Geldanlage: Aktien:"Dividende gut, alles gut"

Die Aktienkurse sind auf Berg- und Talfahrt - wer in der Krise an der Börse investieren will, hält nach Unternehmen mit hohen Renditen Ausschau.

Catherine Hoffmann

Ran an die Börse - ausgerechnet jetzt? Die Aktienkurse fahren seit Jahren Achterbahn, die Stimmung ist mies, die Konjunktur launisch. Wenig spricht dafür, dass es künftig steil aufwärts geht. Und doch gibt es keinen schlechten Zeitpunkt zum Einstieg, es gibt nur schlechte Aktien. Stellt sich also die Frage: Welche Unternehmenspapiere taugen auch für Regenwetter?

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Miese Stimmung, launische Konjuktur - da stellt sich die Frage, welche Aktien auch für Regenwetter taugen.

(Foto: Foto: ddp)

"Dividendenwerte sind für die lange Frist ideal", sagt Gottfried Heller, Senior Partner der Fiduka Vermögensverwaltung, die er einst mit André Kostolany gründete. Er erinnert an eine alte Aktionärsregel: "Dividende gut, alles gut." Gesucht sind also Unternehmen, die stetige Gewinne erwirtschaften und sie nicht, wie Wachstumsfirmen, vor allem in Investitionen stecken, sondern regelmäßig einen großen Teil davon an ihre Aktionäre ausschütten.

Fokus auf hohe Aktienkurse in den 90er Jahren

Wer Aktien kauft, denkt meist nur an den Kursgewinn - und vernachlässigt die zwei, drei oder vier Prozent Dividendenrendite, die ein Unternehmen bietet. Doch das greift zu kurz: "Dividenden liefern einen wesentlichen Beitrag zum Gesamtertrag von Aktien", sagt der Kölner Vermögensverwalter Bert Flossbach. "Die Hälfte der Gewinne, die Anleger mit dem Deutschen Aktienindex seit seinem Start am 1. Juli 1988 gemacht haben, stammt aus den Ausschüttungen der Unternehmen." Die Bedeutung der Dividenden ist in den wilden neunziger Jahren in Vergessenheit geraten, als Aktionäre nur an einem Spaß hatten: an hohen Aktienkursen. Die paar Prozentchen Dividendenrendite spielten in Zeiten dreistelliger Kursgewinne keine Rolle. Doch das hat sich gewandelt: Seit die Aktienkurse nicht mehr durch die Decke schießen, legen mehr und mehr Anleger wieder Wert auf eine ansehnliche laufende Ausschüttung.

Und da brauchen sich die Unternehmen nicht zu verstecken: Viele Betriebe verzinsen ihre Aktien höher als der Staat seine Anleihen. So rentieren zehnjährige Bundeswertpapiere mit 3,3 Prozent, die 30 größten deutschen Unternehmen bieten im Durchschnitt 3,7 Prozent Dividendenrendite, zieht man die für 2009 erwarteten Ausschüttungen heran. Zu den dividendenstarken Konzernen im Dax gehören beispielsweise die Deutsche Telekom sowie die Energieversorger Eon und RWE. Sie verkaufen Produkte und Dienstleistungen, die immer gebraucht werden. Auch wenn die Wirtschaft einmal schlecht läuft, verdienen sie Geld.

Konstanter Zins bei Anleihen

Nun wird so mancher konservative Anleger sagen: Wenn ich in Bundeswertpapiere investiere, sind mir Kupon und Rückzahlung sicher. "Ich komme immer an meine Kröten", wie Finanzexperte Günther Schild, die Schildkröte, für die Finanzagentur des Bundes wirbt. Nur bleibt der Zins immer gleich bei einer Anleihe, im ersten wie im zehnten Jahr gibt es dann beispielsweise 3,5 Prozent, egal ob die Wirtschaft brummt und die Inflation anzieht. "Kurs und Dividendenrendite einer Aktie entwickeln sich dagegen dynamisch, es gibt praktisch jedes Jahr ein wenig mehr", sagt Heller. "Das gilt freilich nur, wenn die Unternehmen wachsen."

Attraktive Titel für ein Dividendenkonto

Nestlé, ein weltweit führendes Nahrungsmittelunternehmen, das von Mövenpick-Eis, über Nescafé bis zu Herta-Wurst alle möglichen Marken vereint, ist so ein Liebling der Dividendeninvestoren. Mit knapp drei Prozent ist die Dividendenrendite nicht überwältigend, aber gut. Selbst in den beiden zurückliegenden Krisenjahren verteidigte das Management die Gewinne.

Jährliche Steigerunggsrate von elf Prozent

Das Schicksal des Konzerns hängt nicht von staatlichen Rettungs- und Konjunkturprogrammen ab. Das Beste aber: Nestlé hat in den vergangenen 20 Jahren jedes Jahr die Dividende gesteigert - mit einer Ausnahme: 1996 blieb sie unverändert. Die jährliche Steigerungsrate seit 1989 beträgt elf Prozent. Treue zahlt sich also aus: Ein Sparer, der vor 20 Jahren in das Schweizer Papier investiert hat, zahlte damals 7,8 Franken je Aktie und bekam 17 Rappen Dividende.

Im Frühjahr 2009 kassierte er für ein Aktie 1,4 Franken Dividende. Bezogen auf den Einstandspreis wird der Anleger also mit einer Dividendenrendite von fast 18 Prozent belohnt. "Das ist ein phänomenales Ergebnis, die meisten Leute sind sich nicht bewusst, wie mächtig eine kleine, aber sichere Dividende ist", sagt Flossbach. Zur Entfaltung kommt ihre Kraft aber nur, wenn Anleger einen langen Atem haben.

Wer langfristig investiert, stellt fest, dass die Ausschüttung einen wesentlicher Teil seines Ertrags ausmacht. Es ist also vernünftig, Aktien von Unternehmen zu kaufen, die so viel verdienen, dass sie eine Dividende zahlen können - und das auf Dauer. "Starke und stabile Dividendenerträge bieten viele Telekomkonzerne, Versorger, Pharma- und Medienunternehmen", sagt Josef Kaesmeier, Geschäftsführer der Merck Finck Invest. "Ich sehe keine großen Gefahren, dass Unternehmen aus diesen Branchen nicht auch in Zukunft regelmäßig Dividenden ausschütten können."

"Besser als Festgeld"

Vor allem Aktien, die nur gering auf Konjunkturabschwünge reagieren, gehören auf ein Dividendenkonto. Börsenexperte Heller hält beispielsweise ausländische Werte wie den amerikanischen Pharmakonzern Johnson & Johnson, den niederländischen Konsumgüterhersteller Unilever, die spanische Telefongesellschaft Telefonica und den US-Ölwert Exxon für lohnend. Dank hoher Dividendenzahlungen und ansehnlicher Kursgewinne kamen Anleger mit solchen Titel gut über die Jahre.

Auch in Deutschland gibt es attraktive Papiere. "Die Versorger Eon und RWE, eine Deutsche Telekom, selbst weniger konservative Werte wie die Chemieunternehmen Bayer und BASF sollte man wegen ihrer hohen Dividendenrendite langfristig ins Portfolio nehmen", findet Heller. "Das ist besser als Festgeld." Wer beispielsweise Bayer 20 Jahre im Depot hielt, verdiente mit der Aktie im Durchschnitt 10,8 Prozent jährlich, davon kamen 3,9 Prozentpunkte aus dem Kursgewinn und 6,9 Punkte aus der Dividende. Mit dem zyklischeren BASF-Papier gab es in zwei Dekaden sogar 15 Prozent im Jahr zu verdienen, jeweils die Hälfte des Ertrages stammen aus Kursgewinnen und Ausschüttungen.

Auch Free Cash Flow für Dividendenjäger wichtig

Zwei Eigenschaften zeichnen eine gute Dividendenaktie aus, meint der studierte Betriebswirt Flossbach: "Erstens, die Stabilität des Gewinns, er ist die Basis für die Ausschüttungen. Und zweitens die sogenannte Payout-Ratio, also die Frage, wie viel Prozent des Gewinns eine Firma ausschüttet." Dieser Prozentsatz müsse noch viel Luft lassen, damit auch dann eine gute Dividende gezahlt werden kann, wenn es in einem Extremjahr einmal nicht so gut läuft.

Neben dem Gewinn spielt auch der Free Cash Flow eine große Rolle für Dividendenjäger. Gemeint ist Geld auf den Konten eines Unternehmens, das nicht zur Finanzierung des laufenden Betriebs oder für Investitionen benötigt wird. Ein appetitlicher Gewinn nützt dem renditehungrigen Anleger nämlich nichts, wenn ein Unternehmen davon Rieseninvestitionen vornimmt; dann bleibt für die Ausschüttung nicht viel übrig.

"Es genügt nicht, dem Lockruf der hohen Dividende zu folgen, Anleger sollten unbedingt die Stabilität der Bilanz prüfen", sagt Flossbach. Hohe Verschuldung und wenig Eigenkapital sind immer ein Gefahrenherd. Das hat eindrucksvoll die Entwicklung vieler Dividendenindizes gezeigt, die blind auf Aktien mit hoher Rendite setzen. Dazu zählten in den vergangenen Jahren viele Banken, die eine lange Boomphase durchlebten. Dann stürzten die Kurse ab, trieben die Renditen noch höher. Heute werden viele Geldhäuser vom Staat am Leben gehalten. "Dividendenindizes sind nicht die erste Wahl", sagt deshalb Anlageprofi Kaesmeier, "ich würde mir lieber zehn ordentliche Aktien kaufen. Da kann man nicht so viel falsch machen."

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