Funke flieht:Wo warst du, Aktionär?

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Nicht nur der Chef, auch die Aktionäre haben bei Hypo Real Estate und anderen Banken versagt - trotzdem hätte Georg Funke schon längst gehen müssen.

Martin Hesse

Am Ende war es nur noch eine Frage des Zeitpunktes. Georg Funke, Chef der Hypo Real Estate (HRE), ist unter dem Druck jener zurückgetreten, die das Überleben des Immobilienfinanzierers vorerst gesichert haben: Regierung und Banken.

Nach der Beinahe-Pleite folgt der Rücktritt: Hypo-Chef Georg Funke nimmt den Hut. (Foto: Foto: ddp)

Der Schritt war überfällig. Es ist nicht nachvollziehbar, warum Funke nicht schon vor zehn Tagen zurücktrat, als die Beinahe-Pleite der Hypo offenbar wurde.

Gerät eine Firma zumindest zum Teil durch eigenes Verschulden in eine existenzielle Krise, muss das Management die Verantwortung übernehmen und gehen. Darüber hinaus wirft aber nicht nur der Fall Hypo Real Estate die Frage auf, welche Verantwortung die Eigentümer einer Bank für ihren Erfolg oder Misserfolg haben.

Selbstüberschätzung

Funke hatte die HRE lange erfolgreich geführt, vom ungeliebten Ableger der Hypovereinsbank bis zu einem Dax-Konzern. Vielleicht hat sich Funke deshalb überschätzt. Er kaufte noch nach Ausbruch der Kreditkrise vergangenen Sommer die Depfa - was Skeptiker schon damals als Fehler ansahen. Vor allem aber leugnete Funke das Ausmaß der Krise und deren Folgen für die HRE. So kam es, dass er im Januar hohe Abschreibungen einräumen musste, obwohl er zuvor den Anschein erweckt hatte, die Krise betreffe die HRE nicht. Schon damals hätte Funke gehen müssen, womöglich hätte dann der nun entstandene Schaden abgewendet werden können.

Doch Funke ignorierte die Signale derer, auf die es letztlich ankommt: Die Eigentümer. Viele HRE-Aktionäre hatten Funke bereit im Januar abgewählt, indem sie ihre Anteile verkauften. Aber warum hielten die Eigentümervertreter im Aufsichtsrat angeführt von Kurt Viermetz an Funke fest? Warum stellte sich der neue Großaktionär Christopher Flowers bis heute hinter Funke?

Herdentrieb in der Bankenbranche

Eigentum verpflichtet, heißt es im Grundgesetz. Zu dieser Verpflichtung gehört auch, dass Eigentümer darüber wachen, wie Manager mit ihrem Besitz umgehen. Allzu leicht wird in diesen Tagen das Verhalten von Managern wie Funke oder führenden Investmentbankern angeprangert, die von Gier getrieben ihre Banken in den Abgrund rissen. Managergehälter aber werden von Aufsichtsräten gewährt, in denen die Eigentümervertreter das Sagen haben.

Die Kontrollgremien sollten auch darüber wachen, ob die Strategie des Managements tragfähig ist. Die Bankenkrise hat gezeigt, dass die Aktionäre und Aufsichtsräte damit überfordert sind. Der Staat übersah als Eigentümer der Landesbanken und Großaktionär der IKB, welch' großes Rad ihre Firmen mit Spekulationsgeschäften drehten. Aber auch hoch bezahlte Fondsmanager rannten mit der Herde, solange Banken Renditen von 25 Prozent und mehr versprachen. Kaum jemand fragte, wie nachhaltig solche Renditen sein können. Die Fehleinschätzung von Flowers bei der HRE zeigt, dass auch hochspezialisierte Investoren ihrer Verantwortung als Eigentümer nicht gerecht werden können oder wollen.

Nachhaltigkeitsfonds als Alternative

Wer dagegen hält, Aktionäre hätten die Risiken nicht sehen können, weil die Bankmanager sie versteckten, hat nur teilweise recht. Überdurchschnittliche Renditen gehen immer mit höheren Risiken einher. Die Eigentümer hätten also durchaus kritisch fragen können, wo die Risiken liegen. Richtig ist, dass privaten Kleinanlegern in der Regel das Wissen fehlt, die Qualität einer Bank zu beurteilen. Sie können ihrer Verantwortung als Eigentümer nur dadurch gerecht werden, dass sie nicht in Firmen investieren, die sie nicht verstehen. Legen sie ihr Geld über Fonds an, sollten Kleinsparer künftig viel genauer hinsehen, nach welchen Kriterien diese investieren. Nachhaltigkeitsfonds könnten eine Alternative sein, zumindest das kleinere Übel.

Bei der HRE haben nun die Retter das Sagen, über den Zugriff auf große Teile des Vermögens haben sie einen eigentümerähnlichen Status. Sichtbar wird das auch daran, dass künftig der bisherige Chefstratege der Deutschen Bank, Axel Wieandt, die HRE führt. Bis wieder andere Eigentümer Vertrauen in die Bank fassen, dürften viele Monate vergehen.

© SZ vom 8.10.2008/kim - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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