Fusion von Commerzbank und Dresdner Bank:Hochzeitsgrüße und Beileidsbekundung

Die Commerzbank schnappt sich für knapp zehn Milliarden Euro die Dresdner Bank - und kommt nicht überall gut weg. Die Presseschau zur Bankenehe

Am Sonntag haben die Aufsichtsräte der Commerzbank und der Dresdner-Mutter Allianz grünes Licht für die größte deutsche Bankenübernahme seit Jahren gegeben. Die Übernahme kostet die Commerzbank 9,8 Milliarden Euro.

Fusion von Commerzbank und Dresdner Bank: Ist die Fusion zwischen Dresdner und Commerzbank ein großer Wurf? Oder sieht ein entschlossener Verkauf doch anders aus?

Ist die Fusion zwischen Dresdner und Commerzbank ein großer Wurf? Oder sieht ein entschlossener Verkauf doch anders aus?

(Foto: Foto: AP)

Dadurch entsteht nach dem heimischen Branchenprimus Deutsche Bank ein zweiter Bankenriese mit einer Bilanzsumme von über 1,1 Billionen Euro und elf Millionen Privatkunden. Von den insgesamt knapp 67.000 Arbeitsplätzen werden 9000 gestrichen, 6500 davon in Deutschland. Zudem schließt die Commerzbank bis 2012 über 300 der gut 1500 Filialen.

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) ist mit der Fusion jedenfalls zufrieden. Dies sei eine sehr gute Entscheidung, sagte der Minister der Rheinischen Post während einer Chinareise am Montag. "Die Fusion stärkt den Finanzplatz Deutschland", urteilte der Minister. Das sehen nicht alle so: Die Presseschau zur Bankenehe.

Handelsblatt: "Ein entschlossener Verkauf sieht anders aus"

"Sollen wir das jetzt gut finden? In ihren Verlautbarungen hauen sich die Betroffenen jedenfalls auf die Schultern: Von Meilensteinen ist da die Rede, von optimaler Ergänzung der Dresdner Bank und der Commerzbank. Von Mehrwert auch und von exklusiven Kooperationen. Doch wie stets, wenn die Worte klingeln, ist erhöhte Vorsicht angebracht.

Die 9,8 Milliarden Euro, die die Allianz als Verkäuferin für ihre ungeliebte Tochter erhält, sind nicht einmal die Hälfte dessen, was sie einst für die Dresdner auf den Tisch gelegt hat. Aus Aktionärssicht ist der Verkauf damit ein Desaster.

Aus Mitarbeitersicht geht es um mindestens 9000 Stellen weniger - das heißt es dürfte in den nächsten Monaten nicht sonderlich attraktiv sein, bei der Commerzbank oder der Dresdner zu arbeiten. (...)

Mag sein, dass die Konsolidierung der Branche in einem Land, in dem es mehr Bankfilialen als Bäckereien gibt, endlich voranschreiten muss. Aber das Schauspiel, was Allianz, Dresdner und Commerzbank aufführen, kann von keiner Seite größeren Beifall erwarten. (...) Ein entschlossener Verkauf sieht anders aus. Er scheiterte aber daran, dass die Commerzbank zwar der allseits willkommene Käufer war, sich ihr Objekt der Begierde aber nur unter äußersten Kraftanstrengungen leisten kann."

Neue Zürcher Zeitung: "Kein großer Wurf"

"Der Einstieg der Commerzbank bei der Dresdner Bank hat alles andere als den Charakter eines großen strategischen Wurfs. Vielmehr finden zwei ertragsschwache Akteure zusammen, die sich in schwierigen Zeiten mit einem nahezu austauschbaren Geschäftsmodell in vergleichbaren Tätigkeitsfeldern mehr schlecht als recht behaupten. Beide Banken, deren Zentralen in Frankfurt einen Steinwurf voneinander entfernt sind, haben die Nachwehen der Subprime-Krise in Form milliardenschwerer Wertberichtigungen zu spüren bekommen. So gesehen startet diese von der Dresdner-Mutter Allianz mit der Commerzbank vereinbarte Zwangsehe unter schwierigsten Bedingungen."

