Finanzen kompakt:Irischer Rückfall

Die Zinsen für Staatsanleihen des hochverschuldeten Landes steigen auf ein Rekordhoch. Außerdem: Die US-Börsenaufsicht ermittelt gegen JPMorgan Chase. Das Wichtigste in Kürze.

Die Zinsen für irische Staatsanleihen sind am Dienstag auf den höchsten Stand seit der Einführung des Euros vor elf Jahren gestiegen. Der Zinssatz für zehnjährige Staatsanleihen stieg über 7,3 Prozent. Der Abstand zum Zinssatz für deutsche Staatsanleihen vergrößerte sich auf den Rekordwert von 4,75.

Irländische Euromünze

Die Zinsen für irische Staatsanleihen steigen wieder auf Rekordwerte.

(Foto: dpa)

Irland hat mit einem gewaltigen Staatsdefizit zu kämpfen, das nach Schätzungen in diesem Jahr auf rund 32 Prozent steigen könnte. Das wäre der höchste Stand in Europa. Die irische Regierung hat sich trotzdem zuversichtlich gezeigt, dass sie nicht wie Griechenland die Unterstützung der EU und des Internationalen Währungsfonds braucht.

In einem Bericht der Irish Mail on Sunday hieß es, die EZB habe bereits 260 Milliarden Euro in die schwächelnde Wirtschaft Irlands gepumpt. Laut Irish Independent kamen Spekulationen darüber auf, dass Irland im nächsten Jahr die Hilfe des IWF benötigen könnte.

Apobank: Vorstandsmitglieder abberufen

Die Affäre um fragwürdige Immobiliengeschäfte bei der Apotheker- und Ärztebank weitet sich aus. Der Aufsichtsrat der Apobank berief am Montag die beiden Vorstandsmitglieder Stefan Mühr und Claus Verfürth mit sofortiger Wirkung von ihren Positionen ab, wie die Bank am Abend in Düsseldorf mitteilte. Erste Ergebnisse einer internen Untersuchung deuteten daraufhin, dass sich einzelne Vorstandsmitglieder und Mitarbeiter nicht korrekt verhalten haben und unter Verdacht stehen, "unerlaubt persönliche Vorteile erhalten zu haben", wie es hieß.

Die Dresdner Staatsanwaltschaft ermittelt gegen drei Manager der Apotheker- und Ärztebank wegen des Verdachts der Bestechlichkeit. Sie sollen bei Immobiliengeschäften möglicherweise eine Firma aus Sachsen bevorzugt und dafür Geld kassiert haben.

G20 und der Währungsstreit - eine schier unlösbare Aufgabe

Der Währungskonflikt mit China wird nach Einschätzung der USA auch nach dem kommenden G20-Treffen in Südkorea weiter schwelen. "Wir gehen nicht davon aus, dass der Streit mit der Volksrepublik ein für alle Mal in Seoul beigelegt wird. Dazu sind weitere Bemühungen nötig", sagte der stellvertretende Sicherheitsberater im US-Präsidialamt, Michael Froman. Obama wird vom 10. bis zum 12. November im Rahmen eins zehntätigen Asien-Besuchs am G20-Treffen in Seoul teilnehmen.

Während der Finanzkrise 2008 hatte die Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) eine entscheidende Rolle bei der Koordinierung gespielt. Seit dem Beginn der weltweiten Wirtschaftserholung verschlechterte sich aber der Zusammenhalt, weil einige Länder ihre Exporte über eine Währungsabwertung stützen und am Devisenmarkt intervenieren. "Es besteht ganz klar die Gefahr, dass unkoordinierte und einseitige Maßnahmen einem starken, nachhaltigen und ausgeglichenem Wirtschaftswachstum schaden", sagte die Unterstaatssekretärin in US-Finanzministerium, Lael Brainard.

Am Rande des G20-Treffens will Obama ein Gespräch unter vier Augen mit dem chinesischen Präsidenten Hu Jintao über den Währungsdisput führen. Der Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), Dominique Strauss-Kahn, sagte bei einer Konferenz in Agadir, die G20 müssten mehr tun, um die internationale Aufsicht über den Finanzsektor zu stärken. China hatte die feste Bindung der Landeswährung Yuan an den Dollar im Juni aufgegeben. Seither darf sich der Yuan täglich in einer Spanne um einen Referenzkurs bewegen.

Die Volksrepublik will dem Yuan nur nach und nach mehr Spielraum zugestehen. Die USA werfen China vor, die Landeswährung künstlich billig zu halten, um so den Exporteuren Vorteile im Welthandel zu verschaffen. China warnte die USA indes davor, den Yuan-Kurs zum Sündenbock für die eigenen Wirtschaftsprobleme zu machen.

JPMorgan hat Ärger mit der SEC

Ein halbes Jahr nach Goldman Sachs ermittelt die US-Börsenaufsicht Medienberichten zufolge nun auch gegen die Investmentbank JPMorgan Chase wegen eines Geschäfts mit verbrieften Hypothekenkrediten. Die Behörde prüfe, ob JPMorgan die Käufer auf angemessene Weise über ihr Vorgehen bei der Zusammenstellung des Finanzproduktes informiert habe, berichtete die US-Internetseite ProPublica, die sich auf investigative Recherchen spezialisiert hat. Sie berief sich auf Personen, die mit den Ermittlungen vertraut seien. Das Geschäft stammt demnach aus dem Jahr 2007.

Dem Bericht zufolge hat JPMorgan wie Goldman Sachs bei der Bündelung der Hypothekenkredite mit einem Hedgefonds zusammengearbeitet, der anschließend auf einen Verlust des Produkts wettete. Die Börsenaufsicht SEC untersuche nun, ob JPMorgan die Investoren ausreichend darüber informiert habe. Die Ermittlungen sind ein weiterer Beleg dafür, dass die Behörden inzwischen schärfer gegen solche CDO-Geschäfte vorgehen. Sie wurden vor dem Platzen der Immobilienblase nicht kontrolliert und unterlagen keiner Regulierung, gelten heute aber als Brandbeschleuniger der Finanzkrise. Goldman Sachs hat im Sommer eine Buße von 550 Millionen Dollar akzeptiert, um einer Betrugsklage in seinem Fall zu entgehen.

Von der Zahlung profitierte auch die deutsche Förderbank KfW, die über eine Refinanzierung für die angeschlagene Bank IKB durch das Goldman-Geschäft Schaden davongetragen hatte.

Strom: Oettingers Masterplan

Die EU-Kommission will noch in diesem Monat einen Entwurf präsentieren, der in ganz Europa große Auswirkungen auf die Strompreise haben könnte. Nach Informationen der Tageszeitung Die Welt will Energiekommissar Günther Oettinger (CDU) die nationalen Regulierer in den 27 Mitgliedsstaaten zu Rückstellungen verpflichten, wenn sie ihren Kunden Durchgangsgebühren berechnen. Diese Gelder sollen dann gezielt in die Instandhaltung, vor allem aber in den Neubau der Elektrizitäts-Infrastruktur fließen.

"Unser Aktionsplan soll helfen, dass die in Europa dringend nötigen Investitionen in die Strom-Infrastruktur schneller kommen", sagte Oettinger der Zeitung. Der Ausbau der Strom-Infrastruktur in Europa ist dringend erforderlich, um die Klimaziele der Union zu erreichen. So kann wegen fehlender Leitungen beispielsweise mit Windkraft erzeugte Energie am Ende vom Verbraucher nicht genutzt werden, weil die Netze nur unzureichend ausgebaut sind. "Off-shore-Strom aus der Nordsee nach Köln oder Stuttgart zu bringen kostet Geld, das muss von uns allen bezahlt werden. Wir haben nur Gott und die Bürger, und Gott zahlt nichts", sagte Oettinger.

US-Regierung will Profit aus AIG-Rettung schlagen

Eines der größten Desaster der amerikanischen Wirtschaftsgeschichte soll am Ende doch noch zur Erfolgsgeschichte werden: Die US-Regierung geht davon aus, dass sie ihre milliardenschweren Hilfen für den gestrauchelten Versicherungskonzern AIG komplett zurückerhält und sogar noch Geld verdient. "Die US-Regierung erwartet, einen Gewinn aus ihren Krediten und Investitionen zu ziehen", teilte das Finanzministerium in Washington mit und rechnete vor, wie dies geschehen soll.

Vor allem aus dem geplanten Verkauf der Aktienmehrheit erwartet sich der Staat ein hübsches Sümmchen. Darüber hinaus sind in speziellen Investmentvehikeln weitere Vermögenswerte der AIG geparkt. Von einst 182 Milliarden Dollar schuldet AIG dem Steuerzahler laut der Mitteilung noch 120,6 Milliarden Dollar. "Wir haben dem amerikanischen Steuerzahler versprochen, ihm das Geld zurückzuzahlen", sagte Konzernchef Robert "Ben" Benmosche. Verkäufe von Sparten haben bereits Dutzende Milliarden Dollar in die Kasse gebracht. Zuletzt hatte AIG am Freitag seine Asientochter AIA an die Börse gebracht.

Bis zum März kommenden Jahres will das AIG-Management den Konzern soweit umgebaut haben, dass der Staat seine Aktien unters Volk bringen kann. So bezahlt AIG seine rund 20 Milliarden Dollar Schulden bei der Notenbank Fed und nimmt ausgelagerte Beteiligungen zurück. Am Ende wird der Staat nach derzeitigen Plänen 1,66 Milliarden AIG-Aktien halten oder 92,1 Prozent am Unternehmen. Nach aktuellem Kurs wäre alleine dieses Paket 69,5 Milliarden Dollar wert.

Die Rechnung des Finanzministeriums ist allerdings noch mit sehr vielen Unwägbarkeiten behaftet. Neben der Entwicklung des Aktienkurses und der Investmentvehikel herrscht derzeit auch Sorge um AIG-Sanierer Benmosche - er ist an Krebs erkrankt, will aber vorerst an der Spitze des Unternehmens bleiben. Der einst weltgrößte Versicherer hatte sich mit komplizierten Finanzkonstrukten am US-Häusermarkt verspekuliert und wäre ohne das Eingreifen des Staates pleitegegangen.

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