Finanzkrise in Irland:Angst vor zweitem Griechenland

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Die Sorgen um das Sanierungsprogramm Irlands und die Zukunft einer Bank belasten die Märkte. Ausgerechnet in dieser nervösen Situation will die Regierung bei Investoren wieder Geld einsammeln.

S. Boehringer, C. Gammelin und A. Oldag

Irlands Finanzminister Brian Lenihan eilt derzeit von Termin zu Termin, um vor allem Gerüchte über eine mögliche Pleite des Landes zu dementieren. Sein Problem: Die Märkte reagieren zunehmend misstrauisch. Die Befürchtung ist, dass Irland ein zweites Griechenland werden könnte.

Mit der irischen Idylle könnte es bald vorbei sein. (Foto: ag.dpa)

Die Stunde der Wahrheit schlägt an diesem Dienstag: Dann will Dublin bei Investoren wieder Geld einsammeln. Anleihen über 1,5 Milliarden Euro sollen am Markt platziert werden. Dabei sind die Risikoaufschläge für Irland-Papiere weiter gestiegen. Der Zinsabstand auf zehnjährige Titel kletterte am Montag im Vergleich zur entsprechenden Bundesanleihe auf ein Rekordhoch.

Hintergrund der neuen Nervosität an den Märkten sind vor allem die hohen Sanierungs- und Abschreibungskosten für die irische Bankenbranche. Insbesondere die taumelnde Anglo Irish Bank erweist sich als Fass ohne Boden. Finanzminister Lenihan hat vor kurzem eine Aufspaltung des Instituts bekannt gegeben. Dieses soll aber nur ein Zwischenschritt zur gänzlichen Abwicklung des Instituts sein. Die Ratingagentur Fitch hatte die Bonität nochmals herabgestuft.

"Am Markt weiß momentan keiner, wie schlecht es um die Bank steht, daher ist die Nervosität so groß", sagt Jens-Oliver Niklasch, Euroland-Experte der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Die Anglo Irish Bank wurde 2009 verstaatlicht, nachdem sie unter anderem wegen des Zusammenbruchs am Immobilienmarkt in Schieflage geraten war. Erst Anfang Oktober wird nach den Worten von Finanzminister Lenihan klar sein, wie viel Geld der Staat noch für Anglo Irish bereitstellen muss.

Das Land hat bereits etwa 20 Prozent seiner gesamten Wirtschaftsleistung in die Rettung des Bankensektors gesteckt. Zugleich kletterte die Neuverschuldung 2009 auf 14,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Das ist ein trauriger Rekord in der Euro-Zone. Die gesamte Staatsverschuldung dürfte in den nächsten zwei Jahren auf 98 Prozent des BIP steigen.

Nach Einschätzung der irischen Zentralbank droht dem Land bei der Sanierung des Haushalts ein Rückschlag. Wegen der schleppenden Konjunkturentwicklung sowie hoher Kreditkosten werde Irland das Ziel kaum erfüllen, bis Ende 2014 die Neuverschuldung auf unter drei Prozent gemessen am Bruttoinlandsprodukt zu drücken, um die EU-Kriterien zu erfüllen, hieß es. Die Regierung werde ihre Haushaltspläne wohl bald an die holprige Entwicklung der Konjunktur anpassen müssen, sagte der irische Zentralbankchef Patrick Honohan am Montag. Am Freitag hatte das Gerücht, Irland benötige Hilfe des Internationalen Währungsfonds (IWF), für Aufregung gesorgt. "Es steckt absolut nichts Wahres in dem Gerücht, wonach Irland internationale Hilfe braucht", betonte ein Regierungssprecher in Dublin.

Bei der Europäischen Kommission wurde vorsorglich das weitere Vorgehen erläutert für den Fall, dass sich Irland an diesem Dienstag nicht die erhoffte Geldspritze von 1,5 Milliarden Euro am Kapitalmarkt beschaffen könnte. Von dem europäischen Rettungsschirm (Kasten) würden bei einer Anfrage aus Dublin zunächst 60 Milliarden Euro angezapft, die die EU-Kommission zu dem insgesamt 750 Milliarden Euro schweren Garantietopf beisteuert. Ein Drittel der Hilfen kämen dann vom IWF, hieß es am Montag. Die EU-Kommission zeigte sich zuversichtlich, dass Irland keine Hilfe nötig habe. "Von Seiten Irlands ist keinerlei Anfrage eingetroffen", sagte ein Sprecher der Behörde am Montag. "Wir haben volles Vertrauen, dass Irland seine Spar- und Reformpläne vollständig umsetzen kann."

Die Stimmung an den Börsen blieb dennoch angespannt. Neben den Zinsen auf irische Anleihen stieg auch der Preis für portugiesische Schuldtitel auf fast 6,4 Prozent an. Die portugiesische Regierung möchte am Mittwoch, eine Anleihe über gut eine Milliarde Euro verkaufen. "Die Portugiesen kommen öfters an den Markt als angekündigt und reizen das angekündigte Volumen immer mehr als aus", erklärt David Schnautz, Anleihenexperte der Commerzbank. Das sorge für zusätzliches Misstrauen am Markt.

© SZ vom 21.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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