Gasstreit:Gazprom dreht der Ukraine den Hahn zu

Der russische Energiekonzern hat die Verhandlungen mit Kiew für gescheitert erklärt. Schon ab dem Neujahrstag will Gazprom seine Gaslieferungen einstellen.

Höhepunkt im Gasstreit zwischen Gazprom und der Ukraine: Am Silvesterabend hat der russische Energiekonzern die Verhandlungen über eine Verlängerung der Liefervertrags für gescheitert erklärt. Schon am Neujahrstag will Gazprom seine Gaslieferungen an die Ukraine einstellen, wie Vorstandschef Alexej Miller mitteilte.

Gasstreit: Gazprom hat die Verhandlungen mit Kiew für gescheitert erklärt.

Gazprom hat die Verhandlungen mit Kiew für gescheitert erklärt.

(Foto: Foto: Reuters)

Gazprom hatte der Ukraine ursprünglich eine Frist bis Mitternacht gesetzt, ausstehende Rechnungen zu begleichen und ein neues Lieferabkommen zu unterzeichnen. Der Konzern warf Kiew Erpressung vor, weil der ukrainische Gasversorger Naftogaz damit gedroht haben soll, ab Donnerstag das für Kunden in Westeuropa bestimmte Gas zu beschlagnahmen, wenn in dem Streit keine Einigung erzielt werde.

Nun zeichnet sich eine mögliche Wiederholung der Lieferkürzungen ab, wie sie als Folge eines ähnlichen Streits im Januar 2006 entstanden waren. Miller sagte jedoch, Gazprom werde alles tun, damit die westeuropäischen Kunden ihre Lieferungen rechtzeitig erhielten.

Westeuropa bezieht etwa ein Viertel seines Erdgasbedarfs aus Russland, zumeist über Pipelines auf ukrainischem Gebiet. Auch im Januar 2006 kam es wegen des russisch-ukrainischen Gasstreits zu Versorgungsproblemen in Westeuropa.

Gazprom wollte in den Verhandlungen mit der Ukraine auch kräftig an der Preisschraube drehen. Für die Ukraine würde Gas zum Luxusgut. Moskau wollte den Preis von derzeit rund 180 Dollar pro tausend Kubikmeter mehr als verdoppeln, auf 418 Dollar. Das entspräche etwa dem gegenwärtigen Preis für westeuropäische Abnehmer. Die von einer Wirtschaftskrise erschütterte Ukraine könnte den Preis jedoch nur schwer aufbringen. Kiew musste infolge der globalen Finanzkrise bereits einen Kredit beim Internationalen Währungsfonds in Höhe von 14,5 Milliarden Dollar annehmen, um Währung und Wirtschaft zu stabilisieren.

Doch auch Gazprom steht unter Druck. Der Börsenwert des Monopolisten ist in diesem Jahr um 75 Prozent eingebrochen, zudem muss der Konzern bei fallenden Öl- und mittelfristig auch fallenden Gaspreisen eine immer höhere Schuldenlast bedienen. Einem nicht extern geprüften Geschäftsbericht zufolge stiegen die Verbindlichkeiten im ersten Quartal auf 84,5 Milliarden Dollar, im vorhergehenden Quartal lag sie noch bei 69 Milliarden Dollar. Während im ersten Halbjahr 2008 noch ein Gewinn von 10,2 Milliarden Dollar erzielt wurde, werden die Einnahmen 2009 zunächst sinken, da der Gaspreis zeitverzögert dem gefallenen Ölpreis angepasst wird.

Die Ukraine wurde von der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise sowie vom Einbrechen der Rohstoffpreise schwer getroffen; die Landeswährung hat drastisch an Wert verloren, die Arbeitslosigkeit steigt. Es gab bereits mehrfach Demonstrationen gegen die steigenden Lebenshaltungskosten. Eine deutliche Erhöhung des Gaspreises könnte das politisch gespaltene Land weiter in die Krise stürzen.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: