Geldanlagen:Gepfefferte Renditen

Aktien, Investmentfonds oder Spareinlagen - wer Geld anlegen will, der hat eine große Auswahl an Produkten. Doch wer hat's eigentlich erfunden?

Grit Beecken

Lange Jahre drehte sich alles um den Pfeffer. Der wurde aus Indonesien nach Europa verschifft und lieferte darüber den Grund für die erste Volksaktie der Welt: 1606 gab die Händlergemeinschaft "Vereenigde Oostz-Indische Compagnie" (VOC) Anteilsscheine aus und sammelte im Gegenzug Kapital ein. Auf diese Weise kam der Zusammenschluss niederländischer Kaufleute, die gemeinsam rund 70 Schiffe pro Jahr nach Asien und Übersee schickten, zu frischem Kapital. Die Niederländer griffen beherzt zu: Erstmals konnten sich Menschen nur mit ihrem Geld, aber ohne eigene Arbeit an einem Geschäft beteiligen.

Geldanlagen Gepfefferte Renditen AP

Bis zum Spätmittelalter wurde Vermögen nicht durch Geldanlagen vermehrt, sondern durch Handel - zum Beispiel mit Gewürzen.

(Foto: Foto: AP)

Denn bis zum Spätmittelalter hatte man sein Vermögen nicht durch Geldanlagen vermehrt, sondern indem man Handel trieb. Rohstoffe, Gewürze, Lebensmittel und Stoffe wurden damals Tausende Kilometer weit durch Länder und über Meere transportiert. Anfang des 15. Jahrhunderts entstanden die ersten Banken, bei denen Großkaufleute ihr Geld anlegen und vermehren konnten. Und erst nach und nach entwickelten Unternehmen und Investoren die Anlageklassen, die wir heute kennen.

Aktien: Gemeinsam sind wir stark

Was in Deutschland mit der magenta-roten Telekomaktie vor einigen Jahren wenig siegreich daher kam, war im 17. Jahrhundert ein ungeheurer Erfolg: Zeitweise zahlte die niederländische VOC Dividenden in Höhe von75 Prozent der Einlage. In den ersten 80 Jahren warf das Papier eine Dividendenrendite von 19 Prozent ab - denn Kriege und gesunkene Schiffe sorgten auch für ertragslose Jahre. In den Anfangsjahren gab es manchmal auch Naturalien als Dividende: zum Beispiel Pfeffer. Auch die Kursentwicklung lief prächtig: Wer die Aktie im Jahr 1606 erwarb, der verbuchte schon wenige Tage später einen Kursgewinn von 116 Prozent. Jahrzehnte später war die Aktie das Fünffache wert.

Die VOC wirtschaftete lange Jahre erfolgreich, bis sich in der Führung Misswirtschaft und Korruption mehrten. Im Jahr 1800 war die Gesellschaft bankrott und wurde aufgelöst. Zu diesem Zeitpunkt gab es aber bereits Alternativen: "Die Ausgabe von Aktien gehörte seit dem 19. Jahrhundert zu einer der wichtigsten Finanzierungsquellen großer Unternehmen - auch in Deutschland", sagt Werner Abelshauser, Professor für Wirtschaftsgeschichte an der Universität Bielefeld. Hierzulande sei die private Nachfrage nach Aktien zunächst allerdings gering gewesen - obwohl es weder an Kapital noch an Projekten mangelte. "Die Gründung von Universalbanken sollte dies kompensieren", erläutert der Historiker. "Sie übernahmen anstelle risikoaverser Wirtschaftsbürger die Finanzierung der Industrie."

Die erste deutsche Aktiengesellschaft wurde 1682 gegründet: Der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm rief die "Handels-Compagnie auf denen Küsten von Guinea" ins Leben. 1850 existierten in Preußen bereits 130 Aktiengesellschaften, 1900 waren es schon mehr als 4500. Die Aktiengesellschaft hatte sich als Rechtsform endgültig durchgesetzt, wurde anerkannt und diente nun auch zur Finanzierung kleinerer Unternehmen.

Doch schon damals bereiteten Spekulanten den Behörden Sorgen: Zweimal, 1897 und 1908, wurde das "Aktiengesetz des Norddeutschen Bundes" geändert - um den mit Börsentermingeschäften verbundenen Gefahren entgegenzuwirken.

Investmentfonds: Schottisches Kapital

Das Grundprinzip des Investmentfonds entstammt dem Land, in dem gerüchtehalber die wirklich sparsamen Menschen wohnen. Im 19. Jahrhundert wollten auch schottische Anleger vom amerikanischen Wirtschaftsaufschwung profitieren. Da es jedoch für den Einzelnen nahezu unmöglich war, die Zahlungsfähigkeit der Schuldner in Übersee zu beurteilen, legten die Schotten ihr Geld zusammen und besorgten sich einen Treuhänder in Amerika, der ihr Kapital direkt anlege und dabei das Risiko über verschiedene Anleihen streute. So erzählt der Bundesverband Investment und Asset Management die Geschichte der Fonds.

Denn während die Zinsen auf der britischen Insel niedrig und die Kapitalstöcke hoch waren, benötigten die USA damals dringend Geld. Nach dem Bürgerkrieg in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mussten große Flächen des Landes wieder aufgebaut werden. Zudem wollte man weite Teile des Landes durch Eisenbahnen und andere Infrastrukturmaßnahmen miteinander verbinden. In Amerika, bis vor kurzem noch das große Vorbild in Sachen Investments, setzte sich der Fondsgedanke erst Ende des 19.Jahrhunderts durch. In Deutschland wurde die erste Kapitalanlagegesellschaft 1949 gegründet. Aber erst in den 1990er Jahren wagten sich große Teile der deutschen Privatanleger in diese Investmentklasse.

Anleihen und Sparbuch - auf der nächsten Seite lesen Sie, woher diese Anlageformen stammen.

Gepfefferte Renditen

Anleihen: Mittel zum Defizit

Städte und Kommunen brauchten schon immer viel Geld. Und wenn die Steuereinnahmen den Kapitalbedarf nicht decken konnten, dann mussten Schulden gemacht werden. Italienische Städte finanzierten ihren Kapitalbedarf bereits im Spätmittelalter durch die Ausgabe von Anleihen. Wer ein solches Papier erwarb, erhielt im Gegenzug einen urkundlich verbrieften Zins. Später übernahmen dann auch Staaten dieses Instrument, um ihre Haushaltsdefizite zu decken - insbesondere in Kriegszeiten.

Über die Jahrhunderte hinweg hatten Anleihen jedoch immer wieder große Vertrauensprobleme. Die Ausgaben für den Ersten Weltkrieg beispielsweise finanzierte das Deutsche Reich zu 60 Prozent mit Kriegsanleihen. Als Deutschland den Krieg aber verlor, stand es vor einem gigantischen Schuldenberg - zu dem sich noch eine galoppierende Geldentwertung gesellte. Festverzinsliche Wertpapiere wurden so in kurzer Zeit wertlos.

Um die Zahlungsfähigkeit einzelner Anleihenschuldner transparent zu machen, wird inzwischen die Kreditwürdigkeit des Ausgebers geprüft und veröffentlicht. Deutsche Staatsanleihen erreichen dabei bislang Spitzenwerte, auch die großen Konzerne werden in der Regel gut benotet. Denn inzwischen geben auch Unternehmen Anleihen. Da bei ihnen die Insolvenz jedoch wahrscheinlicher ist als bei einem Staat, zahlen sie einen höheren Zinssatz - zur Freude vieler Anleger. Gilt es doch als unwahrscheinlich, dass ein Dax-Mitglied bankrott geht.

Sparbuch: Retter in der Not

Das Sparen ist so alt wie die Menschheit selbst: Wer bei der Herbsternte keine Samenkörner für das kommende Frühjahr aufbewahrte, hatte bald nichts mehr zu essen. Institutionalisiert wurde das Sparen aber erst, als die Nachfahren der Geldwechsler ihre Tische an Handelsplätzen aufstellten, um ihrem Geschäft auch stationär nachzugehen. 1407 wurde schließlich die Banca di San Giorgio in Genua gegründet. Zunächst konnten nur wenige Großkaufleute Geld investieren. Die Kontenführung ähnelte aber bereits der heutiger Sparbücher. Auch dort werden die Einzahlungen, Auszahlungen und die Zinsen des dazugehörigen Kontos aufgelistet.

In Deutschland ist das Sparbuch eine der beliebtesten Anlageformen. Experten erwarten für das kommende Jahr eine Sparquote von 11,3 Prozent - ein Rekordwert. Doch auch nach dem Zweiten Weltkrieg war das Sparbuch sehr gefragt, weil wieder mehr Menschen einen Teil ihres Einkommens ansparen konnten. Ähnlich wie ein Sparbuch funktioniert auch das Girokonto: In den 1950er Jahren bekamen die Arbeitnehmer ihren Lohn meist noch bar ausgezahlt. Die bargeldlose Gehaltszahlung wurde erst im Jahr 1957 für breite Bevölkerungsschichten eingeführt. Ganze 351 Jahre nach der Emission der ersten Volksaktie.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: