Fürstenhaus Liechtenstein:Die reichsten Monarchen Europas

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Ein millionenschwerer Kunstschatz, Steuerfreiheit - und Subventionen der EU: Wie die Liechtensteiner Fürstenfamilie ihr Vermögen vermehrt.

Uwe Ritzer

Seinen gewaltigen Kunstschatz hat das Liechtensteiner Fürstenhaus auch dem waghalsigen Husarenstück zweier treuer Untertanen zu verdanken. In einem Postbus und einem Lastwagen samt Anhängern schlugen sich Andreas und Franz Ritter aus dem Dorf Mauren in den letzten Kriegstagen 1945 auf abenteuerlichen Pfaden durch Österreich. Auf allerhöchste Bitten räumten sie dort die Verstecke aus, in denen ihre Obrigkeiten Gemälde und andere wertvolle Kunstwerke eingelagert hatten. Vorbei an versprengten Truppen und unberechenbaren Kontrollposten, schmuggelten die Brüder ihre brisante Fuhre nach Liechtenstein.

Erbprinz Alois von Liechtenstein (2. v. rechts), links davon seine Frau, Prinzessin Sophie. Eingerahmt sind die beiden von den Eltern Alois', Fürst Hans Adam II. (ganz links) und Fürstin Marie (ganz rechts). (Foto: Foto: AP)

Das großzügige Wohlwollen der Fürstenfamilie war ihnen fortan gewiss. Viele hundert Millionen Euro ist die weltweit einmalige Kunstsammlung derer von und zu Liechtenstein heute wert. Nur ein Bruchteil davon wird in dem Wiener Palais der Familie gezeigt; die meisten Werke sind eingelagert. Man besitzt so viele Exponate, dass bisweilen der Platz in den hoheitlichen Residenzen knapp wird. Dann wird entrümpelt - so wie im Jahr 2008. Damals ließ man mehr als 400 Stücke für fünf Millionen Euro versteigern. Nicht mehr als ein kleines Zubrot für ein Fürstenhaus, dessen Vermögen auf fünf Milliarden Euro taxiert wird.

Beileibe nicht Kunstgeschäfte allein haben die Herrscherfamilie des als Steueroase verrufenen, alpinen Zwergstaates zu den reichsten Monarchen Europas gemacht. Die britische Königsfamilie bringt es im Vergleich auf gerade mal ein Zehntel. Und während die Aktivitäten der Windsors ständig im Fokus der Weltöffentlichkeit stehen, treibt der 64-jährige Fürst Hans-Adam II., Herzog von Troppau und Jägerndorf Graf von Rietberg von seiner Schlossfestung hoch über Vaduz aus die weltweiten Kunst-, Banken-, Immobilien- und Agrargeschäfte äußerst diskret voran. Fragen dazu wollten weder er noch sein Sohn Erbprinz Alois beantworten.

Familienmitglieder - strategisch gut positioniert

Der Fürst ist das Oberhaupt der weit verzweigten, etwa hundertköpfigen Familie. Er fungiert als eine Art Vorstandsvorsitzender der Liechtensteiner Fürstenhaus AG. Die ihn kennen schildern ihn als ehrgeizig und in geschäftlichen Dingen höchst umtriebig. Wobei die Grenzen zwischen Eigeninteressen des Fürstenhauses und Staatsräson fließend sind. Keiner der 35.000 Liechtensteiner käme ernsthaft auf die Idee, der Fürstenfamilie Steuern abzuverlangen. Per Gesetz ist sie von solch lästigen Abgaben befreit. Um das politische Tagesgeschäft kümmert sich zwar eine gewählte Regierung. Doch ohne das Fürstenhaus geht nichts. Viele führende Posten in Staat und Justiz werden direkt von den Monarchen besetzt. Der älteste Fürstensohn Erbprinz Alois fungiert seit 15. August 2004 als Staatsoberhaupt. Der 40-Jährige, der mit einer bayerischen Prinzessin verheiratet ist, wirkt bei öffentlichen Auftritten merkwürdig steif und gehemmt. Der Vater habe das Sagen, heißt es in Vaduz.

