Gazprom: Druck auf Ukraine:Der Gas-Streit eskaliert

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Wegen unbezahlter Rechnungen dreht der Energiekonzern Gazprom der Ukranie das Gas ab und erhöht massiv die Preise für künftige Lieferungen. In Kiew herrscht Entsetzen - auch Europa ist betroffen.

Es wird eng für die Ukraine - und damit für Europa. Der russische Energiekonzern Gazprom lässt den Streit mit Kiew eskalieren. Wegen unbezahlter Rechnungen will das Unternehmen von Januar an den Gashahn abdrehen. Gleichzeitig fordert der Gasmonopolist aus Moskau eine Begleichung von Schulden in Höhe von zwei Milliarden Dollar bis zum 31. Dezember und dreht zudem noch an der Preisschraube. Gazprom will den Preis für künftige Gaslieferungen an die Ukraine mehr als verdoppeln. "Der Countdown läuft", sagte Gazprom-Vorstandschef Alexej Miller.

Gazprom setzt die Ukraine unter Druck. (Foto: Foto: Reuters)

Von einem Lieferstopp wäre auch Westeuropa betroffen, das etwa ein Viertel seines Erdgasbedarfs aus Russland bezieht, zumeist über Pipelines auf ukrainischem Gebiet. Bereits im Januar 2006 kam es wegen des russisch-ukrainischen Gasstreits zu Versorgungsproblemen in Westeuropa.

Hohe Schuldenlast

Für die Ukraine würde Gas zum Luxusgut. Moskau will den Preis von derzeit rund 180 Dollar pro tausend Kubikmeter mehr als verdoppeln, auf 418 Dollar. Das entspräche etwa dem gegenwärtigen Preis für westeuropäische Abnehmer. Die von einer Wirtschaftskrise erschütterte Ukraine wird den Preis jedoch nur schwer aufbringen können. Kiew musste infolge der globalen Finanzkrise bereits einen Kredit beim Internationalen Währungsfonds in Höhe von 14,5 Milliarden Dollar annehmen, um Währung und Wirtschaft zu stabilisieren.

Entsprechend entsetzt ist die ukrainische Regierung in Kiew. Die politische Führung des Landes weist die Forderungen Gazproms zurück. Kiew wirft Moskau vor, die aktuelle Wirtschaftskrise politisch auszunutzen, um die Ukraine zum Verkauf ihres Gasnetzes an Russland zu zwingen.

Doch auch Gazprom steht unter Druck. Der Börsenwert des Monopolisten ist in diesem Jahr um 75 Prozent eingebrochen, zudem muss der Konzern bei fallenden Öl- und mittelfristig auch fallenden Gaspreisen eine immer höhere Schuldenlast bedienen. Einem nicht extern geprüften Geschäftsbericht zufolge stiegen die Verbindlichkeiten im ersten Quartal auf 84,5 Milliarden Dollar, im vorhergehenden Quartal lag sie noch bei 69 Milliarden Dollar. Während im ersten Halbjahr 2008 noch ein Gewinn von 10,2 Milliarden Dollar erzielt wurde, werden die Einnahmen 2009 zunächst sinken, da der Gaspreis zeitverzögert dem gefallenen Ölpreis angepasst wird.

Die Ukraine wurde von der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise sowie vom Einbrechen der Rohstoffpreise schwer getroffen; die Landeswährung hat drastisch an Wert verloren, die Arbeitslosigkeit steigt. Es gab bereits mehrfach Demonstrationen gegen die steigenden Lebenshaltungskosten. Eine deutliche Erhöhung des Gaspreises könnte das politisch gespaltene Land weiter in die Krise stürzen.

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