Europa gegen USA:Amerika, du hast es besser

Der Euro rutscht ab und für die Konjunktur sieht es düster aus: Im Kräftemessen mit Europa stehen die USA wieder besser da. Ein Wettbewerb in fünf Disziplinen.

Catherine Hoffmann

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Der Euro rutscht ab und für die Konjunktur sieht es düster aus: Im Kräftemessen mit Europa stehen die USA wieder besser da - Ein Wettbewerb in fünf Disziplinen.

1. Der große Rutsch der europäischen Währung

Der Rekordkurs des Euro ist beendet. Innerhalb weniger Tage stürzte die europäische Währung um zwölf Cent ab. Plötzlich notiert der Euro nur noch bei 1,47 Dollar. Was ist geschehen?

An den düsteren Aussichten der US-Wirtschaft hat sich nichts geändert, wie die jüngsten Hiobsbotschaften aus der Bankenwelt zeigen. Im Euroraum hingegen schlug das Konjunkturklima unerwartet um - von heiter auf trüb. Auch die jüngsten Äußerungen von Jean-Claude Trichet, dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), behagten den Anlegern nicht.

Nach der jüngsten Zinssitzung der EZB hatte Trichet stärker als zuvor die Wachstumsrisiken betont und vor einem "besonders schwachen" zweiten und dritten Quartal gewarnt. Mit seiner Äußerung zerstörte er jede Hoffnung auf weitere Zinserhöhungen, die den Euro gestärkt hätten.

Gleichzeitig wächst der Konjunkturpessimismus in Europa. Am Währungsmarkt bringt das die Investoren dazu, ihr Geld in Dollar anzulegen. Der Euro fällt. Im Abrutschen des Euro gegenüber dem Dollar spiegelt sich das veränderte Kräfteverhältnis der beiden Wirtschaftsräume wider.

Niemand sollte, so warnen die Optimisten, die Selbstheilungskräfte der amerikanischen Wirtschaft unterschätzen. "In den kommenden Quartalen traue ich dem Dollar eine Renaissance zu" sagt Klaus Holschuh, Chefvolkswirt der DZ Bank. Er ist zuversichtlich, dass der Euro in zwölf Monaten nur noch 1,35 Dollar kostet.

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2. Trübe Aussichten für Europas Konjunktur

Die globale Finanzkrise hat zwar ihren Ursprung in den USA, wo die Blase am Immobilienmarkt geplatzt ist. Die üblen Konsequenzen bekommen aber vor allem andere reiche Länder zu spüren. Im Euroland schrumpfte die Wirtschaftsleistung im Frühjahr im Vergleich zum ersten Quartal. Das dürfte nicht nur ein Ausrutscher gewesen sein, denn mit Spanien, Italien und Frankreich droht einer Reihe großer Länder ein kräftiger Abschwung.

"Eine Rezession in Europa will ich keinesfalls ausschließen", sagt Holschuh. Nur in Amerika sieht das Schlamassel auf einmal nicht mehr so schlimm aus. Von Rezession kann bislang jedenfalls keine Rede sein.

Holschuh sagt den USA in diesem und dem kommenden Jahr 1,6 und 1,8 Prozent Wachstum voraus, für den Euroraum rechnet er mit 1,6 und 1,0 Prozent.

Fünf Gründe gibt es dafür, dass Europa hinterherhinkt: Erstens verlangsamt sich die Exportnachfrage, weil große Handelspartner wie die USA und Großbritannien schwächeln und Europa unter der immer noch starken Währung leidet - während der günstige Dollar Amerikas Exportgeschäft beflügelt.

Zweitens profitieren die USA stärker vom Ölpreisrückgang als Europa, weil der Rohstoff in Dollar gehandelt wird. Drittens sind die Finanzierungsbedingungen für Unternehmen in Europa härter als in den USA. Viertens stabilisiert sich die Lage am amerikanischen Häusermarkt allmählich, während aus Europa noch Schreckensnachrichten zu hören sind.

Fünftens sind Geld- und Fiskalpolitik in den USA wachstumsfreundlicher als hier. "Die US-Wirtschaft ist früher in die Krise geraten, sie kommt auch früher wieder heraus", sagt Gertrud Traud, Chefvolkswirtin der Helaba.

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3. Kurswechsel in der Geldpolitik

Gemeinhin legen Anleger ihr Geld dort an, wo es höhere Zinsen gibt. Und das ist derzeit Europa. Weil Europas Währungshüter lange Zeit den Eindruck hatte, dass die Eurozone der US-Finanzkrise und -Wachstumsschwäche gut widerstehen könnte, erhöhte Trichet noch Anfang Juli die Leitzinsen - von 4,0 auf 4,25 Prozent. Er ließ sogar die Tür offen für weitere Schritte.

