G-20-Gipfel:EU-Kommissar unterstützt Börsensteuer

Wirtschaftskommissar Almunia will mit einer Abgabe auf Finanzgeschäfte armen Ländern helfen. Aber das Vorhaben spaltet die G-20-Länder.

C. Gammelin u. M. Kläsgen

Die Einführung einer weltweiten Steuer auf Finanzgeschäfte ist nach Ansicht der EU-Kommission in Brüssel "eine sehr gute Idee". Einnahmen könnten als Entwicklungshilfen für die ärmsten Länder verwendet werden, sagte EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Joaquin Almunia der Süddeutschen Zeitung.

Joaquin Almunia, AFP

Wirtschafts- und Währungskommissar Joaquin Almunia gefällt die Idee einer Finanzsteuer.

(Foto: Foto: AFP)

Die G 20 sollte die Einführung einer solchen Steuer auf dem Gipfel in Pittsburgh "abwägen und diskutieren", sagte Almunia unmittelbar vor dem am Donnerstag beginnenden Treffen. Dort wollen die mächtigsten Volkswirtschaften die weltweite Reform der Finanzmärkte vorantreiben, um Finanzgeschäfte sicherer zu machen und Krisen wie die gegenwärtige künftig zu verhindern.

Deutschland will auch die Verursacher der Krise an deren volkswirtschaftlichen Kosten beteiligen und eine weltweite Steuer auf Finanzgeschäfte einführen. Banken, Versicherer und Investmentfonds sollten auf alle Transaktionen eine Abgabe von 0,05 Prozent bezahlen, fordert die Bundesregierung.

"Werden nicht in der Lage sein, alle Hilfen zu bezahlen"

Almunia sagte im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung, die G 20 müsse prüfen, ob die Idee umsetzbar sei und wie mögliche Einnahmen aus dieser globalen Steuer verwendet werden könnten.

Mit Blick auf die desolate Lage der öffentlichen Finanzen schlug der spanische Kommissar vor, mit dem Geld den ärmsten Ländern der Welt zu helfen. "Unsere Haushalte sind aufgrund der Krise stark belastet", sagte Almunia. "Wir werden nicht in der Lage sein, alle Hilfen, die wir zugesagt haben, aus unseren Ressourcen zu bezahlen".

Innerhalb der Europäischen Union ist die globale Finanzmarktsteuer bisher umstritten. Frankreich und Österreich unterstützen die Idee, die meisten anderen Staaten zeigten sich auf dem EU-Sondergipfel in der vergangenen Woche skeptisch.

Der Kommissar zeigte sich optimistisch, dass sich Europäer und Amerikaner auf Reformen einigen. Trotz andauernder Diskussionen über die künftige Begrenzung von Bonuszahlungen oder neue Eigenkapitalquoten für Banken "werden wir die Basis für eine wirkliche Umgestaltung beschließen", sagte er. "Ich sehe eine große Übereinstimmung zwischen der Union und der amerikanischen Regierung".

Europa braucht Reformen

Boni begrenzen reicht nicht

Der Kommissar räumte ein, dass noch nicht überall gleiche Wettbewerbsbedingungen herrschten. Die USA müssten die längst beschlossenen Eigenkapitalvorschriften für Banken (Basel II) umsetzen. Der G-20-Gipfel müsse vereinbaren, "dass auf beiden Seiten des Atlantiks die gleichen Bilanzierungsregeln gelten".

Die Bewertung von Finanzpapieren ist seit der Krise umstritten. Eigentlich sollen die Papiere zum jeweiligen Marktwert bewertet werden. Da im Zuge der Finanzmarktkrise sehr viele Wertpapiere nicht mehr verkäuflich waren, gab es einen unrealistischen Zeitwert, was wiederum den Wettbewerb verzerrt.

Die Europäische Union muss bei den weltweiten Reformen weiter vorangehen, fordert Almunia. Es reiche nicht aus, die Bonuszahlungen für Bankmanager zu begrenzen oder eine Steueroasen zu bekämpfen.

"Wir brauchen angemessene Eigenkapitalvorschriften und effiziente Aufsichtsgremien", sagte der Kommissar. An diesem Mittwoch legt die Kommission ihren Vorschlag zur Reform der europäischen Finanzaufsicht vor.

Frühwarnsystem soll Risiken vermeiden

"Wir schaffen ein wirkliches gesamteuropäisches Aufsichtssystem für den Finanzsektor", sagte Almunia. Der europäische Binnenmarkt werde den globalen Entwicklungen angepasst. Ein neues Frühwarnsystem werde künftig "Risiken identifizieren und vermeiden" und damit für Stabilität im Finanzmarkt sorgen.

Uneins sind sich die G 20 offenbar darüber, welche Gremien den globalen Finanzmarkt überwachen sollen. Bisher sollte vor allem der Internationale Währungsfonds gestärkt werden.

Der britische Premier Gordon Brown will die G 20 als globale Wirtschaftsregierung ausbauen. "Die G 20 haben die Welt gemeinsam vor dem Kollaps des Finanzsystems gerettet. Das ist eine große Chance, langfristig zusammenzuarbeiten", sagte Brown zu Journalisten.

Die französische Wirtschafts- und Finanzministerin Christine Lagarde forderte, der Gipfel solle sich dafür einsetzen, die Boni zu begrenzen, Steueroasen zu sanktionieren und Bilanzierungsregeln aufzustellen.

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