Fondsmanager Ken Fisher:"Lasst Griechenland pleitegehen"

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Ken Fisher widerlegt gängige Thesen und investiert gegen den Strom. Das hat den Amerikaner zum Milliardär gemacht - auch wenn er schon kräftig daneben lag.

S. Boehringer und C. Hoffmann

Ken Fisher gilt als Börsen-Genie und unerschütterlicher Optimist. "Ich erwarte ein weiteres Superjahr", verriet er der Schweizer Weltwoche im April 2007. Dem Deutschen Aktienindex traute der amerikanische Querdenker damals einen Anstieg bis auf 12.000 Punkte zu. Die Rally war dann aber schon im Juli zu Ende - bei 8100 Punkten.

Ken Fisher ist mit der Börse groß geworden - seit Vater hatte sogar Warren Buffet beraten. Auch jetzt ist das Parkett Fishers Spielplatz. (Foto: ddp)

Was folgte, war die schwerste Finanz- und Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit. Auch wenn Ken Fisher mit seinen Prognosen nicht immer richtig lag, gehört er heute zu den 300 reichsten Amerikanern. Fishers Vater Philip war einst Lehrmeister des legendären US-Investors Warren Buffett, derzeit sogar drittreichster Mann der Welt.

"Ich bin weit entfernt davon, perfekt zu sein", räumt Junior Fisher im Gespräch mit der SZ ein. "Auch Warren Buffett hat einige Fehler gemacht. Die geraten aber in Vergessenheit, wenn das langfristige Ergebnis stimmt." Die Zahlen sprechen für Fisher. Der 60-jährige Profianleger, der vor mehr als 30 Jahren seine eigene Investmentfirma gründete, schlägt mit seinen Depots das amerikanische Aktienbarometer S&P trotz diverser Turbulenzen an den Börsen seit zwölf Jahren regelmäßig um durchschnittlich rund fünf Prozentpunkte.

Dabei wollte Ken Fisher ursprünglich Parkranger werden im Redwood-Forest - und dort Mammut-Bäume pflegen. Statt dessen ist er Milliardär und Hobby-Waldinvestor. Die Bäume liebt er seit seiner Kindheit. Wie viel Geld er hat, versteht der Amerikaner im verbeulten Jacket gut zu verbergen. Eine wild gemusterte Krawatte ziert sein Hemd, die dutzendfach den Aufdruck "Wall Street" trägt.

Fisher besitzt weder Yacht noch Privatjet. Kurz: Er scheint ein Mensch zu sein, der sich nicht besonders viel aus Statussymbolen und Geld macht. Dennoch steuert er für seine Kunden 43 Milliarden Dollar, schreibt für das US-Magazin Forbes Kolumnen und hat etliche Bücher geschrieben, darunter der Bestseller "The Ten Roads to Riches" - zehn Wege zum Reichtum. In Deutschland ist Fisher an der Vermögensverwaltung Grüner-Fisher Investments beteiligt.

Die ständige Suche nach dem Gegenteil

Wie er das macht, reich zu werden? Fisher nimmt Ansichten auseinander, die alle für Allgemeingut halten, und überprüft diese. Wenn es ihm gelingt, die These zu widerlegen, weiß er mehr als andere Investoren und versucht dies, kurzfristig auszunützen. "Beweise das Gegenteil", sagt Fisher, denn nur, wer der Masse der Anleger einen Schritt voraus sei, schneide an der Börse besser ab als die anderen.

"Immer, wenn eine Menge Leute zu wissen meint, was passiert, kommt es anders", erklärt der erfahrene Stratege. "Allgemein bekannte Weisheiten bringen an der Börse nichts, sie spiegeln sich bereits in den Kursen wider."

Das Schuldenthema ist so ein Beispiel. "Ich sehe, dass die Leute Angst vor der hohen Staatsverschuldung in den USA haben und frage mich: Ist es möglich, dass diese Furcht unbegründet ist?" "Wenn das so wäre, wäre es eine gute Nachricht für den Aktienmarkt, weil sich eine solch weit verbreitete Angst ja längst in den Kursen niedergeschlagen hat." Fisher hat freilich keine Angst vor den amerikanischen Staatsschulden: "Das beunruhigt mich nicht."

Es war schon mal viel schlimmer

Die Nettoschulden der Vereinigten Staaten, also jener Teil der US-Anleihen, der nicht von staatlichen Institutionen gehalten wird, liege gegenwärtig bei 62 Prozent der amerikanischen Wirtschaftsleistung. Höher war die Quote nur gegen Ende des Zweiten Weltkriegs, viel höher sogar. Dennoch gingen die USA nicht pleite. Damit wäre die Angstthese widerlegt, meint Fisher.

Oder Großbritannien: Das Königreich kommt heute auf eine Schuldenquote von 52 Prozent. Mehrmals in der 300-jährigen Geschichte waren die Briten drei bis vier Mal so hoch verschuldet, ohne bankrott zu gehen. "Wenn es damals gut ging, dann heute doch erst recht", sagt Fisher. "Großbritannien, die USA und auch Deutschland können ihre Schulden wuppen."

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Selbst ein zuversichtlicher Mensch wie Fisher will allerdings nicht ausschließen, dass es in den nächsten zehn Jahren zur Schuldenkatastrophe kommt. Aber wen, bitteschön, interessiere heute eine Pleite, die vielleicht zehn Jahre auf sich warten lässt? "Irgendwann werden die Menschen der Unglückswarnungen müde, dann schwindet die Furcht und die Kurse steigen", glaubt Fisher.

Überhaupt, die Börse: In diesem Jahr traut er den Aktienkursen zwar keine großen Sprünge zu, sieht aber auch keine Katastrophen auf die Anleger zukommen. Nach jedem großen Bärenmarkt samt tiefer Rezession glaubten die Menschen, dass diesmal alles anders sei, dass die Probleme zu groß seien, um überwunden werden zu können.

Auch so eine These, die Fisher zu widerlegen gedenkt: "Nichts ist anders, es ist immer dasselbe." Die Geschichte lehre, dass einer verlorenen Dekade wie den Jahren 2000 bis 2010 stets eine großartige Zeit folge. Der Grund für so viel Zuversicht: Nach zehn schwierigen Jahren an der Börse seien Aktien billig, obwohl die Leistung der Weltwirtschaft gestiegen sei, die Unternehmen viel höhere Gewinne auswiesen und üppigere Bargeldreserven besäßen als zuvor.

Nur sind die Bundesbürger nach zwei Crashs in wenigen Jahren verunsichert. "Der beste Rat für solche Leute ist: Sie sollten keine kurzfristigen Anlageentscheidungen treffen", doziert Fisher. "Wer Aktien nach dem Crash 2002 verkaufte, 2007 zurückkam und 2008 verkaufte, der sollte Investment-Entscheidungen seinen Kindern überlassen, oder den Nachbarn, oder dem Pfarrer, irgendjemandem, dem er vertraut."

Fishers Sohn habe ihn unlängst gefragt, ob er sich nicht um das Vermögen seiner Schwiegereltern kümmern könne, die ähnlich glücklose Anleger zu sein scheinen wie viele Deutsche. Fisher zögerte: "Ich will dort nicht zur Weihnachtszeit eingeladen werden und feststellen müssen, dass diese Leute wütend auf mich sind."

Der Sohn habe erwidert: "Egal, was Du machst, Du kannst es nicht schlechter machen als sie. Und sie vertrauen dir." Also auf an die Börse! Die Angst vor einer schwachen US-Konjunktur sei ohnehin "Blödsinn", schimpft Fisher. "Den USA geht es ausgezeichnet."

"Griechenland ist völlig bedeutungslos"

Nicht in allen Dingen ist der US-Milliardär so penetrant optimistisch. Probleme allerdings haben niemals die USA, sondern allenfalls die anderen: Europa beispielsweise, insbesondere Griechenland.

Mit einem sehr gesunden Selbstbewusstsein eines Amerikaners, der auf die, in wirtschaftlichen Fragen leicht unterbelichteten, Europäer blickt, empfiehlt er: "Lasst Griechenland pleitegehen! Das Land ist ökonomisch völlig bedeutungslos. Auf Italien und Spanien kommt es an, auf Griechenland nicht", wettert der Ökonom.

Angela Merkel solle Athen den Gesetzen des freien Marktes überlassen, dann müsse das Land 25 Prozent Zinsen zahlen, wie in der Vergangenheit auch schon mal. Das sei "brutal, aber gerecht".

© SZ vom 12.03.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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