Finanzkrise:US-Kongress über Rettungsplan einig

Es ist vollbracht: Nach tagelangem Ringen um das 700 Milliarden Dollar schwere Rettungspaket für die US-Finanzbranche ist der Durchbruch gelungen.

Demokraten und Republikaner im US-Kongress sowie die Regierung haben Einigkeit über einen Rettungsplan für notleidende Banken erzielt, berichtete der TV-Sender CNN am Sonntag. Das 700 Milliarden Dollar schwere Paket soll am Montag vom Repräsentantenhaus verabschiedet werden.

Pelosi, Paulson

Sie konnten eine Annäherung verkünden, doch zunächst fehlten noch die Unterschriften: Nancy Pelosi (M.) und Finanzminister Paulson (r.).

(Foto: Foto: AP)

Experten hatten zuvor gewarnt, wenn vor Öffnung der Finanzmärkte am Montagmorgen kein Rettungspaket auf dem Tisch liege, könnten die Märkte mit erneuten Kurseinbrüchen und Panik reagieren.

Wie der CNN berichtete, ist vorgesehen, das 700- Milliarden-Dollar-Paket in mehreren Tranchen bereitzustellen. Zunächst könne die Zentralbank über 250 Milliarden Dollar verfügen.

Auch die Kongressforderung nach parlamentarischer Aufsicht bei der Vergabe der Gelder solle in den Vereinbarungen festgehalten werden.

Im ursprünglich vorgelegten Regierungsprogramm war keinerlei parlamentarische Kontrolle vorgesehen; dies war von beiden Parteien im Kongress auf scharfen Widerstand gestoßen. US-Medien sprachen von einem "historischem Rettungsprogramm".

Obama und McCain signalisieren Unterstützung

Die US-Präsidentschaftskandidaten John McCain und Barack Obama haben vorsichtige Unterstützung für den jüngsten Entwurf des milliardenschweren Finanzpaketes signalisiert. Zwar müsse er die Gesetzgebung noch genau studieren, teilte der Demokrat Obama am Sonntag mit. Es habe jedoch den Anschein, dass die von ihm geforderten Grundsätze berücksichtigt worden seien. Dazu gehörten die unabhängige Überwachung des Programms, die Möglichkeit der Regierung, die zur Verfügung Gelder wieder zurückzuholen, mehr Unterstützung für von Zwangsvollstreckung bedrohten Hausbesitzern und Regeln für Managergehälter von in Schwierigkeiten geratenen Firmen.

Obamas republikanischer Rivale McCain sagte dem Fernsehsender ABC auf die Frage, ob er das Rettungspaket unterstütze, lediglich: "Hoffentlich Ja." Der Vertrag sei "etwas, an dem die Menschen schwer zu schlucken hätten, der aber durchgezogen werden muss". Auch McCain sagte, seine Forderungen seien berücksichtigt worden. Diese stimmten zum Großteil mit denen von Obama überein.

Wie die New York Times berichtete, sei die Regierung zudem angewiesen, im Zuge des Rettungsplans auch bedrängten Hausbesitzern zu helfen; dies war eine der Kernforderungen der Demokraten. Es gebe auch keine Einwände mehr gegen Obergrenzen für Gehälter von Topmanagern solcher Firmen, denen mit dem Programm geholfen wird.

Zudem sei gewährleistet, dass der Staat, der jetzt notleidende Banken stützt, an deren späteren Gewinnen teilhaben kann. Dies sei vor allem von den Republikanern verlangt worden, die grundsätzliche Bedenken hatten, Privatfirmen mit Steuergeldern wieder auf die Beine zu helfen.

Einzelheiten, worauf sich der Kongress vorläufig geeinigt hatte, wurden zunächst nicht offiziell bekannt. Es hieß, führende Kongresspolitiker würden am Sonntagmittag wieder zusammentreffen, um Einzelheiten auszuarbeiten. Noch liege keine formelle Einigung vor, betonten Senatoren. Eine Abstimmung im Repräsentantenhaus sei möglicherweise noch am Sonntag geplant, aber auch später möglich. Der Senat soll Anfang der Woche sein Veto abgeben. Präsident George W. Bush solle den Gesetzentwurf "in den nächsten Tagen auf dem Tisch haben", hieß es in Medienberichten. Auch Finanzminister Henry Paulson, der an den Verhandlungen teilnahm, äußerte sich optimistisch.

Wie CNN berichtete, werde das Paket auch einen "Versicherungsfaktor" enthalten. Diesen alternativen Vorschlag hatten Republikaner ins Spiel gebracht, damit nicht nur der Steuerzahler zur Rettung der Banken zur Kasse gebeten wird. Stattdessen solle den angeschlagenen Banken ein Kredit-Versicherungsschutz angeboten werden. Demnach würden Banken in einen Pool Prämien einzahlen, mit denen dann in Not geratenen Finanzhäusern unter die Arme gegriffen werden kann.

Vertreter der Zentralbank lehnten diesen Vorschlag zunächst ab, er würde in der Praxis nicht funktionieren, schreibt das Wall Street Journal.

Bush erhöht den Druck

Präsident Bush hatte am Samstag erneut alle Seiten zu raschem Handeln aufgerufen. Die Krise hatte auch die erste TV-Debatte der beiden Präsidentschaftskandidaten Barack Obama und John McCain am Freitagabend (Ortszeit) überschattet. "Ich fühle mich heute Abend ein bisschen besser", sagte der Republikaner McCain. Es sei ermutigend, dass Republikaner und Demokraten zusammenarbeiteten. Zugleich warnte er aber vor überzogenen Hoffnungen auf eine schnelle Krisenüberwindung. "Dies ist nicht der Beginn vom Ende der Krise." Zugleich beharrte er darauf, dass die Staatsausgaben drastisch beschränkt werden müssten. Dagegen machte Obama vor allem die Wirtschafts- und Finanzpolitik der Regierung Bush verantwortlich.

Das Tauziehen um das "historische Rettungspaket" dauerte über eine Woche. Bereits am Donnerstag war eine Einigung verkündet worden. Bei einem dramatischen Treffen von Kongressmitgliedern mit Bush im Weißen Haus kam es aber zu offenem Streit und ungewöhnlich scharfen Wortgefechten. Im Zuge der Verhandlungen war Finanzminister Henry Paulson vor Pelosi buchstäblich niedergekniet und hatte um Annahme der Vorschläge gefleht.

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