Auch andere Familienmitglieder sind strategisch gut positioniert, etwa als Botschafter in Deutschland und Österreich. Als besonders geschickter diplomatischer Netzwerker gilt Fürstenbruder Prinz Nikolaus in Brüssel. Ihm werden besonders tiefe Kontakte in den Vatikan nachgesagt. Was vielleicht erklärt, weshalb Vaduz den als erzreaktionär verrufenen Erzbischof Wolfgang Haas aufnahm, den in der Schweiz keiner mehr haben wollte. Inzwischen rumort es auch im Liechtensteiner Katholikenvolk, aber im Vaduzer Schloss ist Haas offenkundig wohlgelitten. Er soll ein enger Ratgeber von Fürstin Marie sein.

Nicht um das Seelenheil, sondern um den schnöden Mammon kümmern sich Fürstensohn Max und sein Onkel Philipp. Der eine als Vorstandschef, der andere als Präsident des Stiftungsrates der LGT Group. Früher hieß diese ganz banal "Bank in Liechtenstein". Das klang nicht nur betulich, sondern spiegelte bei weitem nicht die Bedeutung des Geldhauses wider. Die LGT ist nicht nur die größte Bank Liechtensteins, sondern nach eigenen Angaben sogar "die größte private Anlagebank Europas". Sie verwaltet 100 Milliarden Schweizer Franken Kundeneinlagen. Hans-Adam II. und sein Gefolge müssen es als Stich ins Herz empfunden haben, dass ausgerechnet bei der LGT Treuhand Kundendaten von einem Mitarbeiter gestohlen und an den deutschen Staat verkauft wurden. Steuersünder wie Ex-Post-Chef Klaus Zumwinkel flogen so auf, aber vor allem war der Ruf der Fürstenbank als besonders verschwiegene Trutzburg schwer angekratzt. Seitdem schäumt Hans-Adam und leiht keine Gemälde mehr für deutsche Ausstellungen aus.

Nebengeschäfte mit Jagd und Fischerei

Dass er obendrein von der Bundesrepublik als Viertem Reich fabulierte, nahm man ihm nicht nur hierzulande übel. Zumal das Fürstenhaus keine Skrupel hat, sich auch mit deutschen Steuergeldern alimentieren zu lassen, nämlich über den Umweg der EU. Allein 2007 kassierte man für das familieneigene Gut im niederösterreichischen Wilfersdorf 912.000 Euro landwirtschaftliche Fördermittel aus Brüssel - so viel wie kein anderer österreichischer Bauer. Der Gutsbetrieb umfasst 3000 Hektar Anbaufläche, 3500 Hektar Wald und 42 Hektar Weinberge.

Neben den Wilfersdorfer Ländereien bewirtschaften die Liechtensteiner Monarchen in Österreich auch in Kalwang (Obersteiermark) 13.000 Hektar Wald, züchten dort Ballenpflanzen und erzeugen Energie. Hinzu kommen jeweils Nebengeschäfte mit Jagd und Fischerei. In Wien kümmert sich eine eigene Liegenschaftsfirma, um den umfänglichen Immobilienbesitz. Noch viel größer als der Besitz in Österreich wären die Ländereien der Vaduzer Fürsten in Tschechien. Doch diese wurden samt Schlössern und Industriebeteiligungen 1945 enteignet und verstaatlicht. Alle Versuche Hans-Adams, sie bei internationalen Gerichtshöfen zurückzuklagen, schlugen fehl und kosteten vor allem die Liechtensteiner Steuerzahler viel Geld.

Nicht ohne Störgeräusche laufen auch die Reisgeschäfte. RiceTec heißt das fürstliche Unternehmen mit Sitzen in Vaduz und im texanischen Alvin. Es züchtet, produziert und vermarktet hochwertige Reissorten und beliefert 20.000 amerikanische Supermärkte. Den Versuch, 16 Basmati-Reissorten in den USA patentieren und schützen zu lassen, kritisierten Entwicklungsorganisationen als Bio-Piraterie, die hunderttausende indischer und pakistanischer Reisbauern die Existenz koste. Der Patentschutz wurde von den Behörden für die meisten Sorten verweigert. Die Kritik an seinem Geschäftsgebaren empfand Fürst Hans-Adam als ungehörig.

© SZ vom 02.04.2009/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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