Finanzindustrie:Jobkiller Deutsche Bank

Angst vor der Übernahme: Die Postbank-Mitarbeiter befürchten einen Wegfall von bis zu 10.000 Arbeitsplätzen, wenn die Deutsche Bank demnächst die Mehrheit hält. Doch im Hauruck-Verfahren ist ein Stellenabbau nicht möglich.

Harald Freiberger

Der Konzernbetriebsrat der Postbank befürchtet den Abbau von bis zu 10.000 Jobs, wenn die Deutsche Bank die Mehrheit übernimmt. Die Zahl ergibt sich für die Arbeitnehmervertreter aus den Sparzielen, die mit der Fusion verbunden sind. "Vor allem im Back-Office rechnen wir mit einem verstärkten Personalabbau", sagte Konzernbetriebsratschef Bernd Rose. Die Deutsche Bank habe bisher explizit die Bereiche IT und Operations genannt, also die Abteilungen, die für die Computersysteme und die Dienstleistungen wie Kontoführung, Nachforschung oder Bearbeitung von Belegen zuständig sind.

Finanzindustrie: Bei der Postbank könnten mehrere Tausend Jobs wegfallen.

Bei der Postbank könnten mehrere Tausend Jobs wegfallen.

(Foto: AP)

Der Betriebsrat äußert seine Bedenken in seiner Stellungnahme zum Übernahmeangebot der Deutschen Bank. Diese bietet den freien Postbank-Aktionären noch bis zum 24. November 25 Euro für jedes Papier. Die Deutsche Bank hatte mitgeteilt, dass sie aus der Fusion ab 2014/15 jährliche Synergien von einer Milliarde Euro erwartet. Drei Viertel davon, also 750 Millionen Euro, ließen sich aus Kosteneinsparungen erzielen.

Der Konzernbetriebsrat rechnet dies auf einzelne Stellen um: Nach bisherigen Erfahrungen mit Sparprogrammen in der Postbank entfielen rund 40 Prozent der angestrebten Ziele auf Personalkosten, das seien rund 300 Millionen Euro im Jahr. Umgerechnet auf einzelne Stellen bedeutet dies einen Abbau von bis zu 7000 Jobs. Lege man "weitergehende Erfahrungen aus der Finanzdienstleistungsbranche zugrunde", könnten sogar bis zu 8000 Stellen wegfallen. Dies komme zu einem ohnehin schon laufenden Programm hinzu, das 2000 Jobs umfasst. Insgesamt gehe es also um 10.000 Stellen.

Der Konzernbetriebsrat lässt offen, wie viele Stellen davon bei der Deutschen und wie viele bei der Postbank wegfallen könnten. "Darüber lässt sich nur spekulieren, weil noch nicht feststeht, welcher Bereich in welchem Unternehmen der bessere ist", sagte Betriebsratschef Rose. Die Postbank hat derzeit rund 20.000 Beschäftigte, die Deutsche Bank 30.000. Demnach fiele mit der Integration im schlimmsten Fall jede fünfte Stelle weg.

Die Deutsche Bank nimmt dazu keine Stellung, solange das Übernahmeangebot läuft. Aufsichtsrat und Vorstand der Postbank weisen in ihrer Stellungnahme zum Übernahmeangebot aber vorsorglich darauf hin, dass "IT und Operations der Postbank bereits effiziente Plattformen sind, die künftig einen erheblichen Beitrag zum Erfolg des Privatkundengeschäfts leisten können". Mit anderen Worten: Die Deutsche Bank solle doch schauen, ob in den Bereichen bei ihr selbst nicht eher Sparbedarf herrscht.

Im Hauruck-Verfahren kann die Deutsche Bank bei der Postbank ohnehin keine Stellen streichen: 44 Prozent aller Mitarbeiter sind verbeamtet, eine Kündigung scheidet bei ihnen aus. Der Personalabbau kann also bei fast der Hälfte der Mannschaft nur so schnell ablaufen, wie diese in Rente geht. Und für den Rest der Beschäftigten gibt es bei der Postbank Vereinbarungen, die den Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen festlegen. Für etwa die Hälfte der Belegschaft, vor allem die Mitarbeitern in den Filialen, läuft diese Bindungsfrist bis Ende 2011, für die andere Hälfte in der Zentrale und bei Töchtern sogar bis Ende 2012. Vorher kann die Deutsche Bank also gar keine Stellen streichen.

Gemeinsam 24 Millionen Kunden

Die Gewerkschaft Verdi fürchtet trotzdem, dass "die Beschäftigten für die Übernahme und die Integration bezahlen sollen". Die Verschmelzung werde aber nicht gegen, sondern nur mit den Mitarbeitern funktionieren. Gemeinsam mit den beiden Konzernbetriebsratschefs forderte Verdi die Vorstände beider Unternehmen schon vor Wochen auf, mit ihnen über soziale Standards zu verhandeln. So sollten betriebsbedingte Kündigungen vermieden, alle Standorte erhalten und bestehende Betriebsvereinbarungen abgesichert werden.

Der Konzernbetriebsrat warnt in seiner Stellungnahme außerdem vor den Gefahren der unterschiedlichen Firmenkulturen. Die Zusammenführung der beiden Unternehmen könne nur dann erfolgreich sein, "wenn die historischen und kulturellen Wurzeln, vor allem aber die verfassungs-, personalrechtlichen und tarifpolitischen Besonderheiten der Postbank von der Deutschen Bank respektiert werden und in ihrem Kern erhalten bleiben".

Die Postbank betreut in 1100 Postbank-Filialen 14 Millionen Kunden. Die Deutsche Bank will das Institut übernehmen, um ihr eigenes Privatkundengeschäft zu stärken und weniger abhängig vom schwankenden Investmentbanking zu sein. Gemeinsam kämen beide Häuser auf 24 Millionen Kunden.

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