Frankfurter Allgemeine Zeitung: "Eine zweite große deutsche Bank"

"Für den Finanzplatz Deutschland ist die Übernahme der Dresdner Bank durch die Commerzbank eine gute Nachricht. Die fusionierte Bank schließt im Heimatmarkt zur Deutschen Bank auf, wird international aber weiter nur im Mittelfeld spielen. Global zählt lediglich die Deutsche Bank zur Weltspitze, dank des starken Investmentbankings.

Die fusionierte Bank kommt wie der Platzhirsch auf einen Marktanteil von etwa acht Prozent. Wichtiger als Größe ist, dass die führende Mittelstandsbank Deutschlands entsteht. Die deutschen Unternehmen freuen sich auf eine zweite heimische Großbank, viele wünschen sich schon eine Alternative zur Deutschen Bank für ihre Geschäfte im In- und Ausland. (...)

Auch wirtschaftlich kann sich der Zusammenschluss rechnen. Der steigende Marktanteil eröffnet ein großes Potential für Kostensenkung. Durch die Fusion werden mindestens 9000 Arbeitsplätze überflüssig, vor allem im Investmentbereich der Dresdner in London und in der Verwaltung in Frankfurt, aber auch in den Filialen. (...)

Der traurigen Nachricht vom Abbau vieler Arbeitsplätze stehen die Hoffnung auf steigende Renditen für Aktionäre und langfristige Vorteile für den Finanzplatz Deutschland gegenüber."

Financial Times Deutschland: "Der Albtraum geht weiter"

"Eine so unentschlossene und riskante Fusion hat der Markt lange nicht gesehen: Da sollen zwei Branchengrößen zusammengeführt werden, doch die Käuferin Commerzbank kann sich die Übernahme der Dresdner Bank nur in zwei Schritten mit einer gewagten Finanzierungskonstruktion erlauben. Da will die Allianz ihre unprofitable Banktochter abstoßen und kann nicht einfach den zahlungskräftigsten Käufer auswählen, weil dieser der Politik nicht gefällt. Am Ende bleibt die Allianz auf einem beträchtlichen Anteil an der neuen Bank sitzen - ein Unternehmen "i. F.", in Fusion, was für den Versicherer mindestens so unsichere Gewinnperspektiven bedeutet wie seine bisherige Beteiligung bei der Dresdner Bank.

Die Konstruktion des Deals zeigt dreierlei: dass die Käuferin Commerzbank im Grunde nicht genug Geld hat, um sich die Dresdner Bank leisten zu können - das ist riskant. Dass die Allianz ihre Problemtochter nicht wirklich loswird - das ist keine gute Nachricht für die Allianz-Aktionäre. Und dass sich keiner der Beteiligten bei der Transaktion wirklich wohlfühlt - das ist gefährlich. (...)

Den Mitarbeitern steht jetzt ein radikaler Stellenabbau bevor. Der war politisch nicht gewollt. Doch wenn die Commerzbank nicht hart durchgreift, bürdet sie sich dauerhaft immense Kosten für Parallelstrukturen auf. Wenn die Commerzbank - und das ist der Wille der Politik - glorreich aus dieser Übernahme hervorgehen will, kommt sie um eines nicht herum: einen Großumbau."

Hochzeitsgrüße und Beileidsbekundung

Dresdner Neueste Nachrichten: "Den Preis zahlen die Mitarbeiter"

"Die Allianz beendet endlich einen sieben Jahre langen Versuch. Seit 2001 betrieb der Versicherer auch Bankgeschäfte - mit mäßigem Erfolg. Dafür zahlte der Konzern viel Lehrgeld. 2001 hatte er die Dresdner Bank für 24 Milliarden Euro übernommen. Für einige Milliarden Euro übergibt er die Verantwortung für seine Tochter der Commerzbank. Den Preis zahlen die Mitarbeiter. Wahrscheinlich werden rund 10.000 Stellen wegfallen, viele Filialen sind nicht mehr notwendig. Zu sehr ähneln und überschneiden sich das Geschäft der Dresdner Bank und das ihres neuen Eigentümers. Für die heimische Wirtschaft und den Finanzstandort Deutschland aber ist die Entscheidung der Allianz eine gute."

