Gemeinde und Eigentümer:Eine konfliktbeladene Liaison

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Wuchern die Äste vom Grundstück zu weit auf den Gehweg, bekommt es der Hausbesitzer mit der Gemeinde zu tun. Denn schließlich gibt es ja Vorschriften, für alles - und somit eine Menge Streit.

Von Andrea Nasemann

Georg und Renate Steger besitzen ein großzügiges Grundstück vor den Toren Münchens. Im Januar letzten Jahres erhielten sie von der Gemeinde eine Aufforderung, die Büsche und Bäume, soweit sie auf die Straße ragen, zurückzuschneiden, mit einer Fristvorgabe von 30 Tagen.

Als diese abgelaufen war, erschienen Gemeindemitarbeiter und beschnitten radikal Büsche und Bäume über den Zaun hinweg - dabei wurden Äste auch direkt am Stamm abgeholzt, mit bleibenden Schäden für die Pflanzen.

Ist eine solche brachiale Vorgehensweise zulässig? Die Zufahrtsstraßen zum Grundstück sind in der Regel öffentliche Straßen, für die die Gemeinde verkehrssicherungspflichtig ist.

Ragen hier Äste oder Zweige von einem Grundstück auf Straße oder Gehweg, muss sie der Hausbesitzer zwar zurückschneiden. Ein so willkürliches Vorgehen wie im Fall der Familie Steger dürfte rechtlich allerdings nicht zulässig sein.

Wer mit einer bestimmten Vorgehensweise oder einem Bescheid der Gemeinde nicht einverstanden ist, sollte zunächst das persönliche Gespräch mit dem Sachbearbeiter in der Gemeinde suchen, rät Ulrike Kirchhoff vom Landesverband Haus & Grund Bayern.

Erst wenn dieses ohne Erfolg verläuft, ist ein Konflikt nicht mehr zu umgehen - sofern man als Hausbesitzer sein Recht durchsetzen möchte. Im folgenden eine Zusammenstellung möglicher Konfliktpunkte.

Baugenehmigung:

Wer sein Haus mit einem Wintergarten schmücken, eine neue Garage errichten oder das Dach ausbauen will, sollte sich bei seiner Gemeinde erkundigen, ob er für sein Bauvorhaben eine Baugenehmigung und die Zustimmung der Nachbarn braucht. Ob und wie man bauen darf, ergibt sich aus dem Bebauungsplan, den die Gemeinde als Satzung beschließt. Wer ohne Baugenehmigung baut, riskiert, dass die Gemeinde den Rückbau verlangt.

Erschließungsbeiträge:

Eigentümer von Grundstücken können von der Gemeinde zur Kasse gebeten werden: Wird erstmalig eine Straße fertiggestellt, müssen die Anlieger eines erschlossenen Grundstücks Erschließungsbeiträge bezahlen - unabhängig davon, ob das Grundstück schon bebaut ist.

Auch die Anlagen zur Versorgung mit Wasser, Strom, Gas sowie zur Abwasserentsorgung werden den Grundstückseigentümern in Rechnung gestellt. Einige Gemeinden haben auch so genannte Straßenausbausatzungen erlassen. Wird die Straße erneuert, verbreitert oder zum Beispiel in eine Spielstraße umgebaut, müssen sich die angrenzenden Hauseigentümer an den Kosten beteiligen.

Straßenreinigung:

Gemeinden können die Pflicht zur Straßenreinigung, vor allem für die Gehwege, auf die Anlieger übertragen. Zu einer Sonderreinigung kann der Eigentümer verpflichtet werden, wenn er für die Verschmutzung der Straße durch Baufahrzeuge verantwortlich ist. Per Satzung können auch die winterlichen Räum- und Streupflichten auf die Anlieger übertragen werden.

Baumschutzverordnung:

Jeder Haus- und Gartenbesitzer muss sich nach der so genannten Baumschutzsatzung beziehungsweise deren Einschränkungen richten: Das Fällen eines Baumes ist darin meist gar nicht und der Rückschnitt nur dann zulässig, wenn er noch als Pflegemaßnahme durchgeht.

Trinkwasser:

Für die Qualität des Trinkwassers sind Hauseigentümer mitverantwortlich. Das bedeutet: Auf den Eigentümer können Nachrüstpflichten zukommen, wenn die Leitungen und Rohre nicht mehr den technischen Anforderungen entsprechen und zum Beispiel einen zu hohen Bleigehalt aufweisen. Heizöltanks auf dem Grundstück müssen ebenfalls besonders gesichert sein.

Grundsteuer:

Sie ist eine Gemeindesteuer, für die (noch) die Einheitswerte gelten. Steuerschuldner ist der Eigentümer des Grundstücks. Dieser kann gegen den Bescheid Widerspruch erheben oder dagegen klagen.

Zweckentfremdungsverbot:

Hausbesitzern kann in bestimmten Gemeinden verboten werden, Wohnraum anders als zu Wohnzwecken zu nutzen. Ein solches Verbot besteht in Gemeinden oder Städten, in denen die Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum gefährdet ist.

Erhaltungssatzung:

Zur Erhaltung einer bestimmten Zusammensetzung der Wohnbevölkerung können bestimmte Auflagen gegenüber den Eigentümern verhängt werden. Hauseigentümer brauchen dann für Modernisierungsmaßnahmen eine Genehmigung. Zulässig sind auch bestimmte Mietobergrenzen.

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