Europäische Zentralbank:EZB-Chef Draghi stemmt sich gegen Einmischung der Politik

Frankreich und andere Staaten der Euro-Zone drängen die Europäische Zentralbank zu mehr Engagement in der Schuldenkrise. Doch in bisher nicht gekannter und unerwarteter Vehemenz pocht EZB-Chef Draghi bei einer Rede auf die Unabhängigkeit - und sieht sich zugleich mit Forderungen nach neuen Leitzins-Senkungen konfrontiert.

Erst seit wenigen Wochen amtiert Mario Draghi als Chef der Europäischen Zentralbank (EZB). Manche Beobachter hatten bezweifelt, ob der Italiener den unabhängigen Kurs der Frankfurter Institution fortetzen würde. Und eine seiner ersten Entscheidungen, die Senkung des Leitzinses auf 1,25 Prozent, schien das zu bestätigen.

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Mario Draghi pocht auf die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank.

(Foto: AFP)

Doch in der zwischen Deutschland und Frankreich entflammtem Debatte über die Rolle der EZB stemmte sich Draghi in unerwarteter und bisher nicht gekannter Vehemenz gegen den Eindruck, die Politik könne die EZB in ihrem Sinne steuern. Seine Institution verliere ihre Glaubwürdigkeit, wenn sie - wie vielfach gefordert - mit mehr Geld auf den Finanzmärkten eingreife, sagte Draghi am Freitag auf der Konferenz Euro Finance Week in Frankfurt am Main.

Die Glaubwürdigkeit der EZB sei im Erfolg ihrer Geldpolitik begründet, mit der sie die Inflation eindämme. "Das ist der Beitrag, den wir leisten können, um das Wachstum, die Schaffung von Arbeit und die Finanzstabilität zu unterstützen", sagte Draghi. "Und wir leisten diesen Beitrag in vollkommener Unabhängigkeit."

Zuletzt hatten europäische Politiker wie auch Wirtschaftswissenschaftler verstärkt gefordert, die EZB müsse finanziell stärker auf den Finanzmärkten eingreifen, um die europäischen Schuldenstaaten zu verteidigen. Als "Big Bazooka" wirken, die alles in den Griff bekommt. Schon jetzt hat die EZB fast 190 Milliarden Euro an Anleihen kriselnder Euro-Staaten gekauft. Stimmen für eine solche Geldpolitik wurden vor allem in Frankreich laut, während die Bundesregierung dies als Aufforderung zum Gelddrucken ablehnt.

Die EZB selbst ist ebenfalls dagegen, da durch ein stärkeres Eingreifen auf den Märkten eine starke Inflation wahrscheinlicher wird; die Zentralbank hat aber zum Ziel, die Teuerung unter Kontrolle zu halten. Draghi erinnerte am Freitag daran, es sei Aufgabe der Nationalstaaten, die Finanzstabilität zu gewährleisten.

Auch Bundesbank-Präsident Jens Weidmann sperrte sich gegen eine Lösung der Staatsschuldenkrise mit der Notenpresse. "Die Verpflichtung zum Mandat der Notenbank ist eine unverzichtbare Voraussetzung für eine erfolgreiche Zukunft des Euro", sagte er.

Schon bald steht für Draghi allerdings die nächste Bewährungsprobe an. Denn angesichts der trüben Konjunkturaussichten rät der OECD-Chef Josè Ángel Gurría der EZB zu weiteren Zinssenkungen.

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