Europäische Zentralbank:"Super-Mario", der neue Mr. Euro

Die EU-Staats- und Regierungschefs haben Mario Draghi zum neuen Präsidenten der Europäischen Zentralbank ernannt. Aber nicht ohne Streit: Frankreich blockierte die Entscheidung zunächst - erst ein Telefonat zwischen Nicolas Sarkozy und einem Italiener löst das Problem.

Der Italiener Mario Draghi ist zum neuen Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB) ernannt worden. Das teilte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy während des EU-Gipfels über den Kurznachrichtendienst Twitter mit.

Draghi wird EZB-Praesident

Draghi folgt Trichet als Chef der EZB nach.

(Foto: dapd)

Draghi soll im November an der Spitze der EZB die Nachfolge des Franzosen Jean-Claude Trichet antreten und die europäische Notenbank für acht Jahre führen. Die Entscheidung hatte eigentlich schon am ersten Gipfeltag am Donnerstag fallen sollen, wurde aber von Frankreich zunächst blockiert.

Das Land forderte als Ersatz für Trichet einen neuen französischen Vertreter im EZB-Direktorium. Dafür muss das bisherige italienische Mitglied Lorenzo Bini Smaghi als dann zweiter Vertreter Italiens seinen Platz räumen. Bini Smaghi, dessen Mandat noch bis 2013 läuft, hatte dies in den vergangenen Tagen noch abgelehnt. Während des Gipfels lenkte er Diplomaten zufolge aber ein und versicherte in Telefonaten mit Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy und Van Rompuy, bis Jahresende seinen Posten zu räumen.

Der 63-jährige passionierte Bergsteiger und zweifache Vater Draghi erklimmt mit dem neuen Posten den Gipfel einer beachtlichen Karriere. Seit 2006 steht der Bank- und Finanzexperte vor allem für die Image-Rettung der zuvor von einem Skandal erschütterten italienischen Notenbank. Sein Vorgänger an deren Spitze, Antonio Fazio, hatte wegen einer Affäre um Insidergeschäfte und Marktmanipulation den Hut nehmen müssen.

Der weltoffene Draghi galt als bestens geeignet, den beschädigten Ruf des "Geldstandorts Italien" aufzupolieren - nun scheint er geeignet, an zentraler Stelle die Bedrohung für den Euro durch die Griechenland-Krise mit zu meistern. Der Name Draghi fiel zudem in Italien vor Monaten auch in der Politik: Weil Ministerpräsident Silvio Berlusconi - von Sexaffären eingeholt und ohne Mehrheit im Parlament - stark angeschlagen ist, kam neben anderen auch Draghi als möglicher Nachfolger ins Gespräch.

Von 1984 bis 1990 war er Exekutivdirektor der Weltbank. Als Vizepräsident von Goldman Sachs in London erwarb er sich den Spitznamen "Super-Mario".

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: