Finanzindustrie:Die Leiden der Bankberater

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Harte Zeiten für Bankberater: Die Gewerkschaft Verdi registriert immer mehr psychische Erkrankungen - und befürchtet wegen eines neues Gesetzes die Kriminalisierung des kompletten Berufszweiges.

H. Freiberger

Die Gewerkschaft Verdi befürchtet eine "Kriminalisierung von Bankberatern", wenn die Bundesregierung ihre Pläne für das neue Anlegerschutzgesetz durchdrückt. Das Gesetz, das am 21. Januar im Bundestag behandelt wird, sieht ein Melderegister für die rund 300.000 Bankberater in Deutschland vor. Verdeckte Ermittler der Finanzaufsicht Bafin sollen künftig die Qualität der Bankberatung testen. "Falsche Beratung wird im Melderegister registriert, im schlimmsten Fall gibt es Strafen bis hin zu einem zweijährigen Tätigkeitsverbot", sagte Verdi-Vorstand Uwe Foullong am Freitag.

"Berater sind immer auch Verkäufer." Die Banken beraten ihre Kunden nach wie vor schlecht. (Foto: Foto: ddp)

Das Vorhaben sei ein "bürokratisches Monster" und trage nichts zur Verbesserung der Bankberatung in Deutschland bei. "Es kuriert nur an den Symptomen herum und geht nicht an die Wurzel des Problems", sagte Foullong. Die Bankberater seien nur ausführende Organe und an die hohen Zielvorgaben ihrer Banken gebunden. Wenn man die Mitarbeiter kriminalisiere, das Management aber unangetastet lasse, ändere sich nichts am fehlgeleiteten System. Verdi fordert stattdessen eine Anlaufstelle bei der Bafin, der Bankmitarbeiter Missstände in der Beratung melden können.

Die Gewerkschaft registriert seit zehn Jahren einen zunehmenden Verkaufsdruck bei den deutschen Banken. "Das System zeichnet sich durch hohe Zielvorgaben und eine rigide Kontrolle aus", sagt Foullong. Häufig müssten Berater Produkte verkaufen, weil sie der Bank hohe Provisionen einbringen, unabhängig davon, ob der Kunde sie brauche.

Der Druck macht den Bankmitarbeitern zunehmend zu schaffen. Im Jahr 2000 lag der Anteil psychischer Diagnosen an allen Erkrankungen im deutschen Bankgewerbe laut Verdi noch bei 3,0 Prozent, im Jahr 2008 waren es schon 4,2 Prozent. In keiner anderen Branche sei dieser Anteil so hoch.

Die Gewerkschaft hat mit dem privaten Bankenverband und dem Sparkassenverband Vereinbarungen geschlossen, dass die Institute künftig auf faire Beratung der Kunden und guten Umgang mit ihren Mitarbeitern achten sollen. Der genossenschaftliche Arbeitgeberverband sperre sich gegen eine solche Vereinbarung, so Foullong. Er wolle im Gegenteil durchsetzen, dass Mitarbeitern fast zwei Monatsgehälter gekürzt werden können, wenn sie ihre Ziele nicht erreichen.

© SZ vom 08.01.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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