Finanzbranche ringt um Vertrauen:Dow bricht ein

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Die Party ist vorüber, die Angst vor einer Rezession drücken die Börsen ins Minus: Der Dow Jones hat mit einem Minus von 7,8 Prozent geschlossen - seinem größten prozentualen Tagesverlust seit Oktober 1987.

Verschärfte Rezessionssorgen haben den US-Börsen zur Wochenmitte neue dramatische Verluste beschert. Die Finanzkrise greift immer mehr auf die Gesamtwirtschaft über. Selbst teils überraschend gute Unternehmensergebnisse konnten den rasanten Kursverfall der Aktien nicht stoppen.

Der Dow Jones stürzte nach vorläufigen Schlussangaben um 7,87 Prozent auf 8577,91 Punkte. Der Index verzeichnete den größten prozentualen Tagesverlust seit Oktober 1987. Anleger fürchten, dass die bisherigen Maßnahmen zur Lockerung der Kreditklemme nicht ausreichten, um eine weltweite Abkühlung der Konjunktur abzuwenden. Die Sorgen der Investoren wurden durch Äußerungen von US-Notenbank-Chef Ben Bernanke über den Zustand der Wirtschaft und schwache Konjunkturdaten zusätzlich angeheizt.

Der S&P-500-Index brach um 9,03 Prozent auf 907,84 Punkte ein. Der Index der Technologiebörse Nasdaq verlor 8,47 Prozent auf 1628 Punkte. Der EuroStoxx 50 verlor 5,2 Prozent und lag nur noch bei 2613 Punkten.

In Frankfurt schloss der Dax 6,5 Prozent schwächer bei 4861 Punkten. Zu den größten Verlierern im Dax zählten Siemens und MAN. Siemens verlor 14,04 Prozent und stand bei 46,30 Euro. Die MAN-Aktien fielen um 12,31 Prozent auf 40,09 Euro. Auch für die Deutsche Bank ging es abwärts, die Papiere von Deutschlands größter Bank brachen um 12,48 Prozent ein, Infineon verlor 12,59 Prozent.

Bernanke: Finanzkrise große Bedrohung für das Wachstum

"Die Partylaune ist realwirtschaftlicher Ernüchterung gewichen", sagte Kapitalmarktexperte Robert Halver von der Baader Bank. US-Notenbankpräsident Bernanke bezeichnete die Finanzkrise als große Bedrohung für das Wachstum und nährte damit Hoffnungen auf eine Zinssenkung.

Die Krise bremse durch eine eingeschränkte Vergabe von Krediten an Firmen, Verbraucher und staatliche Ebenen die Wirtschaftsleistung, sagte der Fed-Chef. "Wir werden alle uns zur Verfügung stehenden Werkzeuge nutzen, um das Funktionieren des Marktes und die Liquidität zu verbessern."

Die Fed zeichnete zudem in ihrem Bericht zur US-Konjunktur im September ein düsteres Bild: Die Lage habe sich im vergangenen Monat weiter verschlechtert. Auch die Perspektiven seien eingetrübt, hieß es in dem "Beige Book".

Die Rezessionsängste in den USA wurden durch aktuelle Daten zum Einzelhandel weiter geschürt. Vor allem wegen der schleppenden Auto-Nachfrage ging der Umsatz im September binnen eines Monats um 1,2 Prozent zurück - das größte Minus seit drei Jahren.

Die Einzelhandelsdaten gelten als wichtiger Indikator für die weltgrößte Volkswirtschaft. Entsprechend gaben die Papiere von Wal-Mart 8,06 Prozent nach. Die Titel des Baumaschinen-Herstellers Caterpillar verloren sogar 11,4 Prozent.

Bei den Banken konnten sich die Titel von JPMorgan und Wells Fargo nach Vorlage ihrer Geschäftsberichte nicht gegen den allgemeinen Abwärtstrend behaupten. Die Aktien von JPMorgan verloren rund 5,5 Prozent, Wells Fargo notierten um 0,5 Prozent schwächer. Auch Citigroup-Papiere büßten 12,8 Prozent ein, die Anteilsscheine von Morgan Stanley verloren sogar 16,3 Prozent.

Bei den Einzelwerten stand auch Coca-Cola im Mittelpunkt. Der weltgrößte Getränkehersteller hatte dank einer kräftigen Nachfrage auf dem internationalen Markt besser als erwartete Zahlen vorgelegt. Coca-Cola-Aktien schlossen ein Prozent im Plus.

Der weltgrößte Chiphersteller Intel ist bislang ebenfalls weitgehend von der Konjunkturschwäche verschont geblieben und hat seinen Quartalsgewinn überraschend kräftig gesteigert. Die Aussichten für das vierte Quartal bezeichnete das Unternehmen, das als Stimmungsbarometer für die Technologiebranche gilt, aber als unsicher. Intel-Papiere fielen um fast sechs Prozent.

An der New York Stock Exchange wechselten rund 1,68 Milliarden Aktien den Besitzer. 340 Werte legten zu, 2848 gaben nach und 25 blieben unverändert. An der Nasdaq schlossen bei Umsätzen von 2,54 Milliarden Aktien 369 im Plus, 2401 im Minus und 78 unverändert.

An den US-Kreditmärkten stiegen die zehnjährigen Staatsanleihen um 26/32 auf 100-04/32. Sie rentierten mit 3,982 Prozent. Die 30-jährigen Bonds kletterten 33/32 auf 104-19/32 und hatten eine Rendite von 4,225 Prozent.

Nikkei im Plus

Aussagen zu einem trüben Ausblick des südkoreanischen Stahlherstellers Posco drückten Händlern zufolge besonders auf die Stimmung. Auch Klöckner & Co, die sich nach Vorlage von Zahlen zwischenzeitlich von ihren frühen Verlusten erholten, konnten sich dem Trend nicht widersetzen und standen zuletzt 5,66 Prozent im Minus bei 13,17 Euro. Unterdessen legte Volkswagen um 11,03 Prozent auf 390,93 Euro zu.

Die Börse in Tokio schloss am Mittwoch nach dem Kursfeuerwerk vom Vortag uneinheitlich. Der Nikkei machte anfängliche Verluste wieder wett und notierte zum Handelsschluss mit 99,9 Punkten oder 1,06 Prozent im Plus bei 9547,47 Punkten. Am Dienstag sprang das Börsenbarometer für 225 japanische Werte in Reaktion auf das gemeinsame Vorgehen der großen Industrienationen gegen die Finanzkrise mit 14,15 Prozent so stark wie noch nie.

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