Geldanlage:Vermögenswirksame Leistungen sind ein unterschätztes Geschenk

Geldanlage: Alltag im Büro: Wer denkt dabei schon dauernd ans Sparen? Nicht alle Arbeitnehmer nehmen Vermögenswirksame Leistungen in Anspruch.

Alltag im Büro: Wer denkt dabei schon dauernd ans Sparen? Nicht alle Arbeitnehmer nehmen Vermögenswirksame Leistungen in Anspruch.

(Foto: Stephan Rumpf)
  • Viele Arbeitgeber zahlen bis zu 40 Euro im Monat an Vermögenswirksamen Leistungen.
  • Auch aus kleinen Beträgen lässt sich ein kleines Vermögen machen, wenn man es richtig anstellt.

Von Thomas Öchsner

Es geht um ein Geschenk, das sich Millionen Arbeitnehmer entgehen lassen. 40 Euro im Monat - das ist der Höchstbetrag, den Arbeitgeber freiwillig oder nach Tarifvertrag als Vermögenswirksame Leistung (VL) Mitarbeitern zahlen. Vom Staat kann es zusätzlich noch eine Zulage obendrauf geben.

Viele Arbeitnehmer wissen davon aber gar nichts oder denken: Was soll schon groß aus 40 Euro im Monat werden? Reich wird man damit sicherlich nicht. Aber auch aus so kleinen Beträgen lässt sich ein kleines Vermögen machen, wenn man es richtig anstellt.

Es gibt drei Gründe, dabei auch Vermögenswirksame Leistungen zu nutzen: Die meisten Arbeitgeber beteiligen sich daran, der eigene finanzielle Aufwand wird dadurch geringer. Der Staat zahlt einen Zuschuss obendrauf, wenn der Sparer bestimmte Einkommensgrenzen nicht überschreitet.

Das Geld geht jeden Monat vom Lohn weg, man muss nicht jedes Mal seinen inneren Schweinehund überwinden, um etwas zurückzulegen. "Über VL zu sparen, hat eine gewisse disziplinarische Wirkung", sagt Werner Hedrich, Deutschlandchef des amerikanischen Analyse- und Ratinghauses Morningstar. Trotzdem hat fast jeder zweite Arbeitnehmer laut einer repräsentativen Umfrage von TNS Emnid für die Postbank keinen VL-Vertrag.

Sparpläne, bei denen die 40 Euro in Aktienfonds fließen, erzielen die besseren Renditen

Wer einen VL-Vertrag abschließen will, kann allerdings zwischen Hunderten Produkten wählen: Besonders beliebt waren bei den Deutschen bislang Bausparverträge und Banksparpläne.

Diese bringen derzeit aber kaum noch Zinsen auf das ersparte Guthaben. Deutlich bessere Renditen erzielen Sparpläne, bei denen die 40 Euro jeden Monat in Aktienfonds gesteckt werden. "Langfristig sind Aktienfonds die besser rentierlichen Anlagen, weil die Sparer von den Unternehmensgewinnen profitieren. Das war in den vergangenen 100 Jahren so und wird auch in den nächsten 100 Jahren so sein", sagt Finanzexperte Hedrich.

Außerdem ist die staatliche Förderung bei einer VL-Anlage in Aktienfonds am höchsten: Das fördert der Staat mit 20 Prozent - allerdings nur bis zu einem eingezahlten Höchstbetrag von 400 Euro für Singles und 800 Euro für Ehepaare pro Jahr.

Die höchste Prämie vom Staat beträgt also 80 Euro beziehungsweise 160 Euro, macht nach sechs Jahren immerhin 480 oder 960 Euro. Das zu versteuernde Einkommen darf bei Singles aber nicht 20 000 (Ehepaare: 40 000) Euro übersteigen.

Viele Sparer, erst recht, wenn sie schlechte Erfahrungen etwa mit der Telekom-Aktie oder am Neuen Markt zur Jahrtausendwende gemacht haben, werden sich aber fragen: Laufe ich dann nicht Gefahr, Verluste zu machen, zumal die Aktienkurse zuletzt stark gestiegen sind?

In einen VL-Vertrag wird das Geld normalerweise sechs Jahre angelegt, ein Jahr ruht das Kapital, bis der Sparer über das Geld verfügen kann. Je länger regelmäßig in Aktienfonds Kapital angespart wird, desto geringer ist aber die Gefahr, am Ende mit Verlusten dazustehen. So war es zumindest in der Vergangenheit.

Der Deutsche Fondsverband BVI hat die Entwicklung der Vermögenswirksamen Leistungen in Aktienfonds Deutschland in allen Sieben-Jahres-Perioden seit Einführung der VL, also von 1962 bis 1968 bis heute, von 2010 bis 2016, untersucht. Zugrunde gelegt wurde dabei die durchschnittliche Wertsteigerung aller Aktienfonds, die in deutsche Börsenwerte investieren.

So einfach geht’s

Jeder Arbeitnehmer kann einen Vertrag über Vermögenswirksame Leistungen (VL) abschließen. Die VL, maximal 40 Euro im Monat, werden vom Gehalt abgezogen. Vor dem Abschluss sollte man sich erkundigen, ob der Arbeitgeber die 40 Euro bezahlt oder einen Zuschuss gibt. Dies hängt auch davon ab, ob VL in einer Betriebsvereinbarung oder im Tarifvertrag geregelt sind.

Das Sparprodukt muss der Mitarbeiter selbst heraussuchen und eine Bestätigung dem Arbeitgeber vorlegen, der den zugesagten Betrag dann in den Vertrag einzahlt und dies auf der Lohnabrechnung nachweist. Infrage kommen Fonds, Bausparverträge oder Banksparverträge. Die Einzahlungszeit beträgt sechs Jahre. Danach muss der Sparer ein Jahr warten, bis er über sein Geld verfügen kann, wenn ein Anspruch auf die Arbeitnehmersparzulage besteht und diese ausgezahlt werden soll. Es gibt jedoch Ausnahmen, etwa wenn der Kunde seit mindestens einem Jahr arbeitslos ist, sich selbständig macht oder vollständig erwerbsunfähig wird. "Wer das nachweist, verliert trotz früherer Verfügung seine Zulage nicht", heißt es bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Wer nicht gefördert werde, könne hingegen seinen VL-Vertrag auch während der Laufzeit kündigen. Bei Banksparplänen gebe es allerdings oft einen Schlussbonus. "Der fiele dann weg und damit wäre die Rendite stark geschrumpft", warnen die Verbraucherschützer. Auch könne es sein, dass in einem VL-Vertrag geregelt ist, dass man nicht vorzeitig kündigen darf.

Bei Aktienfonds können vor allem im Jahr der Auszahlung Steuerabzüge von mehreren 100 Euro anfallen. Sparer sollten daher auch an ihren Freistellungsauftrag denken. Thomas Öchsner

Im Durchschnitt aller Perioden seit Einführung der VL 1962 kommen Sparer dabei immerhin auf eine jährliche Wertsteigerung von 7,60 Prozent. Dadurch springen nach sieben Jahren 3905 Euro heraus bei einer Einzahlung von 2880 (40 Euro mal 12 Monate mal sechs Jahre) Euro. Rechnet man die Arbeitnehmersparzulage hinzu, beläuft sich das Plus sogar auf jährlich 10,53 Prozent, macht am Ende 4385 Euro.

Bei 42 von 49 Perioden war das Ergebnis am Ende positiv. Sieben Mal fiel es negativ aus, vor allem wenn das Jahr der Auszahlung in eine Börsenbaisse fiel, wie von 2002 bis 2004 oder 2011. Kein Sparer ist jedoch gezwungen, in solchen schlechten Börsenjahren seine angesammelten Fondsanteile zu verkaufen. Nach Ende der normalen Laufzeit von sechs beziehungsweise sieben Jahren kann man den Vertrag auch einfach weiterlaufen oder ruhen lassen und in einen neu ausgewählten VL-Fonds einzahlen.

Auch wenn nicht alle Investmentfonds für die Anlage von 40 Euro monatlich offen sind, weil die Anlage vieler kleiner Beträge aufwendig ist, das Angebot an VL-Fonds ist riesig. Der Fondsverband BVI hat allein mehr als 100 auf seiner "Liste der aktiven angebotenen VL-Fonds".

Angebote bei VL-Fonds sind höchst unterschiedlich

Meist handelt es sich dabei um Aktienfonds, die für das langfristig Sparen besonders geeignet sind. Dazu kann auch der sogenannte Durchschnittskosteneffekt (Cost-Average-Effekt) beitragen: Wer monatlich anlegt, kauft für den jeweils gleichen Betrag, also maximal 40 Euro beim VL-Sparen, Fondsanteile und erhält dafür in schlechten Börsenzeiten mehr und in guten weniger Fondsanteile.

Damit kauft der Investor langfristig zu einem niedrigeren Durchschnittskurs, als wenn er in Hochphasen gekauft hätte. Das disziplinierte monatliche Fondssparen ist somit auch ein Mittel gegen die gefährliche Neigung, nur während eines Börsenbooms zu kaufen. "Viele suchen bei der Anlage an der Börse die beste Einstiegszeit. Mit dem monatlichen Einzahlen hat man diese Hürde, die bei langfristig denkenden Fondssparern ohnehin keine Rolle spielen sollte, schon einmal genommen", sagt Hedrich.

Nach sieben Jahren können in einer guten Börsenzeit 5000 Euro auf dem Konto sein

Die Angebote bei VL-Fonds sind allerdings höchst unterschiedlich. Zu unterscheiden sind vor allem zwei Produktgruppen. Erstens: Fonds, die passiv den Wert eines Aktienindex, wie etwa den Deutschen Aktienindex (Dax) nachbilden. Bei diesen Indexfonds sind die Gebühren niedriger.

Sie können, da sie sich so wie der ausgewählte Marktindex entwickeln, aber nicht besser als der Markt abschneiden. Zweitens: Fonds, bei denen Manager aktiv die Aktien auswählen, in die investiert wird. Bei den aktiv gemanagten Fonds sind die Gebühren höher, der Anleger hat aber die Chance, mit dem Fonds besser als der Markt abzuschneiden, wenn der Fondsmanager den richtiger Riecher hatte.

Beispiel: Der Fonds DWS Deutschland (siehe Tabelle) investiert in deutsche Standardwerte wie Allianz, SAP oder Siemens mit einem sehr guten Ergebnis. Wer sechs Jahre lang 40 Euro pro Monat eingezahlt hat und das Kapital ein Jahr ohne weitere Einzahlungen ruhen ließ, konnte sich laut DWS Anfang 2017 nach sieben Jahren etwa 5000 Euro vor Steuern auszahlen lassen - trotz der Kaufgebühr (Ausgabeaufschlag) von fünf Prozent. Mit 40 Euro im Monat lässt sich also durchaus etwas machen.

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