Badische Zeitung Freiburg: "Kein Schritt aus Überzeugung"

"Zum ersten Mal seit zehn Jahren schließen sich zwei deutsche Großbanken zusammen. Es ist kein Schritt aus Überzeugung, sondern eine Lösung, die für die Allianz nach der katastrophalen Entwicklung mit der 2001 übernommenen Tochter Dresdner Bank unausweichlich war. Ob die Commerzbank die Übernahme des nur unwesentlich kleineren Konkurrenten stemmen kann, muss sich zeigen. Ohne deutliche Kosteneinsparungen und damit den Abbau von Tausenden von Arbeitsplätzen rechnet sich das Geschäft nicht. Jetzt kommt aber die Konsolidierung des deutschen Bankenmarktes ein gutes Stück voran. Hinter der Deutschen Bank entsteht eine schlagkräftige Nummer zwei unter den Großbanken in Deutschland. Ein globaler Player ist die neue Commerzbank aber nicht."

Kölnische Rundschau : "Bankenmarkt bleibt zersplittert"

"Und so profitiert einerseits die Allianz, die mit einer Minderheitsbeteiligung an der Commerzbank einen breiten Vertriebskanal für ihre Versicherungsprodukte erhält. Und die Commerzbank hat andererseits einen soliden Großaktionär, der sie in diesen Zeiten, in denen Banken angesichts der Finanzkrise zu günstigen Übernahmekandidaten geworden sind, vor unliebsamen Attacken schützt. Für die Kunden wird sich derweil nicht viel ändern. Der harte Wettbewerb wird die Konditionen weiter deckeln, der deutsche Bankenmarkt bleibt auch nach dieser Übernahme tief zersplittert. Auf die Beschäftigten bei Commerzbank und Dresdner Bank kommen allerdings harte Zeiten zu... Das ist die andere Seite der Medaille. Und sie ist äußerst unschön."

Nürnberger Zeitung : "Bedenken gegen China schwer nachvollziehbar"

"Diesmal hatten die Commerzbank-Unterhändler Erfolg. Für knapp zehn Milliarden Euro soll das Geschäft abgeschlossen worden sein. Die Frankfurter stachen damit die China Development Bank (CDB) aus. Politische Bedenken in beiden Ländern sollen die chinesisch-deutsche Bankenehe letztlich verhindert haben. Warum eigentlich? In Zeiten der Globalisierung sind solche Bedenken schwer nachvollziehbar, sofern beide Partner einvernehmlich handeln. Auch die Dresdner-Belegschaft hätte einen Eigentümer aus dem Reich der Mitte nicht ungern gesehen. Denn die CDB sucht eine Filialbank im deutschen Markt, die Commerzbank ist schon eine. Mit massivem Stellenabbau ist deshalb zu rechnen. Mit weiteren Fusionen auch."

Schwäbische Zeitung: "Besser als Angst vor internationalen Investoren"

"Auch die Kunden können von der neuen Stärke einer fusionierten "Nummer zwei" profitieren. Denn die Größe beider Institute reicht heute nicht mehr aus, um für internationale Top-Konzerne eine erstklassige Adresse zu sein. Zu guter Letzt ist die neue Konstellation für die Mitarbeiter, die nach der Fusion übrigbleiben, eine gute Nachricht. Das jetzige Modell ist allemal besser als die ständige Angst - vor allem bei der Commerzbank - vor internationalen Investoren, die längst ein Auge auf deutsche Banken geworfen haben."

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