Finanzierung:Fest gebunden

Frau am Laptop

Es ist nicht ganz einfach, Jahrzehnte alte Policen in eine App einzupflegen. Viele Kunden sind verunsichert.

(Foto: Patrick Pleul / dpa)

Immobilienkredite laufen über viele Jahre. Käufer können die Zinsen über einen langen Zeitraum festzurren. Doch wie lange soll man sich festlegen?

Von Monika Hillemacher/dpa

Wer einen Immobilienkredit aufnimmt, muss sich entscheiden, wie lange das Darlehen laufen soll. Banken bieten gewöhnlich Laufzeiten zwischen fünf und 20 Jahren an, manchmal sogar 25 oder 30 Jahre. In dieser Zeit ist der Zins festgelegt. Das bringt Immobilienkäufern Planungssicherheit: Denn dann wissen sie, wie lange sie welchen Betrag für ihre Finanzierung aufbringen müssen.

Viele Kreditnehmer in Deutschland nutzen derzeit das extrem niedrige Zinsniveau und gehen auf Nummer sicher. Im ersten Halbjahr 2017 wählten 64 Prozent eine Laufzeit von mehr als zehn Jahren. Das hat der Verband deutscher Pfandbriefbanken ermittelt. Im Durchschnitt läuft die Sollzinsbindung rund 14 Jahre, die Tendenz geht in Richtung noch längere Laufzeiten. Grund dafür ist das aktuell niedrige Zinsniveau. Viele Bauherren wollen sich die derzeit günstigen Kreditkonditionen langfristig sichern. "In der heutigen Situation muss ich damit rechnen, dass die Finanzierung in zehn Jahren deutlich teurer sein wird", sagt Jörg Sahr, Redakteur der Zeitschrift Finanztest . Falls man bis dahin wenig von seinem Darlehen getilgt habe, steige das Risiko, dass es Probleme bei der Anschlussfinanzierung gibt und man die Raten nicht mehr tragen kann. Das Projekt Eigenheim droht dann zu scheitern.

Eine langfristige Zinsbindung ist insbesondere eine Option für Bauherren mit knappem Budget. "Je knapper an der Liquiditätsgrenze, desto länger die Laufzeit", empfiehlt Max Herbst von der FMH-Finanzberatung. Denn wer viel Fremdkapital braucht und wenig von dem Kredit tilgen kann, sollte das Risiko steigender Zinsen reduzieren - also besser einen Kredit wählen, der länger als die üblichen zehn Jahre läuft. So bleibt mehr Zeit, ihn abzutragen. Restschuld und Anschlussdarlehen fallen dann kleiner aus. Das reduziert die Belastung infolge gestiegener Zinsen.

Immobilienkredite lassen sich mit einer sechsmonatigen Kündigungsfrist nach zehn Jahren kündigen, sagt Henning Ludwig vom Finanzierungsvermittler Dr. Klein. Dieses Recht ist im Bürgerlichen Gesetzbuch verankert. So haben Darlehensnehmer die Chance umzuschulden, wenn sich die Kreditkonditionen verbessern. Auch die komplette Rückzahlung des Darlehens ist dann möglich. Die Zehnjahresfrist zählt ab der vollständigen Auszahlung des Kredits. Nach Angaben von Finanztest bieten Baufinanzierer zudem standardmäßig Ratenwechsel sowie ein Tilgungswahlrecht an, um die Rückzahlung des Kredits anzupassen.

Zu einer kurzen Zinsbindung tendieren Experten eher, wenn ein sinkendes Zinsniveau prognostiziert wird. Aber auch für Immobilienkäufer mit finanziellem Spielraum ist möglicherweise eine kurze Zinsbindung zwischen fünf und zehn Jahren attraktiv. Meist können sie eine höhere Tilgung leisten und den Schuldenberg zügiger abbauen. "Je kleiner die Restschuld, desto niedriger das Risiko der Zinsänderung", erläutert Sahr. Denn auch wenn die Zinsen steigen, würden sie sich auf einen geringen Betrag auswirken.

Darlehen mit einer kurzen Zinsbindung sind meistens billiger

Eine kurze Zinsbindung bietet sich auch an, wenn man das Geld der Bank nur zur Überbrückung braucht: das Darlehen also schnell ablöst, etwa weil man in Kürze zu Geld kommt oder der Erlös aus dem Verkauf einer anderen Immobilie der Finanzierung der neuen zugute kommt. "Dann ist eine lange Zinsbindung nicht notwendig", sagt Ludwig. Darlehen mit kurzer Zinsbindung sind meistens billiger. Denn Banken verlangen für eine langfristige Zinssicherheit oft einen Aufschlag. Max Herbst beziffert die Mehrkosten auf 0,5 Prozentpunkte für 15 Jahre und 0,8 Prozentpunkte für 20 Jahre. Sahr rechnet mit leicht darunter-liegenden Sätzen. Der Aufschlag verteuert das Darlehen insbesondere in den ersten zehn Jahren. Die Entscheidung für eine Zinsbindung ist ein Mix aus Rechnerei und Risikoabwägung: Kann ich mir die Finanzierung der Restschuld zu künftig wohl schlechteren Konditionen leisten? Das lässt sich testen: Dafür das Darlehen mit einem Zinssatz von fünf oder sechs Prozent durchkalkulieren. Sahr zufolge erweisen sich die meisten Kreditnehmer als risikoscheu. Mit dem Ergebnis, dass für sie "die längere Bindung die bessere Wahl ist".

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