rechnen mit einer Aufschwungphase oder sogar einem Boom, 40 Prozent mit einer Rezession. Deutlich mehr als die Hälfte der Experten erwarten also eine positive Entwicklung. Eine Depression halten nur vier Prozent für wahrscheinlich.

Einen starken Einfluss auf die Immobilienmärkte hätten steigende Zinsen. Schließlich wären dann Finanzierungen teurer und andere Anlageformen wieder attraktiver. Sind die Experten in der Zins-Frage auch so gelassen?

In der Tat rechnen 83 Prozent der befragten Immobilienprofis damit, dass wir in der Eurozone in zwei Jahren höhere Zinsen haben werden - allerdings nur leicht gestiegene. Und leicht höhere Zinsen belasten die Immobilienwirtschaft nicht. Die Investoren können das Geld auch weiterhin nicht bei den Hausbanken liegen lassen, wenn es dort nur eine geringe oder sogar eine Minusverzinsung gibt. Es gibt also weiterhin kaum Alternativen zur Immobilie. Und ein großer Zinsanstieg, der das ändern würde, wird in Europa in absehbarer Zeit nicht kommen. Das können wir uns im Hinblick auf die Haushalte in Italien oder Frankreich gar nicht leisten.

Es geht also weiter wie bisher?

Das ist unserer Befragung zufolge zumindest das Szenario mit der höchsten Wahrscheinlichkeit. Es wird Seitwärtsbewegungen geben, aber es wird keine Blase platzen. Wenn wir dies in konkrete Ereignisse übertragen, dann ergibt sich das folgende Bild 2019: Die Zinsen in den USA und Europa steigen leicht, die Konjunktur entwickelt sich gut, die Brexit-Verhandlungen verlaufen unspektakulär, bei den Wahlen setzen sich die etablierten Parteien durch. Für die gewerblichen Immobilienmärkte in Deutschland hieße das: Die Mieten steigen leicht an, die Nachfrage nach Objekten bleibt hoch, die Renditen sind stabil. Dieses "Es geht weiter so"-Szenario wird nach Ableitung der Expertenmeinungen und unserer Einschätzung mit einer Wahrscheinlichkeit von 60 Prozent eintreffen.

Und mit den restlichen 40 Prozent? Da gibt es zwei Möglichkeiten mit einer Wahrscheinlichkeit von je 20 Prozent. In einem Szenario sorgen spürbar höhere Zinsen, politische Unsicherheiten in Europa, weniger Exporte und eine schwache Konjunktur dafür, dass sich die Immobilienmärkte deutlich abkühlen. Es werden weniger Objekte gehandelt und die Mieten fallen. Im anderen Szenario passiert das Gegenteil: Die Zinsen bleiben extrem niedrig, die Politik ist stabil und die Konjunktur brummt. Dann gäbe es neue Rekorde auf den Immobilienmärkten.

Denkbar wäre aber zum Beispiel auch ein "Worst-Case"-Szenario: Die USA schotten sich ab, die deutsche Konjunktur bricht ein, in Europa setzen sich die Nationalisten durch, der Brexit wird schmutzig.

Damit rechnen die befragten Experten nicht, und auch wir halten so ein Szenario für extrem unwahrscheinlich. Es ist allerdings eine völlig neue Situation, dass politische Faktoren eine so große Rolle spielen. Wie wird Trump sein Konjunkturprogramm finanzieren? Wie gehen die Wahlen in Europa aus? Wird der Brexit den Handel beeinträchtigen? Wenn es darauf Antworten gibt, müssen wir die Wahrscheinlichkeiten vielleicht neu justieren.

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