Fusion:Neuer Weltmarktführer am Aluminium-Markt

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Die russischen Hersteller Rusal und Sual schließen sich zur Nummer eins der Branche zusammen - davon will auch der Kreml profitieren.

Dieter Claassen

Das Umfeld für die Großfusion zwischen den beiden größten russischen Aluminiumhütten, Rusal und Sual, und der Aluminiumsparte des Schweizer Rohstoffhändlers Glencore könnte kaum besser sein. Das war am Wochenende kurz nach Ankündigung des Zusammenschlusses aus Londoner Analystenkreisen zu hören.

Aluminium ist ein wichtiger Rohstoff. Durch die Fusion zweier russischer Großkonzerne entsteht jetzt ein neuer Branchenführer. (Foto: Foto: AP)

Die drei Firmen formieren sich zum größten Aluminiumproduzenten der Welt im Wert von 30 Milliarden Dollar. Zusammen werden sie mehr als 112.000 Mitarbeiter beschäftigen. Die geschätzte Jahresproduktion liegt bei vier Millionen Tonnen. Damit entsteht ein mächtiger Rivale für die bisherigen Branchenführer.

An erster Stelle stand bislang der amerikanischen Alcoa-Konzern mit einer Jahresproduktion von 3,6 Millionen Tonnen, gefolgt vom kanadischen Produzenten Alcan mit 3,4 Millionen Tonnen. Sie werden nun auf Platz zwei und drei verdrängt.

Höchste Gewinne der Branche

Auch bei der Herstellung von Aluminiumoxid sind die fusionierenden Unternehmen künftig mit einem Ausstoß von elf Millionen Tonnen im Jahr die Nummer eins am Weltmarkt. Die beiden russischen Firmen weisen auch die besten Gewinnmargen der Branche aus - Rusal mit 33 Prozent, Sual mit 22 Prozent. Alcoa bringt es auf gerade fünf Prozent.

Mit einer Aluminiumproduktion von 2,7 Millionen Tonnen im Jahr war die im Besitz des russischen Oligarchen Oleg Deripaska befindliche Rusal bisher der drittgrößte Aluminiumproduzent der Welt; Sual rangierte mit 1,04 Millionen Tonnen an siebter Stelle. Rusal wird 64,5 Prozent der Aktienanteile an dem neuen Großunternehmen halten, Sual 21,5 Prozent und die schweizerische Glencore etwa 14 Prozent.

Monopolstellung in Russland

In Russland fällt dem neuen Konzern damit eine Monopolstellung zu. Das geschieht offenbar mit dem Segen Wladimir Putins.

Erst kürzlich hatte sein Finanzminister Alexej Kudrin den "Ausbau der Rohstoffproduktion" seines Landes gefordert, "um im internationalen Wettbewerb mit den Industrieländern und China bestehen zu können". Diese "vorrangige gesamtnationale Aufgabe", so der Minister, "wird der Staat lösen, gestützt auf die Großunternehmen, die er kontrolliert".

Analysten schließen daher baldige Zukäufe des neuen Riesen im Ausland nicht aus. So meint auch der Analyst Tim Brenton von Renaissance Capital in Moskau: "Die langfristige Strategie Russlands ist es, über die Unternehmen Macht im Ausland auszuüben".

Zahlreiche Standorte

Die beiden Hersteller und die schweizerische Glencore verfügten bereits über Produktionsstandorte in Russland, den USA, Skandinavien, China, Südamerika, Australien und mehreren Ländern Afrikas.

Erfolg und Rentabilität der weltweiten Aluminiumschmelzer hängen, insbesondere nach dem starken Anstieg der Öl- und Energiepreise, im Wesentlichen von deren Energiekosten ab.

Die Stromkosten für die Elektrolyse bilden den bei weitem größten Kostenfaktor bei der Aluminiumherstellung.

Die in jüngster Zeit stark gestiegenen Strompreise sind auch der Hauptgrund für eine Reihe von Hütten-Schließungen in hoch industrialisierten Ländern. Deren Produktion wurde vor allem in Schwellenländer und in den Nahen Osten verlagert, weil dort die Energiepreise niedriger sind.

Die amerikanische Alcoa baut derzeit eine Hütte in Island, um dort von der reichlich vorhandenen Thermalenergie zu profitieren.

Auf dem Weg zum Stromversorger

Die beiden russischen Fusionspartner bauen indessen ihren Energievorteil weiter aus. "Wir sind auf dem bestem Wege, zum Stromversorger zu werden", erklärte erst vor wenigen Tagen Rusal-Chef Alexander Bulygin. Das Ziel sei, dreißig bis fünfzig Prozent des Strombedarfs für die Aluminiumerzeugung aus dem eigenen Hause zu decken.

Auch Sual-Chef Brian Gilbertson verfolgt diese Strategie. Der Manager, der früher an der Spitze des weltgrößten australischen Minenkonzerns BHP Billiton stand, kaufte bereits 2005 einen Versorgerbetrieb und eine Reihe von Kohlebergwerken auf, um auf diese Weise die steigenden Energiekosten im Griff zu behalten.

Günstige Bedingungen

Das Umfeld für den russisch-schweizerischen Verbund könnte vor dem Hintergrund einer Studie der Londoner Analysefirma Economist Intelligence Unit (EIU) kaum günstiger sein.

Anders als bei den derzeit stark überhitzten Preisen für Kupfer, Nickel oder Zink drohe bei Aluminium vorläufig kein ernsthafter Rückschlag, hieß es. Wegen der bislang vergleichsweise guten Vorratslage bei dem Leichtmetall sei dessen Preis bisher in diesem Jahr um nur knapp zehn Prozent gestiegen. Im Moment schrumpften die Bestände jedoch wieder.

Der weltweite Aluminiumverbrauch soll 2006 laut EIU um immerhin 6,5 Prozent auf 33 Millionen Tonnen wachsen, der Produktionszuwachs nicht zuletzt wegen der Hüttenstilllegungen in den USA und Europa dagegen nur um knapp fünf Prozent.

Experten prognostizieren stabile Preise

Dadurch drohe ein Produktionsdefizit von etwa 250.000 Tonnen. Die Londoner Experten prognostizieren bis auf weiteres weitgehend stabile Preise für das Leichtmetall. "Auf jeden Fall gehen wir für 2007 nicht mehr von einem markanten Einbruch an diesem Markt aus", stellen sie fest.

© SZ vom 4.9.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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