Die amerikanische Notenbank hat dagegen schon im vergangenen Jahr begonnen, die Zinsen nach unten zu schleusen - auf magere zwei Prozent. Jetzt dreht sich das Bild. "Ich schließe nicht aus, dass die EZB noch in diesem Jahr die Zinsen um einen viertel Prozentpunkt senkt", sagt Traud. "Die Fed wird dagegen, sobald es die Bankenkrise erlaubt, die Zinsen um einen Punkt auf drei Prozent erhöhen."

Dann schmilzt der Zinsvorsprung Europas. Auf den erwarteten Kurswechsel in der Geldpolitik haben die Anleger bereits reagiert und Dollar gekauft - wohl auch in der Hoffnung auf weitere Wechselkursgewinne im kommenden Jahr.

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4. Der Wall Street trauen die Analysten mehr zu

Die Kreditkrise hat europäische Aktien härter getroffen als amerikanische, die Kurse sind tiefer eingebrochen, während die Gewinnprognosen zögerlicher gekürzt wurden. Deshalb sind europäische Aktien jetzt mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 8,9 deutlich günstiger bewertet als amerikanische mit 12,4 - wenn man die Firmengewinne heranzieht, die Analysten für 2009 erwarten.

Das zeigt den großen Pessimismus der Anleger, die mit einer Rezession in Europa rechnen, während sie in den USA schon auf eine Erholung der Wirtschaft spekulieren. Das belegen auch die Prognosen für das Ertragswachstum der Firmen, das 2008 in beiden Wirtschaftsregionen weniger als fünf Prozent betragen soll - und das scheint noch optimistisch.

Realistischer sind wohl Verluste. Im kommenden Jahr rechnen die Analysten allerdings mit einem Plus von 23 Prozent für die 500 Unternehmen im amerikanischen Leitindex S&P 500 und lediglich mit 7,7 Prozent für den Euro Stoxx 50. Allerdings müssen wohl auch bei den Gewinnprognosen für 2009 noch ein paar Abstriche gemacht werden.

"Die Bewertung spricht eindeutig für Europa", sagt Helaba-Expertin Traud. "Kalkuliert man dagegen die erwartete Dollaraufwertung mit ein, ist der US-Markt attraktiver - trotz der höheren Bewertung."

Der ideale Zeitpunkt zu investieren sei dann gekommen, wenn der Aktienmarkt anfange, die Konjunkturerholung zu spielen, auch wenn die Nachrichten immer noch von schlechten Wirtschaftsdaten geprägt seien. Und dass Amerika eher aus der Krise aufsteige als Europa, sei ausgemacht. "Die USA stehen mal wieder besser da als wir", sagt die Volkswirtin.

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5. Mit Anleihen ist hier wie dort nichts zu gewinnen

Am Rentenmarkt ist seit Monaten ein Tauziehen zwischen zwei unterschiedlichen Kräften zu beobachten: der Angst vor anhaltend hoher Inflation und der Befürchtung, eine Rezession sei unausweichlich.

Zuletzt haben die Sorgen um die Konjunktur die Oberhand gewonnen und die Renditen zehnjähriger Staatsanleihen auf beiden Seiten des Atlantiks gedrückt. Das Thema Inflation gerät dagegen in den Hintergrund.

"Ich gehe davon aus, dass der Ölpreis 2009 unter 100 Dollar liegen wird", sagt Traud. Derzeit sind es 114 Dollar. Moderatere Rohstoffpreise, so die Hoffnung der Volkswirte, dämpfen den Preisauftrieb.

Traud rechnet damit, dass die Inflation im Euroraum von 3,6 Prozent 2008 auf 2,6 Prozent 2009 sinken wird; in den USA könnte die Teuerung noch dramatischer von 4,6 auf 2,5Prozent zurückgehen. Derzeit sind Anleihen ein schlechtes Geschäft.

In den USA rentieren zehnjährige Papiere mit 3,8 Prozent, in Europa mit 4,1 Prozent. "In Amerika bleibt nach Abzug der Inflation nichts übrig, in Europa nur sehr wenig", sagt Holschuh. "Wenn ein Anleger noch Steuern auf den Kupon zahlen muss, schrumpft die Kaufkraft seines Geldes."

Eine Anlage in Renten ist deshalb in beiden Märkten unattraktiv. Hinzu kommt, dass die erwartete Zinserhöhung der US-Notenbank zum Jahresende den US-Anleihenmarkt belasten dürfte - Europa kann sich dem erfahrungsgemäß nicht entziehen.

"Anleger fahren in Europa mit Tagesgeld besser als mit lang laufenden Anleihen", glaubt Traud. Die USA sind nur attraktiv, wenn Anleger auf eine Aufwertung des Dollar wetten wollen. Aber die Wechselkurskarte spielen Sparer wohl besser am Aktienmarkt.

Grafiken: SZ, Text: Catherine Hoffmann

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