So soll das Bahnhofsareal in Garmisch-Partenkirchen einmal aussehen.
(Foto: Franz Hummel Projektgruppe)Als weltweit bekanntes Touristenziel und Austragungsort von Olympischen Winterspielen und Weltmeisterschaften hat sich Garmisch-Partenkirchen längst einen Namen gemacht. Doch nach Auffassung vieler Einheimischer täte dem Ort eine Verjüngungskur gut; zu dieser Erkenntnis ist man in der Marktgemeinde schon vor einiger Zeit gekommen, und zwar quer durch alle politischen Parteien. Denn der Altersdurchschnitt der Bevölkerung liegt bei 50 plus, und um jüngere Menschen anzulocken fehlt es offenbar an Innovationen und Attraktionen - das Sport-, Freizeit-, Hotel- und Gastronomieangebot am Ort halten manche teilweise für nicht mehr zeitgemäß. Zudem fehlt es an günstigem Wohnraum für junge Familien oder Berufseinsteiger, die sich in Garmisch-Partenkirchen niederlassen wollen.
Weil die in einem Talkessel liegende Marktgemeinde kaum noch nach außen wachsen kann und keine neuen Flächen mehr ausgewiesen werden, ist das Wohnungsangebot am Ort knapp und relativ teuer, öffentlich geförderten Wohnraum gibt es kaum. Anlässlich der 2011 hier ausgetragenen alpinen Ski-Weltmeisterschaften begann man immerhin damit, Teile der Infrastruktur am Berg auf den neuesten Stand zu bringen.
Doch diese Anstrengungen allein reichen nicht aus. Für das "neue Gesicht" von Garmisch-Partenkirchen dürfte erst die Projektentwicklung am zentral gelegenen Bahnhofsareal sorgen, die in Anspielung auf die Bergwelt vor Ort unter dem Namen "moun10" firmiert. Bis zum Jahr 2021 sollen dort verschiedene lokale Bauvorhaben umgesetzt werden.
Das 90 000 Quadratmeter umfassende Grundstück hatte der ortsansässige Privatunternehmer Franz Hummel 2013 über seine Projektfirma FH Innova GmbH erworben. Er möchte für den lokalen Wohnungsmarkt "maßgeschneiderte Konzepte" entwickeln und geeignete Flächen erwerben. Zu diesen gehört zunächst das im Exposé zu "moun10" als "touristische Sonderzone" bezeichnete Baufeld gegenüber dem Bahnhof, auf dem zum einen ein Hostel mit 200 Betten geplant ist. Betreiber sind die Deutschen Jugendherbergen. Es soll junge Aktivurlauber mit Angeboten insbesondere zum Biken, Skifahren und Wellnessen anlocken, aber auch mit einem Sauna- und Spa-Bereich, einem Fitnessraum und einem 360-Grad-Panoramablick in die Bergwelt.
Des Weiteren wird in diesem Baufeld - neben einem Erlebnispark rund um das Thema Berg - auch eine Kletterarena errichtet. Zielgruppen sind sowohl Breitensportler wie Spezialisten, ebenso wird an therapeutisches Klettern gedacht.
"Für hiesige Verhältnisse sind die Wohnungen günstig, auch wenn es keine Sozialwohnungen sind."
Der Bahnhof soll künftig eine zentrale Rolle spielen als "Mobilitätsdrehscheibe", zur Verknüpfung der öffentlichen und privaten Verkehrsmittel. Wer zum Skifahren oder Wandern will, den bringt die nicht weit entfernte Bayerische Zugspitzbahn in die Berge. Die Fußgängerzone wie auch der Grüngürtel am Hausberg sind auf kurzem Fußweg erreichbar. "Die Idee der Mobilitätsdrehscheibe gibt es schon länger, sie wurde nun aber erneut aufgegriffen," sagt Andreas Schamberger, Prokurist der FH Innova. Ein multifunktionales Konzept für Bürger, Tagestouristen und Urlauber werde für ein zusätzliches Angebot sorgen, etwa durch einen E-Bike- und Skiverleih, ein digitales Kino und Gastronomie. Auf dem neuen Areal seien auch drei neue Hotels geplant. Ein Architektenwettbewerb soll eine "identitätsstiftende Bauweise" sichern, interessierte Investoren gebe es bereits.
Im sogenannten Team-Resort im Osten des Areals sollen zu "bezahlbaren Mietpreisen" 112 Single-Appartements für Mitarbeiter der Hotellerie, Gastronomie und Azubis sowie 38 Wohnungen für Pflegekräfte des Klinikums Garmisch-Partenkirchen entstehen. Auch hier wird es wieder alpin - die Fassaden sollen mit einer Mischung aus Holz, Stein und Putz gestaltet werden und Elemente der heimischen Natur aufgreifen.
Auf 12 000 Quadratmetern ebenfalls im Osten des Areals errichtet die FH Innova GmbH zudem gut 30 Mietwohnungen für Familien. "Für hiesige Verhältnisse sind die Wohnungen günstig, auch wenn es keine Sozialwohnungen sind", sagt Schamberger. Die Preise lägen knapp 20 Prozent unter dem ortsüblichen Niveau. Einen 14 000 Quadratmeter großen Grundstücksanteil auf einem Nachbargrundstück am Wannerweg hat die FH Holding an die BPD Immobilienentwicklung GmbH verkauft. Das Unternehmen mit niederländischen Wurzeln (es hieß früher einmal Bouwfonds) errichtet dort 135 Eigentumswohnungen in elf Häusern.
In einem neuen Parkhaus im Westen des Areals sind beim Eisstadion an der Olympiastraße gut 600 Stellplätze, ein Autoverleih und Schnellladestationen für E-Cars geplant. Damit sollen viele in der Innenstadt parkende Autos abgezogen und der Verkehr entlastet werden. Und wieder ruft der Berg - auch das Parkhaus soll mit alpinen Bauelementen versehen werden.
Für das Hostel samt Kletterarena am Bahnhof besteht bereits Baurecht, ebenso für die Mietwohnungen und Eigentumswohnungen (Baufelder eins bis vier). Diese Baufelder wurden als komplett autofrei konzipiert, mit großen Durchgängen und Plätzen. Zum Parken werden für die Anwohner etwa 350 Tiefgaragenstellplätze eingerichtet. Noch im Frühjahr soll dort mit der Bautätigkeit begonnen werden. "Beim Hostel rechnen wir mit der Eröffnung Ende 2018", sagt Franz Hummel.
Auf den Baufeldern fünf, sechs und sieben im Westen des Areals, wo die "Mobilitätsdrehscheibe" mit Parkhaus und die Hotels entstehen sollen, gebe es noch kein Baurecht. Dieses werde von der Marktgemeinde wohl bis Mitte oder Ende 2018 geschaffen werden, heißt es. Ende 2019 bis Mitte 2020 soll dann alles fertiggestellt sein. Das gesamte Investitionsvolumen für das neue Bahnhofsareal "moun10" beträgt nach Angaben der FH Innova 250 Millionen Euro.