Finanzkrise:US-Notenbank rettet AIG mit zig Milliarden

Mega-Pleite in letzter Sekunde verhindert: Die US-Notenbank gewährt dem angeschlagenen Versicherungsriesen AIG einen Milliardenkredit - und übernimmt dafür die Mehrheit an dem Konzern. Die Börsen atmen auf.

Die US-Notenbank rettet den ums Überleben kämpfenden Versicherungskonzern American International Group (AIG) mit einem Kredit in Höhe von 85 Milliarden Dollar - umgerechnet 60 Milliarden Euro. Im Gegenzug werde die Regierung einen Anteil von 79,9 Prozent an AIG übernehmen, erklärte die Fed in New York.

Finanzkrise: Der taumelnde US-Versicherungsriese AIG ist gerettet - jedenfalls vorläufig.

Der taumelnde US-Versicherungsriese AIG ist gerettet - jedenfalls vorläufig.

(Foto: Foto: AFP)

Ein Bankrott des Versicherers könne die wegen der Finanzmarktkrise bereits angeschlagenen Märkte untergraben, begründete die Fed ihre Entscheidung. Das Weiße Haus erklärte, man unterstütze den Rettungsplan.

Stabilisierung der Märkte

Die angekündigten Schritte sollten die Finanzmärkte stabilisieren und den Schaden für die Wirtschaft begrenzen, sagte Sprecher Tony Fratto. Auch Finanzminister Henry Paulson erklärte, er stehe hinter dem Megakredit.

Die Rettungsaktion läuft ähnlich ab wie die Hilfe für die Hypotheken-Banken Fannie Mae und Freddie Mac. Der Investmentbank Lehman Brothers hatte Washington am Wochenende dagegen Unterstützung durch Steuergelder verweigert.

Gewährsleute hatten am Dienstag gesagt, Banker und Regierungsvertreter seien zu dem Schluss gekommen, dass AIG am besten mit einer staatlichen Geldspritze vor der Pleite bewahrt werden könne. Investoren befürchteten, dass ein Konkurs des Versicherers weitreichendere Folgen für das US-Finanzsystem bedeutet hätte als der Zusammenbruch von Lehman. Die an der Wall Street wenig bekannte AIG hat Geschäftsverbindungen zu fast jeder Finanzinstitution weltweit.

Finanzminister Paulson und Notenbankchef Ben Bernanke kamen am Dienstag mit Mitgliedern des Kongresses zusammen, um sie über mögliche Maßnahmen zugunsten von AIG zu informieren. Die drei wichtigsten Ratingagenturen hatten den Konzern am Montagabend herabgestuft und damit den Druck auf das Unternehmen weiter erhöht.

Folgen der Hypothekenkrise

Bereits im August hatte AIG erklärt, eine Zurückstufung der Kreditwürdigkeit um eine Stufe würde erfordern, neue Sicherheiten im Volumen von 13,3 Milliarden Dollar beizubringen, und damit die Liquidität der Gesellschaft einengen.

AIG erlitt in der ersten Jahreshälfte einen dramatischen Umsatzeinbruch und erwirtschaftete mit knapp 34 Milliarden Dollar 45 Prozent weniger als im Vorjahr mit knapp 62 Milliarden. Der Aktienkurs war zu Handelsbeginn an der Wall Street am Dienstag um 63 Prozent auf nur noch 1,74 Dollar abgestürzt. Im vergangenen Jahr hatte das Papier über 70 Dollar erreicht.

Trendwende der Fed

Wie viele andere Versicherer leidet AIG unter der Verschlechterung der Kreditbedingungen im Zuge der Hypothekenkrise. Sorge bereitet Anlegern vor allem, dass die riskanten sogenannten "strukturierten" Finanzmarktprodukte, die AIG versichert hat, sich immer mehr als faul herausstellen könnten.

Regierung und Notenbank hatten bis zuletzt staatliche Hilfen für AIG immer wieder ausgeschlossen. Eine konzertierte Rettungsaktion innerhalb der Branche durch andere Versicherer und Banken sei aber nicht zustande gekommen, berichtete etwa die New York Times unter Berufung auf mit den Verhandlungen vertraute Personen.

Achterbahnfahrt an den amerikanischen Börsen

Schon kurz vorher hatten US-Medienberichte über mögliche staatliche Hilfen für positive Reaktionen an den Finanzmärkten gesorgt: Die amerikanischen Börsen schlossen nach einer wilden Achterbahnfahrt ins Plus. Der Dow-Jones-Index stieg um 1,30 Prozent auf 11 059,02 Punkte.

Für weitere Aufhellung sorgte die zweitgrößte US-Investmentbank Morgan Stanley, die nach Börsenschluss vergleichsweise gute Zahlen vorlegte. Der Überschuss lag im Ende August abgeschlossenen dritten Geschäftsquartal bei 1,4 Milliarden Dollar und damit vergleichsweise nur acht Prozent unter dem Vorjahr. Die Bekanntgabe der Zahlen war eigentlich erst für Mittwoch geplant. Angesichts der jüngsten Turbulenzen bei Wettbewerbern wie Lehman Brothers und Merrill Lynch hatte sich die Bank aber zur früheren Veröffentlichung entschlossen.

Nach den lateinamerikanischen Finanzmärkten, die schon am Dienstagabend etwas Aufwind registriert hatten, zogen am Morgen auch die asiatischen Börsen nach oben. Unter anderem notierte in Tokio der Nikkei für 225 führende Werte zur Halbzeit einen deutlichen Aufschlag von 241,06 Punkten oder 2,08 Prozent beim Zwischenstand von 11.850,78 Punkten.

Zuvor hatte die japanische Zentralbank noch weitere zwei Billionen Yen - umgerechnet 13,2 Milliarden Euro - in den Geldmarkt des Landes gepumpt.

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