Finanzkrise:Im Banken-Krankenhaus

Nach neun Monaten Kreditkrise kristallisiert sich eine Typologie der Patienten heraus.

Martin Hesse

Seit drei Quartalen quälen sich die Banken jetzt durch die Kreditkrise. Weltweit hat die Branche wegen des Preisverfalls am amerikanischen Immobilienmarkt und an den Kreditmärkten mehr als 230 Milliarden Dollar verloren. Und allmählich entstehen Muster, welche Finanzdienstleister wie stark betroffen sind und mit welchen Mitteln sie die Probleme bekämpfen. Grob lassen sich die Banken anhand dieser beiden Kriterien in drei Gruppen einteilen.

Es gibt erstens die Patienten auf der Intensivstation. Dazu zählen in Deutschland die IKB, die SachsenLB und die WestLB, in Großbritannien Northern Rock und in Amerika die Investmentbank Bear Stearns. Sie alle waren unfähig, die Folgen der Kreditkrise aus eigener Kraft und ohne massive staatliche Hilfe zu bewältigen.

Ausgliederung in Zweckgesellschaft

Die SachsenLB schlüpfte bei der Landesbank Baden-Württemberg unter, Bear Stearns ging mit staatlicher Kreditgarantie an J.P. Morgan, Northern Rock wurde verstaatlicht. Die IKB wurde durch teils privat, überwiegend staatlich finanzierte Rettungsmaßnahmen am Leben gehalten. Die WestLB überlebte, weil sie ihre verseuchten Kreditpapiere in eine Zweckgesellschaft ausgliederte und die (staatlichen) Eigentümer dafür geradestehen. Diese Banken haben absolut betrachtet in der Krise nicht die höchsten Verluste davongetragen. Entscheidend ist, dass sie gemessen an ihrer Größe bei weitem zu viele riskante Investments getätigt hatten. Deshalb schnitten ihnen die übrigen Banken den Zugang zur Geldversorgung ab.

Der zweiten Gruppe gehören Banken an, die zwar erhebliche Verluste erlitten haben, aber bisher ihre Selbstständigkeit wahren konnten. Häuser wie die Schweizer UBS, die amerikanischen Banken Citigroup, Merrill Lynch und Lehman Brothers holten sich frisches Geld über den Kapitalmarkt, wenngleich es sich bei den Geldgebern zum Teil um Staatsfonds handelt, die aber wie private Investoren anlegen. Man kann diese Banken mit Patienten in intensiver ambulanter Behandlung vergleichen. Sie mussten teils mehr als 20 Milliarden Dollar abschreiben. Dennoch halten anderen Banken und Investoren sie bislang für groß und stark genug, diese Verluste zu verkraften.

Es geht auch ohne frisches Kapital

Einer dritten Kategorie gehören in Deutschland die Deutsche Bank, die Commerzbank, die Postbank aber auch einige Landesbanken wie die Helaba an. Beispiele im Ausland sind J.P.Morgan und Bank of America (USA), HSBC und RBS (Großbritannien) sowie Credit Suisse (Schweiz). Sie mussten zwar ebenfalls teils erhebliche Werte in ihren Bilanzen abschreiben. Doch brauchten diese Institute bislang kein frisches Kapital. Diese Patienten therapieren sich mit mehr oder weniger starken Mitteln - geringere Boni, Stellenabbau - selbst.

Sonderfälle sind die Dresdner Bank, die ohne die Unterstützung der Mutter Allianz wohl der zweiten Gruppe zuzurechnen wäre, sowie die BayernLB. Sie holt sich über eine Kapitalerhöhung neues Geld und gliedert ähnlich der WestLB Problemkredite aus. Die Sparkassen und der Freistaat Bayern schirmen die Landesbank gegen Ausfallrisiken ab. Deshalb ist unklar, ob die BayernLB auch als private Bank in der Lage wäre, sich über den Kapitalmarkt ausreichend zu stärken. Ihre Lage ist jedoch nach derzeitigem Stand und dem Urteil der Ratingagenturen nicht so prekär wie bei der WestLB.

All das ist eine Momentaufnahme. Niemand würde derzeit dagegen wetten, dass noch mehr Patienten auf die Intensivstation müssen.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: